Zwei S-Bahnen bei Schäftlarn zusammengestoßen: Ein Toter (24) und zahlreiche Verletzte
Schäftlarn - Ein schreckliches Unglück im Feierabendverkehr: Beim Frontalzusammenstoß zweier S-Bahnen in Schäftlarn sind am Montag ein Mensch getötet und mindestens 18 Menschen verletzt worden, sechs davon schwer, zwölf mittelschwer. Unter den Schwerverletzten sind auch die beiden Lokführer, wie die Polizei am Dienstag mitteilte.
S-Bahnen stoßen zusammen: Ermittlungen zur Ursache
Weitere 25 Personen wurden von den Rettungskräften am Ereignisort ambulant versorgt. Insgesamt wurden vor Ort rund 80 Personen durch die Einsatzkräfte betreut, berichtet die Polizei in der Nacht auf Dienstag.
Die Bahnen mit rund 95 Passagieren stießen gegen 16.35 Uhr nördlich des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn an der Strecke der S7 nach Wolfratshausen zusammen.
Anwohner berichteten von einem lauten Signalton und einem Knall und dass es verbrannt gerochen habe. Die Ursache war zunächst noch völlig unklar. Nach ersten Erkenntnissen waren die beiden Züge in entgegengesetzter Fahrtrichtung unterwegs. Sie prallten mit einer solchen Wucht aufeinander, dass es einen der beiden Züge aus den Gleisen hob.
Die Feuerwehr musste diesen am Abend mit einem Kran sichern. An der Unfallstelle liegt das Gleis an einer Böschung. In dem Bereich des Zusammenstoßes ist die Bahnstrecke eingleisig. Zudem ist die Strecke kurvig, beide Lokführer haben sich offenbar nicht rechtzeitig sehen können.
Todesopfer ist ein 24-jähriger Mann aus Afghanistan
Die Fahrgäste wurden aus den Zügen geborgen. Manche konnten selbst ins Freie klettern. Ein Lokführer soll aus den Trümmern herausgeschnitten worden sein.
Der Großteil der Fahrgäste wurde zur weiteren Betreuung ins Kloster Schäftlarn gebracht. Bei dem tödlich verletzten Opfer handelt es sich um einen 24-jährigen Afghanen.
S-Bahn-Unglück in Schäftlarn: "Technisches Problem ausgeschlossen"
Warum beide Züge gleichzeitig auf der Strecke gefahren seien, sei Gegenstand der Ermittlungen, erläuterte Franken.
Nach Worten des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) prüfen die Ermittler, ob der Frontalzusammenstoß durch menschliches Versagen verursacht wurde. "Ein technisches Problem wird derzeit ausgeschlossen", sagte er am Dienstag der "Bild"-Zeitung.
Hunderte Einsatzkräfte am Unfallort im Einsatz
Für die Bergungsarbeiten am Montagabend und die Ermittlungen waren rund Hunderte Einsatzkräfte von Rettungsdienst, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und Polizei vor Ort. Sie wurden von einem örtlichen Metzger mit 400 Semmeln, Würstel und Getränken versorgt. Hubschrauber unterstützten den Einsatz.
Auch im Münchner Stadtgebiet waren am Abend viele Sirenen zu hören. S-Bahn-Chef Heiko Büttner sprach den Verletzten und Angehörigen "unser tiefes Mitgefühl" aus.
Bürgermeister von Schäftlarn "sprachlos"
Der Bürgermeister von Schäftlarn, Christian Fürst (CSU), hat sich angesichts des S-Bahn-Unfalls in seiner Gemeinde tief betroffen gezeigt. "Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen des Todesopfers und den Verletzten des Bahnunglücks in der Gemeinde Schäftlarn", sagte er am Dienstag. Das schwere Unglück habe ihn sprachlos gemacht. Dank gelte den zahlreichen Rettungskräften, die schnellstens geholfen hätten.
Münchens OB Dieter Reiter sagte zu dem schrecklichen Unglück: "Die Nachricht von dem schrecklichen S-Bahn-Unglück hat uns alle tief erschüttert. Meine Gedanken sind bei den Opfern und Ihren Angehörigen. Das Unglück hat ihre Leben von einem auf den anderen Moment dramatisch verändert. Nichts, ist, wie es war. Ich wünsche den Angehörigen des jungen Mannes, der durch den Aufprall tödlich verletzt wurde, viel Kraft für diese unsagbar schwierige Zeit. Und allen Verletzten möglichst schnelle und vollkommene Genesung. Mein besonderer Dank geht an die Einsatzkräfte, die mit ihrer Hilfe schnell vor Ort waren. Natürlich muss jetzt sehr genau nach den Ursachen für diesen tragischen Zusammenstoß geforscht und alles dafür getan werden, um ähnliche Unfälle in Zukunft möglichst zu verhindern. Auch ein zweigleisiger Ausbau dieser, aber auch aller anderen Strecken im S-Bahnnetz, muss dringend geprüft werden."
Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) eilte am Abend zum Unfallort. "Ich bin tief betroffen", sagte sie. Das Wichtigste sei jetzt, dass Verletzte und Angehörige unterstützt würden. Zu möglichen Konsequenzen wollte sie sich nicht äußern. "Wir müssen erst mal die Unfallursache feststellen." Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schrieb am Abend auf Twitter von "schrecklichen Nachrichten".
Auch Bayerns Ministerpräsident Söder hat den Opfern sein Mitgefühl ausgesprochen. "Wir trauern als Staatsregierung und ich ganz persönlich mit den Angehörigen", sagte er am Dienstag nach einer Sitzung seines Kabinetts in München. Er hoffe und bete für eine baldige Genesung der Verletzten. Söder dankte auch den rund 800 im Einsatz befindlichen haupt- und ehrenamtlichen Helfern. Sie hätten "schnell und hervorragend" geholfen. Die Beteiligung vieler Freiwilliger zeige, dass Solidarität in Bayern großgeschrieben werde.
Bahn meldet zunächst "Gegenstände auf der Strecke"
Ein PR-Desaster leistete sich die Bahn am Nachmittag bei ihrer Erstmeldung über das S-Bahnunglück auf Twitter. Auf die Wortwahl "Gegenstände auf der Strecke" dort reagierten Nutzer empört.
"Wie niveaulos kann man bitte sein?", fragte ein Nutzer. "Das ist wirklich zynisch. @DB_Bahn sowas könnt ihr doch nicht schreiben!", schrieb ein anderer. Erst um 19.44 Uhr, drei Stunden nach dem Zusammenstoß, sprach die Bahn in einem weiteren Tweet von einer "Kollision zweier S-Bahnen".