Verdi-Geschäftsführer: "Auf München rollt eine Armutswelle zu"
München - Ein Jahr Pandemie, das ist auch für die Gewerkschaften ein Anlass zur Bilanz - und zum Blick in die Zukunft.
Corona hat Einfluss auf die Beschäftigten: Kurzarbeit oder Job-Verlust?
Eines ist klar: Auch 2021 werde die Pandemie einen großen Einfluss auf die Beschäftigten haben, sagt Simone Burger, Kreisvorsitzende beim DGB München. "Weiterhin sind viele in Kurzarbeit, und viele bangen noch immer um ihre Arbeitsplätze." Der Blick in die Zukunft ist daher auch mit Forderungen verbunden, für die Zeit der andauernden Pandemie und die danach. Quer durch alle Branchen, die in den verschiedenen Gewerkschaften des DGB gebündelt sind - von den Lehrern bis zu den Industriearbeitern, von den Köchen bis zu den Polizisten.
Hotel und Gastronomie: Löhne sind ohnehin schon knapp
Düster sieht es etwa bei Hotels und Gastronomie aus: Tim Lünnemann von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) sagt: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand." Bis auf die kurze Phase im Sommer seien Hotels und Gastronomie seit vergangenem Frühjahr geschlossen. Ohne den ohnehin oft schon knappen Lohn, ohne Trinkgeld - in einer teuren Stadt wie München sei das nicht zu stemmen.
Die NGG kündigt deshalb eine Initiative an, in der sie fordert: "1.200 Euro Kurzarbeitergeld jetzt und für alle!". Nur so könne gewährleistet werden, dass Menschen nicht in ein Loch fallen, aus dem sie in einer Stadt wie München nicht mehr heraus kommen", so Lünnemann.
Müssen Arbeitnehmer die Bund-Schulden bezahlen?
Die Sorge treibt auch Heinrich Birner um, Geschäftsführer des Bezirks München und Region der Gewerkschaft Verdi. "Auf München rollt eine Armutswelle zu", sagt er. Die Schulden, die jetzt im Bund gemacht würden, werden vor allem die Arbeitnehmer bezahlen, fürchtet er. "Die Mieten bleiben gleich, wir haben weiter Niedrigzinsen, viele Arbeitnehmer, und vor allem die Soloselbstständigen berichten uns, dass sie gerade ihre Rücklagen, etwa für die Altersvorsorge, aufbrauchen", so Birner. Zudem erwarte er nach der Bundestagswahl steigende Sozialversicherungsbeiträge und Steuererhöhungen.
Verdi fordert Aussetzen der Schuldenbremse
Verdi fordert vom Bund, die Schuldenbremse für ein paar Jahre auszusetzen. Zudem, so Birner, brauche es endlich eine Abgabe auf Millionen und Milliardenvermögen. Und: Unternehmen wie Google, Apple, Facebook und Amazon sollten endlich in Europa und Deutschland Steuern zahlen. "Amazon hat sich in der Pandemie dumm und dämlich verdient", so Birner. "Wir wollen aufklären, dass es keine Zwangsläufigkeit ist, dass man das Geld bei den Kleinen holt."