Unsinnige Corona-Regeln in Bayern? Massage im Nagelstudio, aber nicht beim Masseur

München - Stephan S. ist sauer. Der Münchner betreibt in Germering einen Massage-Salon – und fühlt sich veräppelt. "Kosmetik- und Nagelstudios dürfen öffnen und sogar Kopfmassagen oder Wellnessmassagen zusätzlich anbieten. Ich hingegen darf seit Monaten nicht mehr aufsperren", erzürnt er sich am Telefon im Gespräch mit der AZ.
Denn Massage-Salons sind - genau wie Tattoo-Studios - in der zwölften bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung explizit ausgenommen von den derzeitigen Öffnungen. Gesichtsbehandlungen - wie das Färben von Wimpern und Augenbrauen, Permanent-Make-up, Gesichtsmassagen und Anti-Aging-Behandlungen - dürfen hingegen durchgeführt werden.
Wimpern dürfen gemacht werden, Massagen nicht
Auch Nicole Wetzler versteht diese Regelung bei körpernahen Dienstleistungen nicht. "Dass wir angesichts steigender psychischer Belastungen, Häufung von depressiven Verstimmungen, emotionaler Krisen und hartnäckiger Verspannungen im Bewegungsapparat unsere Dienste nicht anbieten dürfen, erscheint zunehmend paradox", sagt sie der AZ. Wetzler hat in Sauerlach eine Praxis und ist im präventiven Gesundheitsbereich und auch als Therapeutin tätig.

Nagelstudios dürfen Massagen anbieten, Masseure nicht
Gerade jetzt, nach monatelangen Lockdowns und oft schlechten Sitzpositionen im Homeoffice, sei ihre Branche wichtiger denn je. "Aber jetzt dürfen Wellnessmassagen vom Nagelstudio ausgeführt werden, nicht aber vom Wellnessmasseur", so Wetzler. Und wenn Plastiknägel wichtig seien, dann sollte eine Massage zum Lösen von Schulter-Nackenverspannungen doch erst recht relevant sein, wundert sie sich. Außerdem seien Friseure oder Nageldesigner manchmal näher am Kunden als Masseure.
Hygienekonzepte sind ausgereift und umsetzbar
Und: "Wir können während unserer Behandlungen ein perfektes Hygienekonzept einhalten: Jeweils nur ein Kunde in der Praxis, ausreichendes Lüften, regelmäßiges Desinfizieren, Wechseln der Kleidung, Tragen von Masken". Zudem hätten alle professionellen Studios eine Kundenkartei und könnten auf die Minute genau nachweisen, wer wann zu Gast war, ergänzt Stephan S.
Beide haben sich bereits ans Gesundheitsministerium gewandt und auf die Ungleichbehandlung ihrer Branche aufmerksam gemacht. "Es hieß, man bemühe sich, könne es aber nicht allen recht machen", so S.
Massagesalons zu, Nagelstudios auf: Das sagt das Ministerium
Auf AZ-Nachfrage teilt eine Sprecherin diesbezüglich mit: "Eine vollständige Zulassung der Dienstleistungen mit körperlicher Nähe zum Kunden kommt vor dem Hintergrund des nach wie vor bestehenden erheblichen Infektionsgeschehens nicht in Betracht. Die Beschränkung auf Friseursalons und andere Dienstleistungen, die der Körperhygiene und -pflege dienen, berücksichtigt den Grundsatz der Umsicht und Vorsicht. Ermöglicht werden daher weiterhin nur diejenigen Dienstleistungen, bei denen wegen der längeren Schließung ein hoher Bedarf aus Gründen der Körperhygiene und -pflege entstanden ist und auf die erhebliche Teile der Bevölkerung, insbesondere auch ältere Menschen, angewiesen sind."
Es sei daher "auch im Verhältnis zu anderen Dienstleistungen mit körperlicher Nähe zum Kunden gerechtfertigt, im Zuge einer von Umsicht und Vorsicht geprägten Öffnung in einem ersten Schritt zunächst diese Dienstleistungen wieder zu ermöglichen."
Massage-Salons oder Tatto-Studios "und vergleichbare Dienstleistungsbetriebe sind dagegen weiterhin geschlossen zu halten, da ihre körpernahen Dienstleistungen nicht hygienisch oder pflegerisch erforderlich sind", so die Sprecherin weiter. Wimpern oder Nägel hingegen scheinen in dieser Argumentation hygienisch erforderlich zu sein.