Urteil: Alte Dame muss für Fitness-Vertrag nicht zahlen

München Sie ist fast 70, hat Rückenprobleme, aber als Sozialhilfeempfängerin kaum Geld, um sich ein Fitness-Studio leisten zu können. Da kam dieses verlockende Angebot auf einem Werbeflyer daher: „Testen Sie uns! 2 Wochen 19,90 Euro – letzter Starttermin 28.2.13“. Doch was sie letztendlich ungelesen unterschrieb war ein teurer und langfristiger Vertrag mit dem Studio. Die mittellose Frau zahlte nicht und wurde vom Studio verklagt. Doch die Klage wurde abgewiesen.
Der Hintergrund: Die Münchnerin leidet seit Jahren an körperlichen Problemen. Nach einer Rückenoperation Anfang 2013 wurden ihr sanfte Übungen zur Wiederherstellung der Rückenmuskulatur von den Ärzten empfohlen.
Noch vor Ablauf des auf dem Flyer angegebenen Aktionszeitraums legte sie also den Werbeflyer im Studio vor und erklärte, dieses Angebot nutzen zu wollen. Da sie ihre Brille vergessen hatte, hatte sie den Wortlaut der Vereinbarung aber nicht lesen können. Was sie dem zuständigen Mitarbeiter des Fitnessstudios auch gesagt hatte.
Dieser hatte auf mehrmalige Fragen der Münchnerin versichert, dass es sich um einen Vertrag entsprechend dem Angebot, wie auf dem Flyer abgedruckt, handeln würde. Tatsächlich hat die Münchnerin aber einen Vertrag unterschrieben, in dem sie sich unter anderem für 64 Wochen Basispaket zu fast 16 Euro pro Woche und ein Startpaket zu 49 Euro verpflichtet.
Nachdem sie zu Hause mit der Brille den Vertrag durchgelesen den Irrtum bemerkt hatte, forderte sie das Fitnessstudio auf, den Vertrag rückgängig zu machen, da sie sich getäuscht fühlte und sie sich die Gebühren nicht leisten konnte.
Das Fitnessstudio bestand auf der Einhaltung des Vertrags und verlangt unter anderem sämtliche Beiträge für die Restlaufzeit und das Startpaket, insgesamt 1130 Euro.
Die Münchnerin zahlte nicht. Das Fitnessstudio erhob Klage vor dem Amtsgericht München – und blitzte ab. Die Münchnerin bekam von der zuständigen Richterin Recht. Sie muss nichts bezahlen.
Die Richterin hat entschieden, dass der Vertrag von der Münchnerin wirksam angefochten werden konnte, da sie sich über dessen Inhalt geirrt hat. Sie sei davon ausgegangen, nur eine zweiwöchige Nutzungsvereinbarung abgeschlossen zu haben. So wie es im Flyer beschrieben war.
Warum sollte sie - ohne das Fitnessstudio zu kennen und mit erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen - gleich einen Langzeitvertrag abschließen wollen? Schon aus finanziellen Gründen kam eine Mitgliedschaft für die Frau nicht in Frage.
Bösartigkeit unterstellte die Richterin dem Studio-Mitarbeiter aber nicht. Vielmehr dürfte der Fehler auf beiden Seiten gelegen haben: Wird schlecht zugehört, redet man ganz schnell aneinander vorbei.