Neues Amazon-Verteilzentrum in Garching: 10.000 Pakete pro Tag

Seit Mai betreibt der Versandriese Amazon sein drittes Verteilzentrum in der Region München. Die AZ war in Garching und durfte alles anschauen.
von  Hüseyin Ince
Das Amazon-Verteilzentrum in Garching mit Standortleiterin Vanessa Sy, die gerade demonstriert, welchen Weg so ein Päckchen in der Halle nimmt.
Das Amazon-Verteilzentrum in Garching mit Standortleiterin Vanessa Sy, die gerade demonstriert, welchen Weg so ein Päckchen in der Halle nimmt. © Foto: Daniel von Loeper

Garching - Die Garchinger Dieselstraße 32 ist eine Sackgasse mit Wendeschleife. Bis vor wenigen Jahren war das hier die Anschrift eines Stahlhändlers. Doch den gibt es nicht mehr. Stattdessen ist ein US-Unternehmen eingezogen, das seit Jahren den Warenverkehr durch Online-Handel von der Bratpfanne bis zum E-Bike stark beeinflusst und in Teilen dominiert: Amazon, gegründet in den 90ern von US-Unternehmer Jeff Bezos, der damit zum Multimilliardär wurde.

70 Mitarbeiter arbeiten in drei Schichten

Aber ganz so groß darf man die Sache in der Dieselstraße 32 nicht hängen. Es handelt sich hier um ein ziemlich kleines Rädchen im unendlichen Amazon-Universum.

Die Dieselstraße 32 in Garching von außen.
Die Dieselstraße 32 in Garching von außen. © Foto: Daniel von Loeper

70 Mitarbeiter kümmern sich im Dreischichtbetrieb mit routinierten Handgriffen darum, dass täglich erst 10 000 Amazon-Päckchen ankommen und zügig an die Zieladressen weitergeleitet werden. Standortleiterin Vanessa Sy erzählt von den hohen Ansprüchen. "Für uns ist Diversität, Respekt und Kommunikation auf Augenhöhe sehr wichtig", sagt sie. 150 Sprachen würden in ihrem Umfeld gesprochen. Hauptsprache bei Amazon in Garching ist der Einfachheit halber Englisch. "Das können alle", sagt Sy.


Das Liefergebiet, das Amazon von hier aus bedient, nennt sich intern DMU5: vom Münchner Flughafen bis in den Westen Münchens. Das Garchinger Gebäude samt hohen Lagerhallen hat Amazon aufgekauft und nach den eigenen Bedürfnissen ein Jahr lang saniert. Bis zu 25 Millionen Euro hat Amazon hier investiert, so erzählen es die Mitarbeiter rund um Sy. Zum Pressetermin am Mittwoch ist auch der Garchinger Bürgermeister gekommen, Dietmar Gruchmann (SPD), ein begeisterter Fliegenfischer. Er erzählt von der Skepsis, die in seiner Gemeinde herrschte, als klar wurde, dass Amazon hier einziehen könnte.

Wenig große Lkw

"Nicht schon wieder ein Logistik-Unternehmen, das mit riesigen Lastern die Infrastruktur des Gewerbegebietes belastet!" So sei die Stimmung gewesen, sagt Gruchmann. Mittlerweile habe sie sich gedreht. Denn Amazon lässt hier wohl recht wenige große Lkw vorfahren und meist kleinere bis mittelgroße Transporter von Dienstleistern. Wichtig ist Amazon-logistics-Sprecher Steffen Adler zu erwähnen, dass es sich "nicht um Solo-Selbständige handelt, sondern um Lieferpartner mit mehreren Mitarbeitern."

Steffen Adler, Amazon-logistics-Sprecher für Deutschland und Österreich.
Steffen Adler, Amazon-logistics-Sprecher für Deutschland und Österreich. © Foto: Daniel von Loeper

Amazon zahlt in Garching bei München auch Steuern

Entscheidend wird für den Stimmungsumschwung in Garching auch gewesen sein, dass Amazon hier wirklich Steuern zahlt. Denn einer der Vorwürfe an den Digital-Riesen ist schließlich weltweit, dass er mit allen Mitteln örtliche Steuern vermeidet - ein Vorwurf übrigens, der sich oft auch an Google, Facebook und Apple richtet.

Adler erklärt: "Bei neuen Verteilzentren gründen wir immer eine örtliche GmbH, deren Steuerabgaben natürlich in die Gemeindekasse fließen." Insofern ist Bürgermeister Gruchmann wohl ziemlich froh, dass er sich hier im Norden Münchens Amazon angeln konnte.

Fährt die Hälfte der Transporter Ende 2022 elektrisch?

Und es wirkt auch so, als ob Amazon stark an seinem Image arbeitet. Standortleiterin Sy erzählt vom hohen Anteil der Elektro-Vans, die den Fahrern der Lieferdienste zur Verfügung stünden. "Etwa 25 Prozent der Transporter fahren elektrisch", erzählt sie, "den Anteil wollen wir bis Ende des Jahres auf 50 Prozent erhöhen."

Ein Amazon-Mitarbeiter sortiert per Fingerscanner die Taschen voller Päckchen, die einer internen Farblogik nach auf Wagen gepackt werden.
Ein Amazon-Mitarbeiter sortiert per Fingerscanner die Taschen voller Päckchen, die einer internen Farblogik nach auf Wagen gepackt werden. © Foto: Daniel von Loeper


Am Ende denkt man wieder an Jeff Bezos,
der sich ja mit dem zweiten schillernden US-Milliardär Elon Musk ein inoffizielles Wettrennen um eine Art Vorherrschaft im Weltall liefert. Wie das denn zusammenpasse, wenn Bezos mit einem Raketenstart ein Vielfaches des eingesparten CO2-Ausstoßes wieder in die Luft blase? "Das kommentieren wir nicht", sagt Adler. Er weist nur darauf hin: "Bezos leitet das Unternehmen seit einiger Zeit nicht mehr."

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