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Urteil im Prozess um S-Bahn-Unglück in Schäftlarn gefallen: "Tut mir alles so wahnsinnig leid"

Im Prozess um das tödliche S-Bahn-Unglück in Schäftlarn bei München wurde am Donnerstag das Urteil gefällt. Davor hat sich der angeklagte Lokführer unter Tränen für seinen Fehler entschuldigt.
von  John Schneider
Mit einem Spezialkran heben Techniker den Triebwagen von einem der beiden verunglückten S-Bahn Züge von den Schienen.
Mit einem Spezialkran heben Techniker den Triebwagen von einem der beiden verunglückten S-Bahn Züge von den Schienen. © Uwe Lein/dpa/Archivbild

München - Immer wieder bricht Richard Z. in Tränen aus. Als die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer noch einmal das grob pflichtwidrige Verhalten des Lokführers an jenem 14. Februar 2022 schildert, zum Prozessauftakt, bei seinem letzten Wort und zu guter Letzt, als die Amtsrichterin das Urteil und das Strafmaß verkündet.

S-Bahn-Unglück bei Schäftlarn: Ein Toter, Dutzende Verletzte

Zwei Jahre nach dem tödlichen S-Bahn-Unglück in Schäftlarn spricht das Schöffengericht am Donnerstag den Triebfahrzeugführer unter anderem wegen fahrlässiger Tötung schuldig. Richard Z. (56) kommt aber mit zwei Jahren Haft, die zur Bewährung ausgesetzt werden, glimpflich davon. Da kommen dem Ex-Lokführer erneut die Tränen. Er wird aber laut Bewährungsbeschluss 180 Stunden soziale Arbeit leisten müssen.

S-Bahn-Unglück von Schäftlarn: Angeklagter Lokführer zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt

Der 56 Jahre alte Quereinsteiger als Lokführer hatte ein rotes Signal und Vorschriften gleich mehrfach missachtet. Sein Zug war in der Folge auf der eingleisigen Strecke mit einer entgegenkommenden S-Bahn zusammengestoßen.

Als Richard Z. seinen Fehler und die andere S-Bahn vor sich bemerkte, leitete er noch eine Schnellbremsung ein. Doch es war schon zu spät. Es kam zur Kollision. Ein 22-Jähriger starb, 51 Menschen wurden verletzt, leiden teilweise noch heute an den Folgen. Richard Z. selbst hatte den Führerstand noch verlassen können, bevor es zur Kollision kam. Das hat wahrscheinlich sein Leben gerettet.

Gar nicht einfach zu lösen am Abhang: Ein Spezialkran hievt im Februar 2022 die zerstörte Zugspitze an und versucht, die Waggons zurück auf die Schienen zu bringen.
Gar nicht einfach zu lösen am Abhang: Ein Spezialkran hievt im Februar 2022 die zerstörte Zugspitze an und versucht, die Waggons zurück auf die Schienen zu bringen. © Uwe Lein/dpa

Der Lokführer habe grob pflichtwidrig gehandelt, sagt die Richterin des Schöffengerichts, Nesrin Reichle, am Donnerstag. Er habe sich zwar nicht an den Unfall erinnern können, aber: „Er hat eingeräumt, dass es ein fataler Fehler war.“ Seinen Fehler habe er vollumfänglich anerkannt, sein Geständnis sei auch ohne eigene Erinnerung glaubhaft gewesen.

Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor zwei Jahre und neun Monate Haft für den Lokführer verlangt. Sie wirft dem Angeklagten neben fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung in 51 Fällen auch Gefährdung des Bahnverkehrs vor. Es sei ein Sachschaden von sieben Millionen Euro entstanden.  Der Mann hatte sich am Donnerstag in seinem letzten Wort erneut unter Tränen für seine Fehler entschuldigt. Sein Verteidiger Stephan Beukelmann plädiert auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten.

Reaktionen auf das Urteil gegen den Lokführer von Schäftlarn

Die Details der Kollision: Der Mann hatte sich zunächst vor dem Bahnhof Ebenhausen-Schäftlarn über eine Zwangsbremsung wegen zu hohen Tempos hinweggesetzt. Trotz eines roten Haltesignals sei er weiter gefahren und hebelte dann die automatische Zwangsbremsung aus. Eine Genehmigung des Fahrdienstleiters holte er nicht ein. Zeitgleich kam die S-Bahn aus München entgegen. Deren Lokführer erhielt Rot und leitete eine Bremsung ein. Sein Zug kam zum Stehen. Dann krachte es.

Unter den Zuschauern ist auch Christine Kammermeier, die bei dem Unglück verletzt wurde. Sie spricht von einem guten Urteil: „Er ist sowieso bestraft für sein Leben.“ Sie steige weiter in die S-Bahn. Nur wenn sie an der Unglücksstelle vorbeikomme, habe sie ein mulmiges Gefühl.

Der Angeklagte hatte erst ein dreiviertel Jahr vor dem Unfall die Prüfung zum Triebfahrzeugführer abgelegt. Damit habe er sich einen Kindheitstraum erfüllt. Der Traum scheint ausgeträumt. Seit Januar trägt Richard Z. stattdessen Post aus.

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