Utting ankert in München

Der Verein Wannda demontiert das Schiff MS Utting, um es als Bühne in der Stadt zu nutzen.
von  Jasmin Menrad
Entkernt und fast fertig für die Überfahrt nach München: So schaut's derzeit im Bauch der Utting aus.
Entkernt und fast fertig für die Überfahrt nach München: So schaut's derzeit im Bauch der Utting aus.

München - Das teilweise überdachte Sonnendeck ist an lauen Sommerabenden ein beliebter Treffpunkt der Gäste und eignet sich auch gut zum Tanzen", heißt es in der Beschreibung der Schifffahrt Ammersee über die MS Utting. Nur zu schön stellt man es sich vor, im langsamen Schieber über das 50er-Jahre-Deck des Ausflugsschiffes zu tanzen, während ein junger Mann Gitarrenmusik dahinschmachtet und die Münchner Sonne sich hinter der Frauenkirche zum Schlafen verabschiedet.

Was wie die Fantasie einer Redakteurin klingt, die dringend Wochenende braucht, wird im Sommer Wirklichkeit: Derzeit demontieren jeden Tag mindestens fünf Mitglieder vom Kulturverein Wannda das Ausflugsschiff MS Utting, um es für den Transport nach München klar zu machen.

"Wir teilen das Schiff horizontal in Rumpf und Oberdeck, so dass es auf dem Schwertransporter durch Tunnel passt", sagt Daniel Hahn (26) von Wannda.

Entkernt und fast fertig für die Überfahrt nach München: So schaut's derzeit im Bauch der Utting aus.
Entkernt und fast fertig für die Überfahrt nach München: So schaut's derzeit im Bauch der Utting aus.

Entkernt und fast fertig für die Überfahrt nach München: So schaut's derzeit im Bauch der Utting aus. Foto: Michael Alt

Umzug statt Verschrottung

Am 20. Februar soll das 36,4 Meter lange und 7,5 Meter breite Schiff umziehen: Sechs Taucher der Wasserwacht werden Gurte anbringen, um es für immer aus dem Wasser zu heben. Straßen werden gesperrt, Ampeln demontiert.

Das genaue Ziel der lustigen Seefahrt ist noch unbekannt. "In der Verwaltung können sie nicht hexen, aber die Stadt hat in kurzer Zeit so viel für uns möglich gemacht", sagt Hahn.

Am Mittwoch gab's einen Runden Tisch mit allen Beteiligten. Mehrere Standorte, teilweise mitten in der Stadt, werden derzeit geprüft. "Die Stadträtin Julia Schönfeld-Knor vom Kulturausschuss hat sich so für uns ins Zeug gelegt, dass wir ihr gar nicht genug danken können", sagt Hahn.

Nachdem Hahn in der Zeitung gelesen hatte, dass das Schiff verschrottet werden soll, wandte er sich an die Bayerische Seenschifffahrt. Für einen symbolischen Preis überließ die dem Verein das Schiff auch tatsächlich.

"Jeder hat uns gesagt, schon die Demontage sei für uns nicht durchführbar. Wir haben lange überlegt, ob wir es wagen sollen", sagt Hahn. Als nach zwei Wochen Arbeit erledigt war, wofür die Experten in der Werft zwei Monate veranschlagt hatten, wussten die Wannda-Leute, dass sie es geschafft hatten. "Auch beim Bahnwärter Thiel und beim Märchenbazar hieß es, das sei als Verein nicht zu stemmen."

So liegt das Schiff derzeit eingeschneit am Ammersee.
So liegt das Schiff derzeit eingeschneit am Ammersee.

So liegt das Schiff derzeit eingeschneit am Ammersee. Foto: Michael Alt

Kunst und Kulinarik ja, Party nein

65 Jahre lang fuhr die MS Utting mit bis zu 70 Passagieren im Hecksalon und 30 im Bugsalon auf dem Ammersee. "Es freut uns, dass sie zur Bühne für die Münchner Kleinkunst-Szene wird", sagt Seenschifffahrts-Geschäftsführer Michael Grießer. Verbunden mit Gastronomie sollen Konzerte, Theater, Performances und Flohmärkte im Schiffbauch stattfinden. "Partys wird's wahrscheinlich nicht geben. Dafür ist unsere Utting zu klein", sagt Hahn.

In München muss die Utting wieder zusammengeschraubt und auf hippieske Wannda-Weise dekoriert werden. Im Sommer heißt es dann: Schiff ahoi!

Die Utting am Ammersee mit Kloster Andechs in den 50er Jahren.
Die Utting am Ammersee mit Kloster Andechs in den 50er Jahren.

Die Utting am Ammersee mit Kloster Andechs in den 50er Jahren. Foto: imago/Arkivi

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