Unverschuldet in Not: AZ-Spendenaktion
Egon Frank wurde von fünf Männern fast tot geschlagen. Seitdem hat er starke Schmerzen. Doch für die Therapie fehlt ihm das Geld.
Von Natalie Kettinger
Ich habe nur noch gedacht: Hoffentlich werde ich bewusstlos – dann muss ich diese Qualen nicht mehr ertragen.“ Egon Frank zittert, wenn er von dem Tag erzählt, der sein Leben veränderte: Am 25.September 2010 schlug ein Bekannter den Münchner so brutal zusammen, dass die Polizei jetzt wegen eines versuchten Tötungsdeliktes ermittelt. Die Fußabdrücke des Angreifers waren noch Wochen später auf Egon Franks Körper zu sehen. Seine Augen sind bis heute nicht richtig abgeschwollen.
Seit dem Überfall ist der 30-jährige Artist arbeitsunfähig. Fast täglich muss er ins Krankenhaus, zum Neurologen, zum Internisten, zum Psychologen. Gegen die hämmernden Kopfschmerzen, die ihn seit dem Unglück plagen, nimmt er starke Medikamente. Manchmal helfen sie, manchmal nicht. „Mein Hausarzt sagt, eine Ganzkörper-Akupunktur wäre viel effektiver. Aber die kann ich mir nicht leisten.“ Eine Sitzung kostet 20 bis 50 Euro, mindestens zehn Termine sind notwendig.
Egon Frank stammt aus einer alten Münchner Zirkus-Familie. „Wir sind Artisten in der siebten Generation“, erzählt der Neffe des renommierten Elefanten-Dompteurs Sonny Frankello stolz. Auch bei der AZ-Gala „Stars in der Manege“ war der junge Mann schon im Einsatz: Mit Wetterfee Claudia Kleinert übte er eine Pferde-Dressur ein, mit Wolke Hegenbarth ein Pas de Deux auf Elefanten. Trapez und Tiere – das waren seine Spezialitäten. Bis zum 25.September.
Egon Franks Tragödie beginnt im Frühjahr 2009: Seine Lebensgefährtin verlässt ihn und nimmt die Töchter Shirley (4) und Leonie (3) mit. „Die Mädchen waren das Beste und Schönste in meinem ganzen Leben – und plötzlich durfte ich sie nicht mehr sehen.“ Der verzweifelte Vater zieht vor Gericht. In der Nacht vor dem ersten Verhandlungstag klingelt das Telefon. „Wenn du beim Prozess auftauchst, töte ich dich per Kopfschuss“, droht eine männliche Stimme. Egon Frank erscheint trotzdem zum Prozess – in einer kugelsicheren Weste.
Die Richter beschließen, dass er seine Kinder regelmäßig sehen darf, die Mutter hält sich nicht an die Abmachung. Egon Frank schaltet erneut einen Anwalt ein – und wird wieder bedroht. Diesmal vom Bruder seiner Ex: „Das wird ein Nachspiel haben“, raunt er durchs Autofenster.
Nach mehreren Wochen darf er die Klinik verlassen
Mitte September fährt Egon Frank als Reklamechef eines großen Zirkus’ mit einem Freund nach Benzheim, um dort Plakate aufzuhängen und die Stellplätze vorzubereiten. Als die beiden am Abend des 25.September vom Einkaufen zurückkehren, bemerken sie fünf Männer, die sich an ihren Caravans zu schaffen machen.
Egon Frank fährt mit dem Auto auf sie zu. Einer ist sein ehemaliger Schwager. „Ich bin ausgestiegen und wollte fragen, was die da machen – da hat mich der erste Kinnhaken getroffen.“ Wie besessen prügeln die Fünf auf Egon Frank ein. Als sein Spezl ihm helfen will, werfen die Angreifer ihn zu Boden und halten ihn dort fest. Hilflos muss er mitansehen, wie Egon Frank sich in ein blutendes Bündel Mensch verwandelt – und das Bewusstsein verliert. „Irgendwann hatten sie sich wohl satt geschlagen“, sagt Egon Frank. Doch daran erinnert er sich nicht. „Als ich zu mir gekommen bin, waren da lauter Sanitäter, ein Notarzt und ein Polizist mit Taschenlampe.“
Im Krankenhaus stellen die Ärzte fest, dass Egon Franks Nase, Rippen und Augenhöhlenknochen gebrochen sind. Hals- und Rippenwirbel sind gestaucht. Während der Not-OP bleibt das Herz des Patienten stehen. Er kämpft sich zurück ins Leben. Nach mehreren Wochen darf er die Klinik verlassen.
Doch damit ist sein Martyrium nicht zu Ende. Seit dem Angriff hat Egon Frank Angst. Angst in sein Auto zu steigen, weil er direkt neben dem Wagen zusammengeschlagen wurde. Angst vor seinen Peinigern, die noch nicht vor Gericht gestellt wurden. Angst, alleine zu sein.
Das Hämmern in seinem Kopf war zu stark
Und er hat Schmerzen. Die letzte Sitzung bei seinem Trauma-Therapeuten musste er abbrechen – das Hämmern in seinem Kopf war zu stark. „Oft kann ich nächtelang nicht schlafen. Es tut einfach zu weh“, sagt er. „Deshalb hat mir mein Arzt zur Akupunktur geraten.“ Doch der geschundene Mann hat kein Geld. Er ist zwar krankenversichert, aber die Nadel-Therapie wird von der Kasse nicht übernommen. Auch für den Verdienstausfall des Selbstständigen kommt niemand auf – und die Verpflichtung, einen Teil der Medikamenten-Kosten selbst zu tragen, hat seine Ersparnisse aufgefressen. „Ich weiß nicht, was ich machen soll. Im Moment wohne ich bei meinen Eltern. Sie sind beide krank und haben selbst nicht genug.“
Eigentlich sollte der 30-Jährige jetzt mit seinem Onkel und den Elefanten trainieren. Stattdessen trägt er einen Gips. Gerade kam heraus, dass die Schläger auch seinen Außenhandknochen zertrümmert haben. Wenn die Brüche ausgeheilt sind, muss Egon Frank erneut ins Krankenhaus – die Augenhöhlen sollen mit Metallplatten stabilisiert werden. Wann er wieder arbeiten kann, ist ungewiss.
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