Verbrecherjagd 2.0

Mit technischen Neuerungen gegen Kriminelle: Das LKA gibt einen Einblick in seine Methoden. Die AZ erklärt, wie Fahndung heute funktioniert
von  Nina Job
Mit diesem Gerät ist ein Sofort-Abgleich mit BKA-Daten möglich.
Mit diesem Gerät ist ein Sofort-Abgleich mit BKA-Daten möglich. © Gregor Feindt

Mit technischen Neuerungen gegen Kriminelle: Das LKA gibt einen Einblick in seine Methoden. Die AZ erklärt, wie Fahndung heute funktioniert

München - Es ist vor allem der so genannte „genetische Fingerabdruck“, der oft zu sensationellen Fahndungs-Erfolgen führt – etwa im Fall Rudolph Moshammer, dessen Mörder schon am Tag nach der Tat gefasst wurde. Doch es sind nicht nur die DNA-Spuren, die Kriminellen das Leben schwer machen. Auch bei den klassischen kriminalpolizeilichen Methoden wie der Daktyloskopie, dem Fingerabdruck-Verfahren, bleibt die Zeit nicht stehen.

Im Hightech-Zeitalter spürt die Polizei Kriminelle zunehmend mittels riesigen Datenbanken und hoch entwickelter Software auf. Zum Teil kann sie – wie die erkennungsdienstliche Erfassung „ED-Di“ – theoretisch von jedem Streifenbeamten bedient werden. Gestern stellte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mit Peter Dathe, Präsident des Bayerischen Landeskriminalamtes, technische Neuerungen vor. Für den Minister ist klar: „Unser Standard im Erkennungsdienst sucht deutschlandweit seinesgleichen.“


Von 1903 ins 21. Jahrhundert

Jeder Abdruck eines Fingers oder eines Handballens ist einzigartig. Nicht einmal die Fingerabdrücke von eineiigen Zwillingen sind identisch. Diese Erkenntnis nutzt die deutsche Polizei bereits seit 1903, um Menschen zweifelsfrei zu identifizieren. Früher wurden Spuren, die am Tatort gesichert worden waren, jahrzehntelang unter der Lupe mit den Fingerabdrücken von Straftätern oder Verdächtigen verglichen. Heute kann Astrid Holtemeier, Sachverständige für Fingerspurenauswertung im LKA, die Abdrücke direkt am Monitor miteinander vergleichen. Die Abdrücke der Straftäter werden digital erfasst und elektronisch gespeichert. Und auch die am Tatort gesicherten Spuren werden fotografiert oder eingescannt und in Datenbanken abgelegt.


Klein, dick, Hakennase? Eddi kennt sie alle

 

Mit einer neuen Software, die in Hessen entwickelt wurde, können Fahnder die Erfassung und Recherche von erkennungsdienstlichen Daten feiner und einfacher gestalten. In der neuen Datenbank sind bislang 540000 Personen erfasst, jeden Monat kommen bis zu 4000 neue dazu. Im Datenbestand, der polizeiintern „ED-Di“ (Erkennungsdienst digital) heißt, wird alles gespeichert: Ob Kopfform, Frisur oder Figur eines Täters bis hin zu seiner Zigarettenmarke. Zeugen, die einen Täter beschreiben, können Polizisten über die Schulter schauen und einen Verdächtigen direkt am Bildschirm identifizieren. Bei der Recherche nach Personen kann nun gezielt nach bestimmten Tatorten (U-Bahnhof, Tiefgarage) oder Vorgehensweisen gesucht werden.


AFIS: Der Fingerabdruck für unterwegs

Vor allem Polizisten, die nachts in Großstädten oder an den Grenzen unterwegs sind, erleichtert es die Arbeit enorm, wenn sie schnell wissen, mit wem sie es zu tun haben. Ist die Person, die kontrolliert wird, wirklich die, für die sie sich ausgibt? Wurde der Verdächtige schon mal straffällig? Wird er gesucht? 2006, im Jahr der Fußball-WM, führte Bayern als erstes Bundesland Geräte ein, die einen Schnellvergleich von Fingerabdrücken mit dem Datenbestand im Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden ermöglichen. Dort sind Informationen von etwa 3,2 Millionen Personen im so genannten Automatisierten Fingerabdruck-Identifizierungs-System (AFIS) erfasst. Seit der Einführung der Geräte, die eine „Fast Identification“ (schnelle Identifikation) erlauben, wurde die Zahl ständig erhöht. Mittlerweile gibt es in Bayern 760 dieser kleinen Geräte mit GPRS-Mobilfunktechnik. 360 von ihnen können einfach im Streifenwagen mitgenommen werden. Der Abgleich mit AFIS dauert im besten Fall nur eine Minute – und maximal vier Minuten.

 


 

Mehrere Verdächtige in wenigen Minuten

Am liebsten sitzt Richard Ruchowski schon um 6 Uhr in seinem Büro in der Maillinger Straße. Wenn er dann eine Spuren-Abfrage von seinem PC ins BKA nach Wiesbaden schickt, arbeiten die Rechner so schnell, dass er manchmal schon nach wenigen Minuten die 15 ähnlichsten Abdrücke von erfassten Straftätern als Antwort bekommt. Ruchowski und drei Kollegen sind Experten für „Altfälle“ im LKA – ungeklärte Verbrechen, die viele Jahre zurückliegen. Die Experten holen sich die Originalspuren, erkennen am PC besondere Merkmale, codieren sie und veranlassen den Abgleich mit den Daten in AFIS. 1650 alte Fälle wurden bereits überprüft, 71 Spuren konnten zugeordnet werden. Erst kürzlich konnte ein Räuber ermittelt werden, der vor 16 Jahren auf einen Taxifahrer geschossen hatte.

 

 

 

 

 

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