Urteil in München: Frau nach versuchtem Enkeltrickbetrug im Gefängnis

München - Alleine schon der Versuch eines Betrugs kann drastische Konsequenzen haben. Das musst eine 19-jährige Frau am eigenen Leib erfahren, die nach einem missglückten Enkeltrickbetrug für eineinhalb Jahre ins Gefängnis muss.
Der Fall im Detail
Die Verurteilte, eine 19-jährige in Frankfurt lebende Frau, bildete mit mehreren Komplizen eine Bande. Gemeinsam haben sie es bei ihrer Masche vor allem auf ältere Personen abgesehen. Am 30. März 2017 rief ein nach wie vor unbekannter Mann bei einer 74-jährigen Münchnerin an – am Telefon gab er sich als "Cousin" der Seniorin aus. Er sagte, dass er dringend Geld für den Kauf einer Wohnung benötige. Durch geschickte Gesprächsführung brachte er die Frau dazu, zur Bank zu gehen und das nötige Geld zu holen. Doch auf dem Weg dorthin kamen ihr Zweifel, weshalb sie die Polizei verständigte.
Seitdem standen die Beamten die ganze Zeit über in Kontakt mit der Frau. Die Münchnerin erhielt weiter etliche Anrufe ihres "Cousins", auch ein Mann, der sich als "Notar Dr. Sommer" ausgab, nahm regelmäßig telefonischen Kontakt mit ihr auf. Die beiden Anrufer forderten 25.000 Euro in bar oder zwei Goldbarren von der Frau. Der vermeintliche Notar bestellte der älteren Dame schließlich ein Taxi, welches sie zur Hauptstelle der Hypo-Vereinsbank in München brachte. Dort erhielt sie von einer zuvor durch die Polizei instruierten Bankangestellten einen Briefumschlag, in dem sich vermeintlich 15.000 Euro befanden. Eigentlich waren darin aber lediglich Papierschnipsel.
Telefonterror bis zur Abholung des Geldes
Nachdem die Frau den Umschlag erhalten hat, folgten zahlreiche weitere Kontrollanrufe des "Cousins", des "Notars" sowie einer "Mitarbeiterin der Commerzbank Ingolstadt" und einer "Mitarbeiterin der Kriminalpolizei München". Der Telefonterror nahm kein Ende, die Täter ließen sich unter anderem Geldscheinnummern vorlesen, die Stückelung der Geldsumme vorzählen und fragten die Bankdaten der Geschädigten ab.
Schließlich wurde eine "Frau Weiß, Mitarbeiterin und Gutachterin des Notars Dr. Sommer", als Abholerin angekündigt – dabei handelte es sich um die später verurteilte 19-Jährige. Am Nachmittag kam es dann auf dem Grundstück der Geschädigten zur Übergabe des Kuverts. Die Polizei nahm die Frau beim Verlassen des Grundstücks fest. Die 19-Jährige war strafrechtlich bislang nur durch einen im Herbst 2012 begangenen Diebstahl aufgefallen.
Seniorin hat seit dem Vorfall Angstzustände
Das Gericht wertet zugunsten der Verurteilten "… ihr umfassendes Geständnis (...), weiterhin, dass sie sich entschuldigt hat und ehrliche Reue gezeigt hat. Weiterhin war zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass sie sich bis zur Hauptverhandlung fast 4 Monate in Untersuchungshaft befunden hat." Andererseits "… war die hohe kriminelle Energie zu sehen, der beabsichtigte hohe Schaden sowie die gemeine und hinterhältige Tat zulasten einer älteren Geschädigten, die heute noch unter den Folgen der Tat leidet. Die Zeugin hat angegeben, dass sie seit der Tat u. a. an erheblichen Angstzuständen leidet und sich in Therapie begeben muss. Weiterhin hat die Geschädigte ausgeführt, dass das Geld ein Teil ihrer Altersvorsorge gegen Krankheit etc. gewesen wäre und dass sie sich seit dem Vorfall in ihrem eigenen Haus nicht mehr wohlfühlt. (…) Das Gericht sieht aber die Vollstreckung im Hinblick auf die Entwicklung als geboten an, insbesondere im Hinblick auf eine Hinführung zu einem geregelten Tagesablauf und einer gesunden körperlichen Entwicklung. Dies scheint momentan nur im Vollzug möglich zu sein."
Die Verurteilte litt zur Zeit der Urteilsverkündung unter einer Essstörung und wog bei etwas überdurchschnittlicher Größe nur 38 Kilo. Seit Haftbeginn nahm sie wieder zu. Das Jugendschöffengericht am Amtsgericht München vollstreckte das Urteil am 21. Juli 2017.
Das Urteil ist rechtskräftig. Ihre Komplizen hat die 19-Jährige bis heute nicht verraten.