Vereint Grün mit coolem Style: Designer Tom Rebl ist wieder in München

München - Die einzige Konstante in der Mode ist ihr Wandel, lautet ein bekanntes Zitat, das der Modebranche Schnelllebigkeit als charakteristische Eigenschaft zuschreibt. Für Modedesigner mit internationalem Profil gelten der Entwurf und die Herstellung von mindestens zwei Kollektionen pro Jahr – je eine Frühjahr/Sommer und Herbst/Winter – seit Jahrzehnten als professioneller Produktionsstandard.
Dass die Verkaufszeit der Winterklamotten in den Läden zwischen Juni und Dezember erfolgt und die der Sommerteile von Dezember bis Mai, ist eine jener branchenspezifischen Eigenheiten, die an den Bedürfnissen durchschnittlicher Endverbraucher völlig vorbeigehen, und zudem ein Zyklus, der die Gefahr birgt, dass viele Stücke für die Mülltonne produziert werden.
Überschüssige Ware wird oft weggeworfen - aus Imagegründen
Denn nicht alles, was im gehobenen und oberen Preissegment in den Regalen liegen bleibt, landet zwangsläufig in einem Outlet-Store. Aus Imagegründen und zur Wahrung ihrer Exklusivität stampfen viele Luxusmarken überschüssige Ware lieber ein, als an ihnen den Rotstift anzusetzen. Eine enorme Verschwendung von Rohstoffen und Ressourcen, bei der Modedesigner Tom Rebl nicht mehr mitmacht.
14 Jahre lang hat der gebürtige Dingolfinger in Mailand nach den Regeln der internationalen Modeszene gespielt und seinen Namen zu einer coolen Marke geformt. Doch seit Mai dieses Jahres lebt und arbeitet der 46-Jährige in München – mit einem neuen Bewusstsein, und das ist ziemlich grün.
"Ich will andere Wege der Produktion beschreiten"
Die Corona-Pandemie habe ihn zum Stillstand und zum Umdenken gebracht, sagt er. "Die Art, wie ich mein Fashion-Business führte, schien mir plötzlich nicht mehr zeitgemäß. Der wirtschaftliche Druck war groß, vieles drehte sich nur noch um Stückzahlen und Margen. Ich wollte raus aus dem Modekreislauf und mich nicht mehr den vorgegeben Produktions- und Verkaufszyklen beugen, sondern nach meinem eigenen Zeitplan arbeiten und dadurch neue, andere Wege der Produktion und des Vertriebs beschreiten."
Seit September betreibt er nun ein Geschäft im Münchner Rathausgebäude, das von der Initiative "Kultur- und Kreativwirtschaft" der Stadt durch Mietnachlässe gefördert wird. Von hier aus folgt Rebl seiner Vision von einem nachhaltigen Modelabel, und das beginnt für ihn schon bei der Auswahl der Stoffe: "Für meine Kollektionen verwende ich fast nur ‚dead stock fabrics'. Stoffe, die schon für ein anderes Modehaus produziert wurden und einfach übriggeblieben sind. Da ich bevorzugt mit unifarbenen, schwarzen und weißen Stoffen arbeite, ist es vollkommen egal, ob diese aus der aktuellen, letzten oder vorletzten Saison sind."
Mode aus "dead stock" Stoffen
Seit seinem Absprung vom Hamsterrad der Modeindustrie nutzt Rebl die Produktionslücken der Fertigungsbetriebe, die durch den Modekreislauf Stoßzeiten haben, um seine Aufträge zu platzieren. Die Näher und Näherinnen haben somit weiterhin Arbeit und er die Möglichkeit kleinere, bedarfsorientierte Mengen an Kleidungsstücken herstellen zu lassen. Auch an die strikte Einteilung von Kollektionen nach Saisons fühlt sich Tom Rebl nicht mehr gebunden.
"Ein Baumwollhemd ist ein Baumwollhemd"
Selbstverständlich müsse ein Wintermantel warmhalten und ein Sommerkleid leicht sein, aber "ein Baumwollhemd ist ein Baumwollhemd - zu jeder Jahreszeit", so der Designer. "Natürlich gibt es bestimmte Farben und Muster, die das Lebensgefühl, das mit den wechselnden Jahreszeiten einhergeht, eher widerspiegeln als andere, aber diese Überlegung ist für mein Label nicht relevant, da ich meine Farb- und Musterpalette eher reduziert halte. Viele meiner Kollektionsteile sind Ganzjahrestücke."
Rebls nachhaltiger Pragmatismus zieht sich inzwischen durch sein gesamtes Sortiment. So wurden Gliederketten aus farbigem Metall, die ursprünglich als Halterung seiner Mund-und-Nasen-Schutzmasken dienten, zu Brillen- sowie Schlüsselketten umfunktioniert oder zu Halsketten mit dekorativen Anhängern umgestaltet, nachdem die Maskenpflicht aufgehoben war.
Verpackt in Brottüten aus recyceltem Papier
Die Etiketten für sein Parfum "Bordelló" werden aus Stoffresten geschnippelt, von Hand gestempelt und auf die Glasflacons geklebt. Als Verpackung dienen Brottüten aus recyceltem Papier. Statt in Papiertragetaschen bringen Rebls Kunden ihre Einkäufe in einem wiederverwendbaren Jutebeutel nach Hause.
Tom Rebl will nicht als Öko-Designer verstanden werden, aber zeigen, dass Style und ökologisches Handeln einander nicht ausschließen müssen. "Das Thema Nachhaltigkeit ist sehr vielseitig und der Klimawandel eine Herausforderung, die wir nur gemeinsam bewältigen können, trotzdem glaube ich, dass jeder einen Beitrag leisten kann, indem man einfach bei sich selbst anfängt und sich der eigenen Konsumgewohnheiten und Verhaltensweisen, die unserem Planeten schaden, bewusst wird."
Tom Rebl Creative Lab & Concept Store, Dienerstr. 20, 80331 München