Großmetzgerei Sieber: "Uns steht das Wasser bis zum Hals!"

Das Listerien-Drama um Wurstwaren der Großmetzgerei Sieber ist längst ein Fall für die Justiz. Doch neben Geld und Recht geht es vor allem um eins: zahlreiche Jobs.
von  Christoph Elzer
Die Großmetzgerei Sieber kämpft ums Überleben - und um ihren Ruf.
Die Großmetzgerei Sieber kämpft ums Überleben - und um ihren Ruf. © dpa

Geretsried – Eigentlich sollte man meinen, dass man in den Lagern der  Großmetzgerei Sieber in Geretsried vor den Toren Münchens ein ideales Bild vorfindet: Die sind bis obenhin gefüllt - mit fertig produzierten und verpackten Wurstwaren genauso wie mit frischem Fleisch, Gewürzen, Kräutern und zahlreichen anderen Zutaten. Doch genau das entwickelt sich langsam aber sicher zu einem gigantischen Problem.

Ende Mai traf ein Befund des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)  das 1825 gegründete Unternehmen wie aus heiterem Himmel: Zunächst bei einem Wammerl und dann auch noch bei Fleischwurst mit Paprika, Regensburger und Gelbwurst werden Listerien nachgewiesen. Diese Bakterien sind besonders für Schwangere und Alte oder Kranke gefährlich. Das Bayerische Verbraucherschutzministerium vermutet einen Zusammenhang zwischen Listerien in Sieber-Erzeugnissen und bis zu 80 Erkrankungs- und acht Todesfällen in Süddeutschland, die bis ins Jahr 2012 zurückgehen. Das Unternehmen selbst weist diesen Vorwurf vehement zurück.

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In den Lagern fängt es bald zu stinken an

Siebers großes Dilemma: Bei mittlerweile 12 von 80 Proben, die das LGL genommen hat, wurden Listerien nachgewiesen, zuletzt fielen am vergangenen Freitag sieben weitere Proben positiv aus. Allerdings lagen die Listerien-Werte in allen Fällen unter dem gesetzlichen Grenzwert. Außerdem wurden Listerien bislang ausschließlich in fertigen Produkten aus dem Handel nachgewiesen, nie in der Metzgerei selbst. Doch solange die Quelle der Baktierien nicht gefunden ist, darf bei Sieber nicht weitergearbeitet werden.

Und damit steht inwzischen die gesamte Existenz des Unternehmens auf dem Spiel. In den prall gefüllten Lagern findet man fertige Produkte und Rohware im Gesamtwert von mindestens 1,5 Millionen Euro und trotz guter Kühlung droht all dies in den nächsten Tagen zu verderben. Zudem macht die Firma Tag für Tag rund 100.000 Euro Verlust, solange nicht gearbeitet werden kann.

120 Arbeiter stehen vor dem Nichts

Ein entscheidender Faktor bei der Beurteilung, ob das verhängte Produktions- und Verkaufsverbot in naher Zukunft wieder aufgehoben werden kann, sind die Untersuchungsergebnisse des  Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Doch während das LGL die Presse bereits am Freitag über sieben weitere positive Proben informierte, liegt das Untersuchungsergebnis Sieber selbst noch gar nicht vor.

Wie ein Firmensprecher gegenüber der AZ bestätigte, geht es für den Traditionsbetrieb mittlerweile ums pure Überleben: "Uns steht das Wasser bis zum Hals!"

Ob Sieber in die Insolvenz gehen muss oder doch noch eine Rettung in Sicht ist, dürfte sich innerhalb der nächsten 48 Stunden entscheiden. Dann entscheidet sich auch das Schicksal der rund 60 Festangestellten und 60 über Werksverträge beschäftigten Mitarbeiter. Sie alle sind aktuell freigestellt und hoffen auf ein Happy End. Doch danach sieht es derzeit nicht aus.

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