Umweltzone gilt ab 1. Oktober: „Wir haben null Chancen“

Am 1. Oktober gilt die Umweltzone: Joachim Lorenz bleibt aber skeptisch: "Vor 2015 haben wir keine Chance, das Problem in den Griff zu kriegen", sagt der Umweltreferent im AZ-Interview.
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Viel Verkehr: Allein dieses Jahr wurde der Grenzwert an der Landshuter Allee 43 mal überschritten.
dpa Viel Verkehr: Allein dieses Jahr wurde der Grenzwert an der Landshuter Allee 43 mal überschritten.

Am 1. Oktober gilt die Umweltzone: Joachim Lorenz bleibt aber skeptisch: "Vor 2015 haben wir keine Chance, das Problem in den Griff zu kriegen", sagt der Umweltreferent im AZ-Interview.

AZ: München ist nach Stuttgart die deutsche Stadt mit der höchsten Feinstaubbelastung – warum?

JOACHIM LORENZ: Die Fläche von München ist verglichen mit anderen Großstädten eher klein. Mit der Folge, dass die Verkehrsbelastung auf den Hauptstraßen sehr hoch ist. Wo sonst gibt es in einer Stadt Straßen wie die Landshuter Allee mit 140 000 Autos am Tag? Oder die Chiemgaustraße mit 60 000 Fahrzeugen und so vielen Anwohnern?

Wie viele Grenzwert-Überschreitungen beim Feinstaub hatten wir diese Woche?

Der September ist kein typischer Monat dafür. Nur wenn wir Inversionswetter ohne größeren Luftaustausch hätten, bestünde die Gefahr. Seit Jahresbeginn ist der festgelegte Feinstaub-Grenzwert an der Landshuter Allee schon 50 mal überschritten worden, am Stachus 38 mal und an der Prinzregentenstraße 27 mal. Die EU erlaubt maximal 35 Überschreitungen.

Noch mehr Probleme bereitet das so genannte Stickstoffdioxid, oder?

Da haben wir den Wert an der Landshuter Allee 183 mal überschritten – das ist gut das Zehnfache von dem, was erlaubt ist. Wir haben null Chancen, die vorgeschriebenen Mittelwerte beim NO2, also dem Stickstoffdioxid, einzuhalten.

Auch nicht, wenn jetzt Autos mit roter Plakette aus der Umweltzone verbannt werden?

Nein. Da kann sich höchstens etwas tun, wenn die gelben Plaketten auch ausgeschlossen werden. Aber vor 2015 haben wir keine Chance, das Problem in den Griff zu kriegen. Es gibt in Europa aber etwa 300 Städte, die dasselbe Problem haben. Da muss sich die EU noch mal Gedanken über Fristverlängerungen machen.

Wie schädlich ist NO2?

Es ist zwar nicht krebserregend wie Feinstaub, ruft aber unter anderem Schleimhautreizungen hervor. Gerade bei älteren Menschen kann es schlimmere Auswirkungen haben. Der Feinstaub ist gefährlicher. Hier werden wir die Grenzwerte hoffentlich einhalten können, wenn 2012 die Fahrzeuge mit gelben Plaketten ausgeschlossen sind.

Und wer kriegt Ärger mit der EU, wenn das nicht gelingt?

Ich sag mal: Wir, die Stadt München, haben alles gemacht. Die EU wird sich zuerst an den Bund wenden. Der wird sagen, er habe auch alles gemacht und die Verantwortung an die Länder weiterreichen. Und die werden wohl auch behaupten, alles, was möglich ist, getan zu haben.

Na toll.

Ich sehe aber in erster Linie den Freistaat in der Verantwortung. Unsere Vorschläge waren für ihn ausreichend. Leider hat er sie sogar entkräftet. Anwohner der Umweltzone können für ihre Autos jedes Jahr eine Ausnahmegenehmigung bekommen, egal, wie viel Dreck sie in die Luft pusten. Wir wollten, dass sie die Stinker noch höchstens zwei Jahre nutzen dürfen.

Wenn Sie als Grüner träumen dürften – wäre eine Citymaut keine Alternative?

Der große Nachteil einer Citymaut ist, dass Stinker sich die Einfahrt in die Stadt erkaufen können. Dann dürften wieder Autos rein, die jetzt draußen bleiben müssen. Damit hätte ich ein Problem. Außerdem haben wir als Kommune keine Handhabe, so etwas einzuführen. Das ginge nur auf Grundlage eines bundesweiten Gesetzes. Und unsere Parkraum-Bewirtschaftung ist ja so etwas wie eine Citymaut light.

Was haben Sie für ein Auto?

Wir sind ein Vier-Personen-Haushalt und teilen uns einen Renault Scenic mit grüner Plakette. Wenn’s der nicht mehr tut, schaffen wir uns einen Hybrid an.Interview: J. Lenders

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