Polizistin und SPD-Kandidatin wird deutlich: "Ich hätte nie in die CSU eintreten können"

Polizisten sind doch eh alle rechts, oder? Für die Sozialdemokratin und Landtagskandidatin Christiane Feichtmeier gilt das nicht. Und sie weiß, dass auch im Landkreis Starnberg häusliche Gewalt ein Riesenthema ist.
von  Heidi Geyer
In Starnberg und auf der Liste kandidiert Christiane Feichtmeier für die SPD.
In Starnberg und auf der Liste kandidiert Christiane Feichtmeier für die SPD. © Foto: Feichtmeier

München/Tutzing – Beinahe hätte ihr die CSU den Berufsweg verdorben. Und heute arbeitet sie ausgerechnet im Innenministerium eines CSU-Ministers. Christiane Feichtmeier muss darüber im Gespräch mit der AZ ein bisschen schmunzeln. Sie war eine der ersten: Seit 1990 können Frauen im Freistaat Polizistinnen werden. Lange scheiterte dies an den Christsozialen. Feichtmeier schloss 1990 ihre Mittlere Reife ab und konnte als 17-Jährige gleich starten – als eine der ersten. "20 Prozent in unserer Ausbildungseinheit waren Frauen", sagt Feichtmeier.

Die 50-Jährige stammt aus der Kleinstadt Laufen im Berchtesgadener Land. Schon ihr Vater war Polizist, hatte ihr aber nicht unbedingt zu dem Beruf geraten – sie aber auch nicht davor gewarnt. Das Mädel vom Dorf kam dann über die Ausbildung in Eichstätt und Dachau schließlich ins Herz der Landeshauptstadt, nach Schwabing. "Das Münchener Leben hat mich dann auch ziemlich geprägt", sagt Feichtmeier.

In München erlebte Christiane Feichtmeier die "schönen Polizistenzeiten"

Sie hat die Zeit gut in Erinnerung, das seien noch die "schönen Polizistenzeiten" gewesen. Nicht so viele Widerstände und Attacken wie heute. "Das gab's damals nicht so." Heute sei das ganz anders, die Ausrüstung auch entsprechend angepasst. "Eine Schutzweste hatten wir früher gar nicht, nur die großen schweren Überziehwesten hatten wir im Streifenwagen dabei."

Sie hat eher andere Barrieren kennengelernt. Etwa wenn jemand in der Inspektion lieber einen Mann sprechen wollte, weil man sie als Frau für die Aushilfskraft hielt. Von ihren Polizeikollegen hat sie es unterschiedlich erlebt. Zum Teil sei sie sehr behütet worden – einerseits schön, auf der anderen Seite hat viele wohl auch das Gefühl genervt, jetzt auch noch auf die Kollegin aufpassen zu müssen. Die Frau, verwundbar wie ein Reh.

Die Stabsabteilung für Personen- und Objektschutz war nach dem 11. September ein heißes Thema

Dann gab es noch ältere Kollegen, die sich freuten, dass sie jetzt jemanden hatten, der ihnen den Kaffee kochen konnte. "Die hatten sich gedacht, dass sie immer die sind, die die Einsatzwagen fahren", sagt die 50-Jährige. "Mei, man darf halt nicht sehr introvertiert sein, sondern muss schon auch mal sagen, was Sache ist." Sie habe dann recht schnell "a Ruah" gehabt.

Der Beruf habe ihr gefallen. Einsätze bei schlimmen Unfällen seien für sie am schwierigsten gewesen: "Wenn da jemand ist, der Schmerzen hat, aber man kann in dem Moment nicht helfen." Ihr gefällt der Beruf auch deshalb so gut, weil man als Polizist so viele Möglichkeiten habe. Sie selbst ist auch viel rumgekommen: "Ich war bis Anfang der Nullerjahre im Streifendienst und Kontaktbeamtin im Viertel." Dann wechselte sie in die Stabsabteilung vom Polizeipräsidium München für Personen- und Objektschutz – nach dem 11. September ein heißes Thema.

