Spinnenalarm am Wörthsee: Neue Art breitet sich bei München aus – wie gefährlich ist sie für Menschen?

In der Gemeinde Wörthsee in Bayern wurden mehrere Exemplare einer Spinnen-Art gefunden, die normalerweise ganz woanders lebt.
von  Niclas Vaccalluzzo
Der Schilf-Streckspringer – mit seinen relativ großen Augen gehört er zu den am besten sehenden Spinnen.
Der Schilf-Streckspringer – mit seinen relativ großen Augen gehört er zu den am besten sehenden Spinnen. © Heinz Sielmann Stiftung

Wörthsee - "Schilf-Streckspringer sind für die Region schon sehr ungewöhnlich, da diese Spinnenart normalerweise in wärmeren Breiten vorkommt", sagt Biologe Jörg Müller von der Heinz-Sielmann-Stiftung über einen spektakulären Fund bei Wörthsee. Bei einer Untersuchung von Projektflächen sind dem Forscher die Spinnen-Tierchen ins Netz gegangen. Doch diese sind hier eigentlich gar nicht heimisch.

Jörg Müller sei eigentlich nur zu Besuch in der Region gewesen, berichtet Andreas Nemetz, Leiter des Projektbüros Südbayern der Stiftung der AZ. Gemeinsam habe man dann verschiedene Flächen besucht und routinemäßig Kescherproben genommen.

Normalerweise lebt die Spinnenart im Mittelmeerraum

Bei der anschließenden Untersuchung der Funde seien Müller dann drei Exemplare der Spinne aufgefallen. Das Besondere: Die Art kommt laut Nemetz ursprünglich aus dem Mittelmeerraum, wo sie, wie der Name schon andeutet, in Röhrichten und Schilfbeständen in Feuchtgebieten anzutreffen ist. "Inwieweit sich der Schilf-Streckspringer langfristig in der Region ansiedelt, werden wir nun genauer beobachten", sagt Nemetz. Aufgrund der klimatischen Bedingungen sei das aber anzunehmen.

Angst muss man vor der Spinne nicht haben, versichert Andreas Nemetz.
Angst muss man vor der Spinne nicht haben, versichert Andreas Nemetz. © Heinz Sielmann Stiftung

Laut Nemetz ist der Schilf-Streckspringer eine im europäischen Vergleich recht große Springspinnenart. Mit lediglich bis zu zwölf Millimetern Körperlänge ist er für das menschliche Auge jedoch kaum erkennbar.

Seine Beute erlegt der Schilf-Streckspringer mit einem tödlichen Biss

Die Weibchen zeichnen sich durch markante braunschwarze und gold-metallisch glänzende Längsstreifen an ihrem ansonsten weißen Hinterkörper aus. Die Spinne trägt seitlich der Frontalaugen jeweils zwei haarähnliche Borsten, die wie lange schwarze Wimpern aussehen. Ihr Körperbau wirkt durch die nach vorne und hinten abgespreizten Beine stark gestreckt.

Springspinnen überwältigen ihre Beute mit einem überfallartigen Sprung und einem tödlichen Biss, so der Forscher. Im Gegensatz zu anderen Spinnenarten bauen sie keine Netze zum Fangen ihrer Beute. Sie sind also wahre Profijäger. Müssen die Menschen rund um den Wörthsee nun Angst vor Spinnenattacken haben? "In keinster Weise", sagt Nemetz. "Die meisten werden die Spinne aufgrund ihrer Größe gar nicht erst erkennen."

Ist der Biss des Schilf-Streckspringers gefährlich für Menschen?

Die Bisse der Tiere seien zudem nicht stark genug, um die menschliche Haut zu durchdringen. Im Gegenteil könnten die Tierchen für den Menschen sogar ganz nützlich werden – indem sie etwa nervige Insekten wie die Mücke erbeuten.

Doch die Entdeckung gibt nicht nur Anlass zur Freude. Die Ansiedlung fremder Arten ist laut Nemetz ein direktes Symptom klimatischer Veränderungen. Im Falle des wärmeliebenden Schilf-Streckspringers hat sich die Spezies also selbst einen neuen Lebensraum gen Norden gesucht.

Dass Tierarten ihren Lebensraum ändern, ist ein natürlicher Vorgang

In Zukunft kann es öfter zu solch besonderen Funden kommen. Allerdings gibt es auch hier Entwarnung vom Forscher: "Solche Wanderungen im Tier- und Pflanzenreich hat es schon immer gegeben." In den dynamischen Ökosystemen sei dies im Prinzip ein natürlicher Vorgang. Lediglich die Geschwindigkeit dieser Wanderungen habe sich durch den Klimawandel verändert.

"Die klimatischen Bedingungen können dafür sorgen dass, sich das Ganze verstärkt – das ist aber noch nicht abschließend geklärt", so Nemetz. Viel schlimmer seien sogenannte invasive Arten, die vom Menschen eingeschleppt und den heimischen Spezies gefährlich werden – der Schilf-Streckspringer gehöre hier aber nicht dazu.

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