Urteil gegen Münchner U-Bahn-Schläger erwartet

Ein halbes Jahr nach dem brutalen Überfall auf einen pensionierten Schulleiter in der Münchner U-Bahn wird an diesem Dienstag das Urteil gegen die Schläger erwartet.
von  Abendzeitung
Die beiden Angeklagten im sogenannten "U-Bahn-Schläger-Prozess", Serkan A. (l) und Spyridon L. (r), waren bei ihrer Attacke volltrunken.
Die beiden Angeklagten im sogenannten "U-Bahn-Schläger-Prozess", Serkan A. (l) und Spyridon L. (r), waren bei ihrer Attacke volltrunken. © dpa

MÜNCHEN - Ein halbes Jahr nach dem brutalen Überfall auf einen pensionierten Schulleiter in der Münchner U-Bahn wird an diesem Dienstag das Urteil gegen die Schläger erwartet.

Der 18 Jahre alte Grieche Spyridon L. und der 21-jährige Serkan A. müssen sich vor einer Jugendkammer des Landgerichts München I wegen versuchten Mordes verantworten. Sie haben die Tat gestanden und sich bei dem Opfer entschuldigt. Gutachter attestierten ihnen gleichwohl eine hohe Aggressivität, Ich-Bezogenheit und dissoziale Züge.

Kurz vor Weihnachten hatten die beiden – damals 17 und 20 Jahre alt – den 76-jährigen Bruno Hubertus N. mit Schlägen und Tritten an den Kopf lebensgefährlich verletzt, weil er sie auf das Rauchverbot in der U-Bahn hingewiesen hatte. Eine Überwachungskamera zeichnete die Tat auf, die Ausstrahlung im Fernsehen sorgte bundesweit für Empörung wegen der großen Brutalität. Der Pensionär erlitt einen dreifachen Schädelbruch und eine Blutung im Gehirn.

Die Forderung des Staatsanwalts

Staatsanwalt Laurent Lafleur forderte für Spyridon neun Jahre Jugendstrafe und für Serkan zwölf Jahre Haft nach Erwachsenenrecht. Er sieht bei den jungen Männern „schädliche Neigungen“, ein „völlig haltloses und zügelloses Leben“ und eine „ungebändigte Brutalität“. Der Hinweis auf das Rauchverbot sei berechtigt gewesen – «und dafür sollte Hubert N. mit dem Leben büßen“, sagte Lafleur. „Ein krasseres Missverhältnis ist mir noch nie untergekommen.“ Trotz ihres Alkoholkonsums billigte er den Angeklagten keine verminderte Schuldfähigkeit zu, hielt ihnen aber eine alkoholbedingte Enthemmung zugute. Die Tat wertet er als Mordversuch.

Die Verteidiger wiesen diesen Vorwurf zurück. Spyridons Anwalt Wolfgang Kreuzer forderte ein „angemessenes Urteil“, ohne ein Strafmaß zu nennen. Serkans Verteidiger Oliver Schmidt plädierte auf zweieinhalb Jahre Haft, sein zweiter Verteidiger Florian Wurtinger wegen gefährlicher Körperverletzung auf maximal vier Jahre. Er verwies auch auf Serkans schwierige Kindheit. „In der Familie war alles kaputt, was kaputt sein kann.“

Das psychiatrische Gutachten

Der psychiatrische Gutachter Franz Joseph Freisleder bescheinigt Serkan nur geringe Chancen auf Änderung seines Lebenswandels. Er mahnte aber: „Ich würde ausdrücklich dafür plädieren, die aufscheinenden Reste von Entwicklungsmöglichkeit wahrzunehmen und zu fördern.“ Spyridon wiederum, dessen Familie im September 2001 nach Deutschland zog, kam in der neuen Heimat nicht zurecht. Sportliche Interessen gab er auf, konsumierte Alkohol und Drogen und brach die Schule ab. Er habe „selten einen so deutlichen Absturz eines jungen Menschen mit so deutlichem Datum“ gesehen, sagt der Staatsanwalt.

Bruno Hubertus N., der noch unter den Folgen des Überfalls leidet, wies alle Entschuldigungen zurück. Er beklagte zudem, dass sein Fall in Hessen und Bayern im Wahlkampf benutzt worden sei. Er sei auf einem Plakat der Münchner CSU „als Mehlsack auf dem Fußboden“ gezeigt worden – und damit habe man „eine politische Aussage treffen“ wollen. (dpa)

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.