S-Bahnunglück bei Schäftlarn: Bericht belastet Lokführer

Kurz vor dem Zusammenstoß bei Schäftlarn soll der S-Bahnmitarbeiter zu schnell und über Rot gefahren sein.
Ralph Hub
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Zwei aufeinander geprallte S-Bahnen stehen an der Unfallstelle in der Nähe des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn.
Zwei aufeinander geprallte S-Bahnen stehen an der Unfallstelle in der Nähe des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn. © Foto: dpa

Schäftlarn - Vier Monate nach dem schweren S-Bahnunglück bei Schäftlarn hat die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) gestern einen Zwischenbericht veröffentlicht. Demnach soll sich einer der Lokführer über ein Zugsicherungssystem, das auf der Strecke München-Wolfratshausen installiert ist, gleich zweimal hinweggesetzt haben.

System sorgt für Sicherheit

Dieses System sorgt dafür, dass Züge, die zu schnell fahren oder ein rotes Haltesignale missachten, automatisch zum Stehen gebracht werden. Der Lokführer kann in so einem Fall den Zug durch Drücken einer Taste wieder anfahren – allerdings nur nach einem standardisierten Gespräch mit dem Fahrdienstleiter, der den Zugverkehr auf dem entsprechenden Streckenabschnitt überwacht und die Weiterfahrt über das rote Signal bewilligen muss.

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Laut dem im Internet am Mittwoch veröffentlichten Zwischenbericht der BEU verzichtete der Lokführer der nach München fahrenden S-Bahn offenbar gleich in zwei Fällen auf diese Rücksprache mit der Fahrdienstleitung. Einmal, als er vor dem Bahnhof von Ebenhausen-Schäftlarn zu schnell fuhr. Und ein weiteres Mal, als er das rote Ausfahrtsignal aus dem Bahnhof überfuhr. Augenzeugen berichteten nach dem Unglück, die S-Bahn sei zweimal abgebremst worden, habe dann aber wieder beschleunigt. In einer Kurve stieß die S-Bahn wenig später mit einer aus München kommenden Bahn zusammen. Bei dem Unglück im vergangenen Februar starb ein Mensch, weitere 57 Personen wurden zum Teil schwer verletzt.

Störungen auf der Strecke

Die eingleisige Strecke war vor dem Unfall von Störungen betroffen. Das bestätigte jetzt auch der Zwischenbericht. Demnach hätte die Kreuzung beider S-Bahnen nicht, wie eigentlich vorgesehen, im Bahnhof Icking, sondern im Bahnhof Schäftlarn stattgefunden. Grund dafür war laut dem BEU-Bericht eine Störung an einem Bahnübergang, die die Fahrt der S-Bahn aus München in Richtung Wolfratshausen um zehn Minuten verzögerte.

Staatsanwaltschaft ermittelt weiter

Die Staatsanwaltschaft München I, die den Unfall ebenfalls untersucht, wollte sich am Mittwoch auf Anfrage der AZ nicht zu dem Zwischenbericht der BEU äußern. Oberstaatsanwältin Anne Leiding bestätigt, dass im Zusammenhang mit dem Unglück weiterhin gegen einen Beschuldigten ermittelt werde. Es bestehe der Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung, fahrlässigen Körperverletzung und der Gefährdung des Bahnverkehrs.

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5 Kommentare
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  • Max Merkel am 23.06.2022 06:08 Uhr / Bewertung:

    Die Angestellten stehen unter Druck. Was bei der Bahn los ist weiß jeder Mensch. Es geht um Zeit, Zeit, Zeit die eingehalten werden muß.

  • Der Münchner am 22.06.2022 22:45 Uhr / Bewertung:

    Hoffentlich kommt raus was möglicherweise nach Absprache oder Anweisung mit den Oberen, wegen des maroden Systems alles aus dem Sicherheitssystem abgestellt war bzw. mißachtet werden durfte oder sogar sollte. Rotlichtüberfahrung eigentlich bei intaktem System nich möglich!

  • Exxperte am 23.06.2022 00:43 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der Münchner

    Natürlich ist das möglich! Das steht ausdrücklich so in den Betriebsanweisungen. Aber der Zugführer darf dies erst nach Freigabe durch den Fahrdienstleiter. Diese Anweisung hat der Zugführer offensichtlich missachtet und daher ist er auch dafür verantwortlich! Offensichtlich haben Sie ein Problem damit, dass wir in Deutschland ein Rechtssystem haben, in dem die Gerichte nach Faktenlage entscheiden.

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