Viele Polizisten sind in der CSU, bemerkt Christiane Feichtmeier

Schon bald sei sie in Kontakt mit dem Thema häusliche Gewalt gekommen: "Da ging es um Frauen, die von ihren Männern so bedroht wurden, dass sie Schutzmaßnahmen bekommen haben." In Fürstenfeldbruck ist sie schließlich zur Kripo in den gehobenen Dienst gewechselt, dann ging es zum Staatsschutz in die Hansastraße. Schon lange ist Feichtmeier Personalrätin, heute kümmert sie sich im Innenministerium um Gesundheits- und Arbeitsschutz für die bayerische Polizei.

Eine Sozialdemokratin in Joachim Herrmanns Haus und in einer Branche, in der viele Beamte als mindestens konservativ gelten. "Bei uns sind wahnsinnig viele in der CSU", sagt Feichtmeier. Gemerkt habe sie das auch bei der Cannabis-Diskussion. Feichtmeier ist über die Gewerkschaft der Polizei zur SPD gekommen.

Häusliche Gewalt im Umland von München: "Wir müssen die Frauen besser schützen"

"Durch meine gewerkschaftlichen Erfahrungswerte hätte ich nie bei der CSU eintreten können. Gerade das Thema Frauen und Gleichstellung ist nicht unbedingt deren Thema." Da habe sie sich auch schon mit CSU-Damen in der Gewerkschaft angelegt: "Das Problem ist, dass wir einfach nicht die gleichen Karrierechancen in der Polizei haben wie die Männer." Daran müsse sich etwas ändern.

Bei den SPD-Damen sei sie auf Verständnis gestoßen und so kam es zu ihrem Parteieintritt vor zehn Jahren. "Dann war ich ganz schnell Ortsvereinsvorsitzende." Inzwischen lebt Feichtmeier in Tutzing und tritt für den Stimmkreis Starnberg an sowie auf der Liste. Dass es auch in dieser reichen Gegend häusliche Gewalt gibt, weiß Feichtmeier. "Das hat mich mitgenommen. Wir müssen die Frauen besser vor Gewalt schützen!" Angeblich sei im Landkreis Starnberg kein Bedarf für ein Frauenhaus. "Ich trau mir wetten, dass wir das gleich vollkriegen würden."

Das Wohnen im Landkreis Starnberg ist "für normale Arbeitnehmer total schwer"

Als Kreisrätin weiß Feichtmeier nämlich, dass Frauen aus dem Raum Starnberg nach Murnau geschickt werden und dort unterkommen. "Die Leiterin in Murnau sagt, dass die Frauen aber wegen der teuren Wohnungen Schwierigkeiten haben, aus dem Frauenhaus auszuziehen – selbst wenn sie stabil sind." So verblieben sie dort und nähmen den Akutfällen Plätze weg.

Überhaupt, das Wohnen rund um Starnberg – "für normale Arbeitnehmer ist das total schwer!" Als Krankenschwester oder auch für Handwerker sei das einfach ein riesiges Problem, wenn man nicht geerbt habe. "Wir hätten eine sehr gute Busverbindung. Aber die Busfahrer fehlen." Skeptisch ist sie da bei manchen grünen Ideen. Da sei auch immer die Frage, ob man es sich leisten könne. "Wir haben auch arme Kinder und Obdachlose im Landkreis Starnberg – nur sieht man die halt nicht!"

Beim Thema Heizgesetz lassen sich die Menschen nur noch schwer erreichen

Im Wahlkampf wehe ihr trotzdem ein "scharfer Wind" entgegen. Das mache ihr schon Sorge: "Die wollen mit uns oft gar nicht mehr diskutieren." Das Heizgesetz sei dabei oft Thema, aber es sei sehr schwer, die Menschen noch zu erreichen.

Sie erlebe da jeden Tag die Angst vor dem Wohlstandsverlust im Wahlkampf. Feichtmeier würde sich schon wünschen, dass auch wertgeschätzt wird, wie viel der Staat sich in der Corona-Krise engagiert hatte, etwa in der Gastronomie und bei vielen Firmen.

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