Starnberger Tierheim in Not: "Vom Reichtum kriegen wir nichts mit"

Starnberg - Endlich kann die viereinhalb Monate alte Katze Fleur sich auf ihrer neuen Hängematte ausruhen. Das Möbelstück kam als Spende zum Tierheim in Starnberg. Wie viele andere Tierheime in Bayern und Deutschland, ist auch das in Starnberg aufgrund der Corona-Krise in Finanznot geraten und deshalb auf Sach- sowie Geldspenden angewiesen. Die Pandemie hat das Tierheim in den letzten Monaten vor große Probleme gestellt.
Förderer und Mitglieder kündigen, weil sie selbst kämpfen müssen
Tiere wie Fleur, die ein neues Zuhause suchen, können gerade nur noch eingeschränkt vermittelt werden. Um die Mitarbeiter vor einer möglichen Ansteckung zu schützen, musste das Tierheim schon beim ersten Lockdown schließen. Ab März wurde in Schichten gearbeitet, "weil wir Angst hatten, dass einer von uns krank wird und dann die Tiere nicht mehr versorgt werden können", sagte Tierheimleiterin Christine Hermann der AZ. Seit Mai ist eine Vermittlung nur noch online möglich.
Zudem hat das Tierheim laut Hermann finanzielle Einbußen erlitten: Spenden sind ausgefallen, Förderer und Mitglieder haben gekündigt, weil sie selbst zu kämpfen haben. Auch Sponsorenpartner konnten keine finanzielle Hilfe mehr bieten. Genauso würden "Spontan-Spenden" von Besuchern fehlen: "Keine Veranstaltungen, kein Bienen-, Katzen- oder Igeltag, keine Sommerfeste, keine Aktionstage, bei denen die Leute meistens gespendet haben."
Keine Urlaubsreisen, keine Tier-Pensionen
Ein großer Verlust, so die Tierheimleiterin, seien auch die fehlenden Tier-Pensionen. "Weil die Menschen nicht mehr in den Urlaub fahren konnten, wurden auch keine Tiere mehr bei uns in Pension gegeben." Der coronabedingte Rückgang der Einnahmen aus Tierpensionen gegenüber dem Vorjahr belaufe sich auf circa 80 Prozent, bestätigt Schatzmeisterin Angela Gablenz.
Tierheimleitung Hermann sagt: "Wir haben nicht die großen Unterstützer, wie man vielleicht meinen könnte. Vom Reichtum des Landkreis bekommen wir nichts mit." Und weiter: "Unser Klientel sind nicht die Schönen und Reichen, sondern die ganz normalen Leute, die in Starnberg oder der Umgebung wohnen."
Um das Infektionsrisiko zu minimieren, sei weiterhin nur noch ein kleiner ehrenamtlicher Mitarbeiterstamm von fünf bis zehn statt wie in normalen Jahren 30 Helfer im Haus.
Ganz ähnlich gestaltet sich die Situation im Münchner Tierheim, berichtet Sprecherin Kristina Berchtold. Auch hier hat man mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen - Spenden und Projekte seien ausgeblieben, Mitglieder und Patenschaften wurden gekündigt.
Das größte Problem, so Berchtold, sei das Fehlen der ehrenamtlichen Helfer auf dem Gelände. "Nur noch eine Hand voll sind vor Ort", ein Viertel der Gassigeher im Vergleich zu den 100 Helfern im Vorjahr.
Keine Nothilfe für Tierheime?
Und wie sieht es mit Finanzspritzen von staatlicher Seite für die Tierheime aus? "Die Unterstützung von Tierheimen ist ein wichtiger Beitrag zum Tierschutz", heißt es seitens des bayerischen Umweltministeriums auf AZ-Anfrage. Man fördere deshalb im Haushalt 2019/2020 Tierheime in Bayern mit insgesamt rund zwei Millionen Euro - dies geschieht jedoch unabhängig von der Corona-Notsituation.
Auf AZ-Anfrage heißt es beim bayerischen Wirtschaftsministerium, es könne keine pauschale Aussage getroffen werden, ob Tierheime als Einrichtung ehrenamtlicher Vereine für die Corona-Überbrückungshilfe antragsberechtigt seien.
Generell seien auch gemeinnützige Unternehmen und Organisationen antragsberechtigt, die dauerhaft wirtschaftlich auf dem Markt tätig seien, erklärt ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. "Hierzu können grundsätzlich ehrenamtliche Vereine zählen." Ein gemeinnütziges Unternehmen ist jedoch nur dann antragsberechtigt, wenn es zum 29. Februar 2020 zumindest einen Beschäftigten hatte. Ehrenamtliche würden dabei nicht berücksichtigt werden.
In der Praxis gehen die Tierheime eher leer aus. Schatzmeisterin Gablenz vom Starnberger Tierheim erklärt, Corona-Überbrückungshilfen habe man bis dato nicht in Anspruch nehmen können. "Wir haben einen Investitionszuschuss beantragt", sagt sie. "Darüber ist aber noch nicht entschieden worden."
Für September und Oktober habe man wohl Anspruch auf Corona-Hilfen, für beide Monate zusammen liege die Summe aber bei maximal 1.000 Euro. "Ob sich das lohnt, oder ob das in das Honorar des Steuerberaters fließen würde, der die Hilfe beantragen muss, wird gerade geprüft", sagt Gablenz. So oder so sei der Zuschuss nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.