Der gelöcherte Pappkamerad von Dachau

Dachau - Anfang Oktober: Angesichts anhaltend sommerlicher Wärme und Trockenheit schien die Schwammerlsuche kaum Erfolg versprechend. Im dunklen Forst bei Kreuzholzhausen im Dachauer Hinterland gab es dann auch keine Steinpilze zu entdecken. Ganz ergebnislos war die Waldtour aber dennoch nicht.
Auf einer einsamen Lichtung stand am Waldrand eine knapp lebensgroße Pappfigur, wie sie die Bundeswehr für Schießübungen verwendet. Offensichtlich war der Pappkamerad tatsächlich schon mal unter Feuer, er wies zahlreiche Schusslöcher auf. Auf seiner Vorderseite war links unten die Typenbezeichnung "stürmender Schütze" zu lesen und auf der Rückseite der Hinweis, dass die Figur Teil einer Reserve-Übung der Bundeswehr sei. Die Figur werde am Abend abgebaut, so der Hinweis.

Pappfigur im Dachauer Hinterland gehört zu Nacht-und Orientierungsmarsch
Was hat man sich da als militärisch unbedarfter weil ungedienter Schwammerlsucher vorzustellen? Robben Reservisten durchs Unterholz, vielleicht sogar nach einem feuchtfröhlichen Kameradschaftsabend, und veranstalten Schießübungen, die im gleichen Gelände befindliche Pilzsucher und andere Waldläufer gefährden könnten?

Keinesfalls, so die gleich doppelte Antwort zuständiger Stellen auf eine Anfrage der AZ. Wie Oberstabsfeldwebel Bruno Haelke von der Pressestelle des Landeskommandos Bayern der Bundeswehr mitteilte, war der Pappkamerad im Kreuzholzhausener Forst mitnichten Objekt von Zielübungen, sondern er diente lediglich als Station, die die Teilnehmer eines beim zuständigen Landratsamt, betroffenen Gemeinden und Polizei ordnungsgemäß angemeldeten Reservistenwettkampfes im Zuge eines Nacht- und Orientierungsmarsches zu finden hatten.
Durchlöcherte Pappfigur: Doch scharf geschossen wird hier nicht
Scharfer Schusswaffengebrauch finde grundsätzlich nur auf zugelassenen Schießständen und eingefriedeten Truppenübungsplätzen der Bundeswehr mit umfangreichen Sicherheitskonzepten statt. Die Schusslöcher muss sich die für den Wettkampf zweckentfremdete Kombattantenattrappe also exklusiv dort und in der Vergangenheit zugezogen haben. Selbst wenn keine scharfen Waffen im Spiel sind, herrsche bei solchen Reservistenwettkämpfen striktes Alkoholverbot.
Die Angaben des Oberstabsfeldwebels bestätigte in einem gesonderten Schreiben Nadja Klöpping von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. aus Berlin. Ihre Stelle bedauere, dass durch die Sichtung eines durchlöcherten Pappkameraden im Wald der falsche Eindruck entstehen konnte, auf Reservistenübungen werde in öffentlich zugänglichem Gelände scharf geschossen.
Um dem künftig vorzubeugen, werde man anregen, ausgemusterte Schießscheiben der Bundeswehr nicht mehr für Reservistenübungen zu zweckentfremden oder sie zumindest mit einer entwarnenden Kennzeichnung zu versehen.