Starnberger See: "Hermann, der Fährmann" bringt Gäste mit der Fähre zur Roseninsel

Feldafing - Er ist ein gefragter Mann am Starnberger See – sein Handy klingelt jedenfalls dauernd. Und wer seine Handynummer nicht hat? Der bimmelt einfach laut an der Glocke. Oder ruft: "Hermann!" Dann kommt er auch schon angeschippert.
Ja, Hermann ist im Stress. Doch den Paradebayern – Trachtenhut, Janker, Haferlschuh und Lederhosn – bringt halt einfach gar nichts aus der Ruhe. Mit einem Dauer-Strahlen in seinem sonnenbebrillten Vollbart-Gesicht meint er bloß: "Ich bin meine eigene Sekretärin."

Bernhard "Hermann" Zillner hat die Beine lässig übereinandergeschlagen, die Hände in die Taschen seines Jankers gesteckt, sitzt auf einer Bank in seinem elf Meter langen Schiff, mit dem er jeden Tag Ausflügler und Touristen zur Roseninsel übersetzt.
Das Organisatorische rund um den Fährbetrieb erledigt er alles selbst. Auch wenn sein Handy pausenlos klingelt.
Der Kapitän vom Starnberger See: "Ich bin Hermann, der Fährmann"
Selbst als rund 20 abenteuerlustige Drittklässler auf sein Boot stürmen, bleibt Zillner gelassen. "Ich bin Hermann der Fährmann", begrüßt er die aufgedrehte Horde zu deren Belustigung und stellt sich lässig neben das Steuer.
Das flache Holzboot, die "Zille", lenkt er mit der linken Hand, mit der anderen hält er sich an einem Pfosten fest. "I hob extra beim neia Boot gesagt, dass der Pfosten da hermuss, weil I mi eihoidn muss", sagt Zillner, der das 20 Jahre alte Vorgänger-Boot vor Kurzem ersetzte. Und als er da so lässig steht und das elektrisch betriebene Boot zur Insel lenkt, erzählt er den Kindern auch noch einige Details zur Roseninsel. Es ist offensichtlich: Die Überfahrt ist für ihn keine große Herausforderung – doch der Schein trügt ein wenig.
Mit der Fähre zur Roseninsel: "Man braucht a bisserl Erfahrung"
"Des schaut leichter aus als man moant", sagt der Fährmann aus Pöcking in seinem bayerischen Dialekt, als die Schulklasse ausgestiegen ist, um die Insel zu erkunden. So müsse man beim Fahren zum Beispiel die Strömung und die Witterungsverhältnisse miteinberechnen.
"Man braucht a bisserl Erfahrung. Alle zwei Wochen sollt' ma schon amoi fahrn, um in Übung zu bleiben", erklärt er und fährt zurück ans Festland. Es wirkt so, als hätte er in seinem Leben nie etwas anderes gemacht. Dabei arbeitet der Hermann erst seit 2016 als Fährmann am Starnberger See. Davor war er bei einer Versicherung angestellt, wollte aber mal weg vom Schreibtisch, mal was anderes machen.

Bernhard Zillner ist am See groß geworden, hat ihn schon durchschwommen und ist hier Wasserski gefahren. Auch den Fährbetrieb zur Roseninsel kennt Zillner schon lange.
Als bekannt wurde, dass sein Vorgänger aufhören wird und ein neuer Leiter für den Fährbetrieb gesucht wird, hat Zillner sich zusammen mit seinem inzwischen verstorbenen Großcousin Stefan Seerieder beworben – und schließlich eine Zusage erhalten. Und das scheint in Anbetracht der Namen Schicksal gewesen zu sein.
Kapitän auf dem Starnberger See: "Das war eine kleine Bestimmung"
Dass Herr Zillner irgendwann täglich in einer "Zille" – oder in einer "Zuin", wie er selbst sagt – sitzen würde und sein "Kompagnon", Stefan Seerieder, eines Tages passend zum Namen am See arbeiten würde, das passt einfach.
"Das war vielleicht eine kleine Bestimmung", schmunzelt der Fährmann, bevor er aus dem Boot steigt und den Steg hinabläuft, um dort an der Glocke zu läuten – das Zeichen, dass er gleich ablegen wird. "Wenn ich merke, dass jemand im Wald schneller wird, weiß ich: Der will noch mit", erklärt Zillner.
Bernhard "Hermann" Zillner: "Campingstuhl, Campingtisch, das ist mein Büro"
Manchmal ist so viel los, dass mehrere Fährmänner zusammenarbeiten. Hermann Zillner sitzt dann vor dem Steg und verkauft die Tickets, während sein Kollege die Zille zur Roseninsel übersetzt. "Das ist mein Büro. Ein Campingstuhl und ein Campingtisch", sagt er und deutet auf ein lauschiges Plätzchen neben dem Steg.
Heute bleibt sein hübsches Büro allerdings unbesetzt: Es sind zwar um 11 Uhr vormittags schon recht viele Besucher da, aber im Moment schmeißt Zillner den Laden noch allein. Er kassiert an Bord und fährt die Zille auch selbst rüber zur Insel.
Fünf Fährmänner steuern die Fähre über den Starnberger See zur Roseninsel
Kurz bevor er die Rampe an einem Seil ins Boot hineinzieht und ablegen will, spurtet noch ein dynamischer Mann an Bord – einer der fünf Fährmänner, die für Hermann Zillner arbeiten. Heute hat Gregor Thöner, der es sich mit einem Kaffeebecher in der Hand auf der Bank gemütlich macht, aber frei, er schaut nur spontan auf einen Besuch vorbei.

