Ungewohntes Wohnmodell könnte in München bald Schule

München - "Paläste für alle" steht auf einem Plakat der alternativen Mieterinitiativen. Doch erst einmal wäre man schon froh über die ein oder andere Hütte, die man selbst sanieren, ausbauen und beleben könnte. Das Prinzip des Mietshaussyndikats ist – anders als klassische Genossenschaftsmodelle – in München wenig bekannt. Doch das könnte sich bald ändern.
Wenn der Stadtrat dieser Tage zustimmt, könnten kleine Mietergruppen in Neubaugebieten Flächen erwerben, die für Genossenschaftsmodelle reserviert sind – aber auch städtischen Leerstand aufkaufen. Und so manche alte Hütte aufhübschen.
Mietshaussyndikat könnte in München populär werden
In der Ligsalzstraße im Westend kann man ein Mietshaussyndikats-Haus bestaunen. Es ist bunt bemalt, es gibt einen offenen Brunch-Treffpunkt, wo man die Bewohner kennenlernen kann. Die "Ligsalz" engagiert sich seit 2008 im Viertel, die Erdgeschossflächen werden auch von anderen Gruppen für Veranstaltungen genutzt.
Damals kauften die Leute das Haus – als Mietshaussyndikat, eine Konstruktion, in der das einzelne Projekt ein autonomer Verein ist. Gekauft werden die Häuser von diesem Verein gemeinsam mit dem Dachverband der Projekte. Niedrige Mieten sind dauerhaft garantiert, die Bewohner fällen alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam – und die Häuser sind dem Spekulationsmarkt entzogen.
"Wir sind ganz euphorisch", sagt Claus Sasse von der Münchner Initiative "El Caracol". Viele Jahre habe man darauf hingearbeitet, dass die Stadt die Mietshaussyndikate mit den Genossenschaften gleichsetzt. Schon diese Woche soll der Beschluss fallen. In Sasses Gruppe sind momentan 20 Menschen aktiv.
Konkret hoffen Sasse und seine Leute auf Flächen im Kreativquartier oder der Bayernkaserne. Man hatte in der Vergangenheit aber auch leerstehende Häuser im Auge.
Bei Syndikaten können auch Mitglieder ohne Geldeinlage einziehen
Auf die schielt auch die Initiative "Billige Platte", die ebenfalls dem Stadtratsbeschluss entgegenfiebert. "Die Stadt hat doch auch dutzende kleinere Grundstücke genannt, die nicht genutzt werden", sagte eine der Aktivistinnen. "Dort könnten wir für niedrige Mieten sorgen."
Ein Unterschied zu den neuen, kleinen Genossenschaften: bei den Syndikaten können auch Mieter einziehen, die gar kein Geld einlegen können. "Wir wollen uns nicht aus der Stadt vertreiben lassen", sagen die Leute vom Syndikat.
Dabei will sie nun offenbar auch die Politik unterstützen. "Diese Projekte bieten meist auch Flächen für Kleinstgewerbe und Gemeinschaftsflächen, die von der Nachbarschaft genutzt werden können", schwärmt Grünen-OB-Kandidatin Katrin Habenschaden. "Für die Stadtviertel sind sie eine echte Bereicherung", sagt sie der AZ.
EIne Stadtratsmehrheit gilt als sicher
"Da die Syndikate eher kleine Flächen suchen, sollten sie insbesondere bei der Vergabe von Kleinstgrundstücken mit berücksichtigt werden." Auch lang leerstehende Gebäude der städtischen Wohnungsgesellschaften könnten so wieder belebt werden, glaubt Habenschaden. "Mietshaus-Syndikate sind ein Teil der Antwort auf die Frage, was wir den Immobilien-Spekulationen in dieser Stadt entgegensetzen können."
Dem Vernehmen nach sehen das SPD und Linkspartei ähnlich. Eine Stadtratsmehrheit gilt als sicher. Gut möglich also, dass es bald mehr bunte Häuser wie in der Ligsalzstraße in München gibt. Es müssen ja nicht gleich Paläste sein.
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