DLRG warnt vor Stehpaddeln auf Bayerns Seen: "Tödlicher Trugschluss"
Vor den Augen seiner Eltern und seiner Schwestern ist am Wochenende ein 16-jähriges Mädchen aus Buchloe im Ammersee ertrunken. Der Polizei zufolge ist der Teenager von einem Stand-Up-Paddle ins Wasser gefallen und ertrunken.
Alle Familienmitglieder sind Nichtschwimmer
Das war am Freitagabend, am Sonntagmittag fanden Taucher den Leichnam. Einem Bericht der "SZ" zufolge, die sich auf einen Wasserretter beruft, war ein anderer Stehpaddler dem Mädchen, das mit seiner etwas älteren Schwester zusammen auf dem See unterwegs war, noch zu Hilfe gekommen. Die Ältere konnte sich am Brett des anderen Paddlers festhalten. Doch für die 16-Jährige war es zu spät. Die Eltern mussten vom Ufer aus zusehen, wie sie unterging. Die gesamte Familie konnte nicht schwimmen, heißt es.
Kein Einzelfall. Michael Förster, Sprecher der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Bayern, sagt zur AZ: "Tatsächlich fällt auf, dass seit vorletztem Jahr immer mehr Nichtschwimmer, Jugendliche und Erwachsene, mit dem Board aufs Wasser rausgehen - und bei Unfällen in Lebensgefahr geraten." Förster weiter: "Die Leute scheinen zu denken, mit dem SUP kann man tolle Sachen machen und muss nicht schwimmen können, weil man ja auf dem Wasser steht." Das sei ein "tödlicher Trugschluss".
Bereits nach kurzer Zeit führt Hirnschäden
Denn, wird er deutlich, wer als Nichtschwimmer vom Brett falle, sei innerhalb kürzester Zeit weg. Tot. Wenn nicht innerhalb von zwei, drei Minuten gezielte Hilfe komme, könne man in der Regel nur noch die Leiche suchen, sagt Förster. Innerhalb kurzer Zeit unter Wasser können sich zudem irreparable Hirnschäden entwickeln.
Ein großes Problem bei den Stehpaddlern: Sie nutzen weder die Leash, ein Seil, das den Fuß mit dem Brett verbindet, noch Schwimmwesten (siehe Tipps im Kasten rechts).
Förster vermutet: "Wer als Nichtschwimmer schon auf so ein Brett steigt, ist auch so unkundig, dass er keine Schwimmweste anlegt. Oft wird auch die Leash nicht angelegt. Dieses Sicherheitsband würde wenigstens dafür sorgen, dass man nahe am Brett bleibt, wenn man ins Wasser fällt, und sich daran dann hochziehen kann."
Immer mehr Menschen können nicht schwimmen
Generell, sagt auch Michael Förster, gibt es immer mehr erwachsene Nichtschwimmer. Dabei handle es sich oft um Menschen mit Migrationshintergrund, in deren Heimat das Schwimmenlernen nicht so üblich sei, "wie es bei uns bis vor ein paar Jahren noch war", schiebt Förster hinterher. Die DLRG macht seit mehreren Jahren auf diesen Missstand aufmerksam.
Doch Schwimmkurse für Kinder und Jugendliche sind auch hierzulande durch die Corona-Pandemie ins Stocken geraten, Wartelisten lang und länger. "Der Rückstau an Nichtschwimmern muss nun aufgeholt werden", sagte der Landesvorsitzende der Wasserwacht des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), Thomas Huber, erst im Juli beim Auftakt der Kampagne "Bayern schwimmt".
In den ersten sieben Monaten des Jahres sind mindestens 199 Menschen in deutschen Gewässern ertrunken, 86 davon in Seen.
Wassertiefe in Seen häufig nicht erkennbar
Diese bergen ein weiteres Problem im Vergleich zu glasklarem Wasser in Pool-Becken: Die Wassertiefe ist unbekannt und kann sich sehr schnell ändern. Förster sagt, wer genau hinschaue, könne die Stelle sehen, an der helles zu dunklerem Wasser wird. Oft haben Seen, besonders auch Baggerseen, einen flachen, langgezogenen Einstieg - und dann wird es sehr tief.
Die Stelle, an der die 16-Jährige im Ammersee unterging, soll etwa 15 Meter tief gewesen sein.
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