"Er is aa so a verkappter König Ludwig", sagt Zillner über seinen Kollegen und lacht. Dass sein Mitarbeiter eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Märchenkini hat, ist nicht von der Hand zu weisen.
Mit höfischen Umgangsformen ist Thöner jedenfalls vertraut, jeder Dame, die über die Rampe an Bord wankt – eine wackelige Angelegenheit - bietet er seine Hand als Stütze an. "Grüß Gott die Damen", begrüßt Hermann seine Gäste. "Händchen Halten ist bei uns all inclusive", meint König Ludwig später.
Gefahren wird auch bei Regen
Doch es gibt auch Tage, an denen nicht viel los ist, etwa bei schlechtem Wetter – gefahren wird aber auch bei Regen. Nur bei einer Sturmwarnung und bei Gewitter bleiben die Boote am Steg. Die Zeit ohne Besucher wissen sich die Fährmänner allerdings immer zu vertreiben.
"Bei schlechtem Wetter sitzen wir auch erstmal a Stund rum und ratschen mit dene, die mit die Hund unterwegs san", sagt Zillner. "Und wenn ganz wenig los ist, putzt man halt das Schiff", fügt er hinzu.
Das scheint nicht allzu lang her zu sein, Zillners Zille kann sich sehen lassen. Eine grüne Tannenzweig-Girlande rund um das Boot, rote Lederpolster auf der Holzbank und eine blaue Plane als Dach werden zu einem einladenden Farbenspiel.
Auch geheiratet wird auf der Roseninsel gern
Sehen lassen können sich jedoch nicht nur die Zillen – zum Fährbetrieb gehören zwei Exemplare. Da man auf der Roseninsel standesamtlich heiraten kann, fahren auch viele Brautpaare samt Hochzeitsgesellschaft mit Hermann Zillner hinüber zur Insel. An diesem besonderen Tag im Leben geht auch gerne mal etwas schief, das kann der Pöckinger inzwischen bezeugen.
"Bei den Hochzeiten passiert immer wieder was", sagt er. Einmal habe ein Brautpaar die Ringe daheim vergessen, was vor Zillners Augen zu einem regen Ring-Tauschgeschäft führte. "Das Brautpaar hat dann Ringe von seinen Gästen probiert, damit sie irgendwas zum Austauschen haben", erzählt der Fährmann. Ein anderes Brautpaar sei vor der Trauung am Steg ins Wasser gefallen, doch davon ließ es sich offenbar nicht beirren: "Die haben wir a no verheiratet", erzählt Zillner.
Fahrten mit der Fähre zur Roseninsel: "Das ganze Altenheim schwärmt davon"
Hochzeitsgesellschaft, Schulklasse, verliebte Pärchen, Betriebsausflügler – die Besucher der Roseninsel sind eine bunte Gruppe. Besonders gefreut hat sich Hermann über eine 90-Jährige: "Sie hat mir gesagt, dass sie extra vorbeigeschaut hat, weil das ganze Altenheim schon davon schwärmt", sagt er. Den ganzen Sommer über wird Hermann die Besucher noch zur Roseninsel befördern, bis Mitte Oktober.
Und dann? "Ich gönne es mir, im Winter auch mal wegzufahren", erzählt er. Nach Südostasien oder nach Südamerika geht es dann für ihn, in die Sonne. Endlich klingelt dann mal keiner mehr an der goldenen Glocke am Steg und der gefragteste Mann am Starnberger See hat ein paar Monate Verschnaufpause – bis es im Mai wieder heißt: "Griaß Eich, I bin da Hermann, der Fährmann".
Betriebszeiten ab 1. Juni: 10 bis 18 Uhr (Obacht: am 1. Juni wegen einer Hochzeit ab 12), Infos unter roseninsel.bayern, Überfahrt zur Roseninsel 5 Euro, Anfahrt mit der S-Bahn: S6 Richtung Tutzing, Haltestelle Feldafing und dann zu Fuß zum See ca. 2 km