Umweltfreundliche Mode: München kleidet sich grün

München - Modisch anspruchsvoller Stil und ökologisches Bewusstsein sind keine Gegensätze mehr: Immer mehr Münchner Modemacher nutzen ihre Kreativität, um Eco-Materialien zu verarbeiten: Bio-Baumwolle, Leinen, auch Ananasleder als vegane Alternative, Hanf oder recycelte PET-Flaschen. Sie zeigen der Modeindustrie damit alternative Wege auf.
"Es ist faszinierend, wie unglaublich vielfältig die Fair-Fashion-Szene in München ist. Fast jeder hat einen Green Fashion Store in seiner Nachbarschaft", sagt Ornella Sonderegger (24), Studentin an der Münchner Akademie Mode & Design (AMD). Sie hat mit jungen Modejournalistinnen den Guide für faire Mode in der Stadt herausgegeben: "Buy good Stuff", auf Deutsch: "kauft gute Dinge", heißt der.

Rund 20 Marken und über 40 Geschäfte für "grüne", nachhaltige Mode stellt das Heft vor. Die Designer bemühen sich, in vielen Aspekten "grün" zu sein. Einer der wichtigsten: Die Modemacher bezahlen Näherinnen und Angestellte im Ausland fair. Sie nähen teilweise mit Stoffresten, waschen das Grundmaterial nicht mit Chemiekeulen, färben häufig mit ungiftiger Naturfarbe und vermeiden jede Waren-Überproduktion. Denn die hässliche Wahrheit über die Modebranche ist: Die Textilindustrie ist nach der Ölindustrie die zweitschmutzigste weltweit.
Der Gute-Mode-Guide (als Download auf buygoodstuff.de) klärt auf 158 Seiten auch über Umwelt-Siegel auf und liefert ein Nachhaltigkeits-ABC.
Die Abendzeitung stellt zwei besondere Münchner Kollektionen aus dem Führer vor: fair und umweltfreundlich hergestellt.
Edle Schuhe aus Kaffee, Stroh und Fischleder
Die Sohle des Turnschuhs wird aus PET-Flaschen hergestellt. Die Einlage ist aus Kork. Und der Clou: "Der Schuh sieht gut aus und duftet dezent nach Bohne", schreibt der neue Fair-Fashion-Guide über die aktuelle Sneaker Kollektion von Nat-2.

Der Grund für den feinen Espresso-Duft: 50 Prozent des Obermaterials von dem Schuh besteht aus Kaffeeresten, auch Teile der Pflanzen und Bohnen. Das Aussehen erinnert an Wildleder und sieht alles andere als öko aus.

Das schafft Nat-2, ein Münchner Label, angesiedelt in Garching-Hochbrück. In der Zeppelinstraße 11 werden futuristische kompostierbare Sneaker entwickelt. Später fair und per Hand in Italien hergestellt. Der Klebstoff ist frei von tierischen Stoffen. Nat-2-Gründer Sebastian Thies kommt aus einer alten deutschen Schuhdynastie, die seit 1856 Schuhe entwirft. Er verbindet jetzt Innovation mit gutem Design. Sein Credo: "Nachhaltigkeit und Luxus schließen sich nicht aus."
Er experimentiert für das Obermaterial mit Naturstoffen wie Stein, rumänischen Baumpilz, Stroh und Holz, das aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt.

Die durchdachten Öko-Schuhe für umweltbewusste Fashion-Fans haben bisweilen irisierende Details und leuchten in der Dunkelheit. So viel anspruchsvolle Details haben allerdings ihren Preis: bis zu 390 Euro kostet ein Paar. Es gibt auch Modelle mit schuppigem Fischleder. Verkauft werden die Sneaker in Geschäften wie Manufactum (Dienerstraße 12) oder Hier Store (Innere Wiener Straße 24) – und auch online: www.coilex.com.
Website: www.nat-2.eu
Design aus Lamawolle
Fashion und Nachhaltigkeit, Zeitgeist und Südamerika – die Münchnerin Karin Fraidenraij hat das Gefühl: "Ich mache das Richtige in der richtigen Zeit."
Bei ihr läuft es immer besser: Die Modedesignerin mit Atelier an der Münchner Freiheit hat sie sich vor zehn Jahren auf Strick spezialisiert – mit hypoallergener Wolle aus Südamerika.

Poncho zu tragen war für sie als Kind normal, "langweilig sogar", erzählt Karin Fraidenraij. Denn die Modemacherin kommt ursprünglich aus Argentinien, ihr Vater aus Peru, wo die Wolle von Lama und Alpakas für traditionelle Pullis und feste Stoffe verwendet wird: Die Tiere werden artgerecht, frei in den Anden gehalten, ihre Wolle ist weich, wie Cashmerewolle, und wenig fettreich. Sie muss mit weniger Chemie gewaschen werden als die von Schafen. Außerdem wird dafür ein biologisch abbaubares Mittel genommen.
Die Originalfarbe der Wolle bleibt. Nur starke Farben wie Pink, Fuchsia und Dunkelrot werden gefärbt. Die 30 Strickerinnen, die für das Label stricken, leben in Bolivien und Peru. Sie erhalten übertarifliche Löhne und haben geregelte Arbeitszeiten: "Wir arbeiten mit Subunternehmen, die zertifiziert sind. Außerdem bin ich zwei Mal im Jahr vor Ort und kann mich auf Spanisch mit den Strickerinnen unterhalten", sagt die Fair-Fashion-Macherin, die früher Model war. Die Münchnerin sagt: "Green Fashion wird langsam ein bisschen normaler. Das muss so sein."

Natürlich trägt sie lockere Jacken aus der eigenen Kollektion – und grünen Style: T-Shirts aus Biobaumwolle oder Kleider, die aus Leinen oder dem Holzfaserstoff Viskose sind. "Nur umweltfreundliche Mode zu kaufen ist aber noch nicht machbar. Da muss niemand radikal sein. Man geht einen Weg und gibt sein Bestes", so die Designerin. In ihrem Laden hat sie kunstvolle Damenpullis in anthrazit- und Naturtönen, aber auch stark bunte Teile. Sogar Basics für Männer: Rollkragenpullover, Jogginghosen, Schals.
Karin Fraidenraij: "Mit meiner fairen Mode mache ich hier Freude. Gleichzeitig unterstütze ich Menschen in Südamerika: damit die Tradition bleibt, damit sie Arbeit haben und nicht weg wollen aus ihren Ländern."
Wagnerstraße 1a, Oberteile ab 89 Euro, www.karinfraidenraij.com
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