Ungleich verteilt: Wo Azubis fehlen - und wo Lehrstellen

In der Gastro wird kaum noch ausgebildet, Bäcker will hingegen niemand lernen. Neue Zahlen der Stadt zum Ausbildungsmarkt. Wie die Arbeitsagentur auf die Probleme reagiert.
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Etwa in der Gastro gibt es weniger Ausbildungsplätze als früher. In anderen Bereichen steigen die Job-Chancen sogar. (Symbolbild)
Etwa in der Gastro gibt es weniger Ausbildungsplätze als früher. In anderen Bereichen steigen die Job-Chancen sogar. (Symbolbild) © imago/Sven Simon

München - In Zeiten, in denen Schule nur von daheim vor dem eigenen Bildschirm stattfindet, in denen Jobmessen entfallen und keine Praktika angeboten werden, fällt es Jugendlichen schwer, sich für einen Job zu entscheiden. Denn trotz Wirtschaftskrise, trotz Corona ist das Problem auf dem Ausbildungsmarkt momentan nicht, dass es zu wenig Stellen gibt - sondern zu wenige Bewerber. Das lässt sich in einer Beschlussvorlage nachlesen, die Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) am Dienstag dem Stadtrat vorstellt. Verfasst hat sein Referat dieses Papier, um eine Anfrage der Linken zu beantworten.

Immer noch kommen zwei Azubistellen auf einen Bewerber

Derzeit sind in München rund 7.400 Ausbildungsstellen bei der Arbeitsagentur gemeldet. Das sind zwar fast 15 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum - jedoch kommen im Schnitt immer noch zwei Stellen auf einen Bewerber. Bereits im September blieben knapp 1.200 Lehrstellen in München unbesetzt. Vor allem Handwerksbetrieben fällt es schwer, Auszubildende zu finden, so geht es aus dem Schreiben des Wirtschaftsreferats hervor. In Oberbayern konnten demnach rund 2.000 angebotene Ausbildungsplätze im Handwerk nicht besetzt werden. Das entspreche etwa 20 Prozent des Angebots und sei ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, schreibt Baumgärtner.

Clemens Baumgärtner (CSU).
Clemens Baumgärtner (CSU). © Lino Mirgeler/dpa/Archivbild

Es sei daher dringend notwendig, Berufsorientierungsformate, welche 2020 pandemiebedingt ausgefallen sind, wieder zu etablieren oder in "digitale Formate" zu überführen, so Wirtschaftsreferent Baumgärtner. Und genau das hat die Arbeitsagentur vor: Diesen Freitag startet sie die erste digitale  Ausbildungsplatzbörse. Dort stellen sich von 9 bis 17 Uhr laut Arbeitsagentur knapp 70 Betriebe mit rund 3.000 Ausbildungsstellen vor. "Jugendliche müssten heute vor allem bereit sein, auch Alternativen in Betracht zu ziehen", sagt Anne Beck, eine Sprecherin der Arbeitsagentur. Denn während in der einen Branche die Ausbildungsplätze immer rarer werden, gibt es in anderen Bereichen sogar ein größeres Angebot.

Verkehr und Logistik nehmen die Ausbildungsangebote zu - in Gastro hingegen ab

In der Hotellerie sind laut Arbeitsagentur fast 80 Prozent weniger Ausbildungsstellen gemeldet, in der Gastronomie und Veranstaltungsbereich sind es gut 50 Prozent weniger. Gleichzeitig gibt es mehr Ausbildungsstellen für Verkäufer, auch im Bereich Verkehr und Logistik nahmen die Stellen zu. "Ich bin guter Hoffnung, dass am Ende die Meisten einen Job finden", sagt Serkan Engin, der bei der Münchner Handwerkskammer digitale Jobmessen organisiert. "Aber die Schüler müssen sich auch bewegen - und bewerben."

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Er erlebte, dass es vor allem den Branchen, die sich schon vor Corona schwertaten, alle Stellen zu besetzen, heute immer noch mit der Akquise schwertun - etwa Bäcker, Metzger und Konditoren, aber auch Betriebe aus dem Baugewerbe. Daran hat sich laut Handwerkskammer auch 2020 nicht viel geändert. Gleichzeitig ist es für Handwerksbetriebe besonders schwierig, online den richtigen Bewerber zu finden - schließlich bekommen viele auf diese Jobs erst Lust, wenn sie ihn tatsächlich einmal ausprobieren.

Es mangelt an Jugendlichen, die eine Ausbildung anfangen möchten

Die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge gingen deshalb 2020 zurück. Besonders stark bei den Geflüchteten. Etwa 30 Prozent weniger unterschrieben 2020 einen Ausbildungsvertrag. Ein Problem ist laut Wirtschaftsreferat, dass "integrationsfördernde Netzwerke" nur eingeschränkt handlungsfähig waren. Erfreulich sei, dass 2020 fast keine Jugendlichen aus den Münchner Mittelschulen unversorgt blieben. Doch statt eine Ausbildung zu beginnen, entschlossen sich mehr Jugendliche, eine weiterführende Schule zu besuchen. "Es mangelt nicht an Lehrstellen, sondern an Jugendlichen, die eine Ausbildung anfangen möchten", antwortet auch Pressesprecher Florian Reil von der Industrie- und Handelskammer.

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