Urteil: Neonazi-Überfall war nur vorgetäuscht

Wegen Vortäuschung einer Straftat: Amtsgericht verurteilt Münchnerin zu Bewährungsstrafe.
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Das Gerichtsgebäude für das Amtsgericht, das Landgericht I und II in München, das Oberlandesgericht und die Staatsanwaltschaft in der Nymphenburger Straße.
Das Gerichtsgebäude für das Amtsgericht, das Landgericht I und II in München, das Oberlandesgericht und die Staatsanwaltschaft in der Nymphenburger Straße. © Sven Hoppe/dpa

München - Die Nachricht vom Überfall auf eine linke Aktivistin in ihrer Wohnung im Münchner Norden war ein Schock. Neonazis hätten sie bedroht, verletzt und versucht, sie einzuschüchtern. Doch diese Vorwürfe waren erfunden, wie jetzt das Amtsgericht München festgestellt hat.

Die Frau sollte im Dezember 2019 als Zeugin in einem Prozess aussagen, der in Nordbayern gegen ein Mitglied der rechtsextremen Szene wegen Körperverletzung angesetzt war.

Einen Tag vor Prozessbeginn sei sie von Neonazis in ihrer Wohnung misshandelt und bedroht worden, behauptete die Frau.

Widersprüche und Zweifel am Tatverlauf

Zwei ihr unbekannte Männer, so soll die 36-Jährige im Dezember 2019 bei der Polizei angegeben haben, hätten an der Tür geklingelt. Als sie öffnete, habe man sie gewürgt und gegen den Kopf geschlagen. Die Täter hätten ein Graffito in der Wohnung angebracht - angeblich eine unmissverständliche Drohung. Der Prozess gegen den Neonazi wurde daraufhin abgesagt und verschoben.

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Amtsgericht spricht Frau schuldig

Der Staatsschutz im Präsidium München übernahm die Ermittlungen in München. Es gab offensichtlich Widersprüche und Zweifel am beschriebenen Tatablauf. Am Ende die Überraschung: Die Münchnerin wurde wegen Vortäuschung einer Straftat angezeigt.

Das Amtsgericht sprach die Frau jetzt schuldig. Sie wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten (Strafrahmen sechs Monate bis drei Jahre oder Geldstrafe) verurteilt, die vom Richter zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem muss die Münchnerin eine Geldstrafe bezahlen, sowie die Kosten des Verfahrens übernehmen. Die Summe soll sich auf insgesamt rund 20.000 Euro belaufen.
Update: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die 36-Jährige hat dagegen Berufung eingelegt.

 

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16 Kommentare
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  • Kadoffesalod am 16.12.2020 14:35 Uhr / Bewertung:

    Vorwürfe gegen die Polizei, dass sie die Vortäuschung der Straftat nur konstruiert habe weil die Täter nicht gefunden wurden, waren zwar zu erwarten, sind aber trotzdem falsch und können nur aus einer zwanghaften Einstellung ergehen, bei der nicht sein kann was nicht sein darf.

    Die Polizei in Bayern enttarnt vorgetäuschte Straftaten, egal ob sie von Flüchtlingen bzw. Migranten, die von Neonazis bzw. Rechten oder von neutral beschriebenen Tätern verübt worden sein sollen.
    Vortäuschung von Straftaten gibt es sehr häufig. Hier sind ein paar Beispiele:

    https://www.abendzeitung-muenchen.de/bayern/polizei-17-jaehrige-erfindet-versuchte-vergewaltigung-art-640646

    https://www.abendzeitung-muenchen.de/bayern/schongau-schwerverletzter-hat-attacke-nur-erfunden-art-458124

    https://www.abendzeitung-muenchen.de/bayern/schueler-taeuscht-aus-pruefungsangst-entfuehrung-vor-art-552058

    https://www.abendzeitung-muenchen.de/bayern/sicherheitsmitarbeiter-erfindet-angriff-in-ankerzentrum-art-625180

  • Ludwig III am 16.12.2020 21:09 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Kadoffesalod

    Ja, das gibt's. Und gar nicht mal so selten. Kommt aber oft auf. Die Fähigkeit, sich eine Situation so zu überlegen, dass sie glaubhaft wird, haben wenige. Außer vielleicht, es geht um Darstellungen, die gut bekannte Personen in bekanntem Umfeld betreffen. Da wird es schwieriger. Siehe Kachelmann.

  • Kadoffesalod am 16.12.2020 11:36 Uhr / Bewertung:

    Dass Neonazis in Bayern sich auf eine so dreiste Art aufmandeln, wäre auch sehr unwahrscheinlich gewesen.

    Neonazis wissen - ebenso wie kriminelle Clans, Antifabanden etc. - dass für sie der Freistaat Bayern ein äußerst ungemütliches Pflaster ist und in keinem anderen Bundesland die Gefahr so groß ist, von der Polizei geschnappt und von einem Gericht empfindlich bestraft zu werden.

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