S-Bahn-Wracks bei Schäftlarn: Sturm gefährdet die Bergung

Schäftlarn - Nach dem Frontalzusammenstoß zweier S-Bahnen bei Schäftlarn läuft die Bergung der beschädigten Züge voraussichtlich am Donnerstag an. Mit einem Spezialkran sollen die havarierten Zugteile von den Schienen gehoben und mittels Tieflader über die B 11 abtransportiert werden. Logistisch und technisch ist das eine große Herausforderung, die Unglücksstelle liegt an einer steilen Böschung.
Zudem könnte das Wetter die Bergung deutlich erschweren. Laut Wetterbericht wird ein Sturm erwartet, der mit heftigen Windböen und Regenschauern über Bayern hinwegfegt. Vereinzelt, so warnt der Deutsche Wetterdienst, seien auch orkanartige Böen um 110 Stundenkilometer möglich.
Für Schäftlarn sind ab Mittag Windgeschwindigkeiten um die 80 km/h angekündigt. Das Technische Hilfswerk hat die Unglücksstelle daher sicherheitshalber sturmfest gemacht. Die Arbeiten sollen im Lauf des heutigen Vormittags beginnen.
Böiger Wind könnte die Arbeit stark behindern
Für die Arbeit der Kräne, die die tonnenschweren Zugteile anheben sollen, könnte böiger Wind zum Problem werden. Ein Spezialkran mit besonders hoher Traglast steht bereit. Die verkeilten Waggons sollen getrennt und dann nacheinander vom Hochdamm gehievt werden.
Der Abtransport erfolgt, so ein Sprecher der Bundespolizei, per Tieflader über die Straße. Waggons, die noch rollen, werden über die Schiene ins Ausbesserungswerk nach München geschleppt.

In der Nacht auf Mittwoch hatten Techniker an der Unglücksstelle bereits den Fahrdraht der Oberleitung auf einer Länge von mehreren Hundert Metern abgebaut, teilte die Bahn gestern mit.
Beweissicherung wurde bereits abgeschlossen
Zudem wurde die Statik des Bahndamms geprüft, um sicherzugehen, dass der Hang stabil genug ist. "Es waren Spezialisten vor Ort, die mit technischem Spezialgerät noch einiges ausmessen mussten", sagte ein Polizeisprecher.
Die Spuren- und Beweissicherung am Unfallort wurde gestern abgeschlossen, teilte das Präsidium mit. Damit könnte die Bergungsaktion am Donnerstag starten.
S-Bahn-Unfall in Schäftlarn: Weit und breit nur Verwüstung
An der Unfallstelle bietet sich ein Bild der Verwüstung. Neben den Gleisen türmen sich Trümmer: herausgerissene S-Bahn-Türen, Sitzpolster, Teile der Seitenverkleidung, Elektronik. Der Tacho der S-Bahn von München in Richtung Wolfratshausen zeigt 40 Stundenkilometer. Ob dies das Tempo ist, mit dem der Zug mit der entgegenkommenden Bahn kollidierte, ist unklar.
Die beiden mit 95 Menschen besetzten Züge der S7 waren am Montagnachmittag im Berufsverkehr auf eingleisiger Strecke zusammengestoßen. Ein 24 Jahre alter Fahrgast aus Wolfratshausen starb, 18 Menschen wurden verletzt.
Erneute Freigabe der Strecke ist noch unklar
Nach der Bergung der Züge sollen laut Bahn die Schäden an der Infrastruktur, Schienen, Schwellen, Schotterbett sowie der Signaltechnik begutachtet und behoben werden. Eine Prognose, wann die Strecke wieder freigegeben werden könne, sei noch nicht möglich, sagte eine Bahn-Sprecherin.
Ermittlungen sollen genaue Unfallursache klären
Parallel laufen die Ermittlungen zur Unglücksursache. Die beiden Lokführer waren bis gestern nicht vernehmungsfähig. Die Ermittler werten die Fahrtenschreiber der Züge, sowie die Kommunikationsunterlagen aus. Es gebe keine Hinweise, dass ein technisches Versagen vorliegt, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Möglicherweise hat einer der Lokführer ein Haltesignal überfahren.
Die Strecke zwischen Höllriegelskreuth und Wolfratshausen bleibt gesperrt. Die S-Bahnen der S7 in Richtung Wolfratshausen verkehren bis Höllriegelskreuth. Als Ersatz fahren bis auf weiteres Busse.