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Umkämpfter Stimmkreis bei der Landtagswahl: Fällt Giesing zurück an die CSU?

Ein Minister, ein Spitzenkandidat und eine Grüne, die letztes Mal Platz 1 erobern konnte: Warum es bei der Landtagswahl im Stimmkreis Giesing knapp werden könnte.
von  Felix Müller
Andreas Lorenz (CSU).
Andreas Lorenz (CSU). © CSU

München - Giesing ist immer für eine Überraschung gut. Das gilt, wenn man an alten, eher tristen Arbeiterwohnblocks entlangläuft und plötzlich vor einer jungen Szenebar steht. Oder: Wenn bei einer Landtagswahl eine grüne Frau haushoch den ersten Platz gewinnt.

So 2018, damals eine der vielen kleinen grünen Sensationen. Denn Giesing ist nicht der Gärtnerplatz (und das finden in Giesing fast alle sehr gut so!), hier geht es in vielen Ecken noch recht bodenständig zu, was auch für die nicht-giesingerischen Teile des Stimmkreises Giesing gilt. Denn auch in Fürstenried oder Sendling gehört man zum Stimmkreis (und auch im geldigen Solln).

Gülseren Demirel holte 2018 für die Grünen die meisten Stimmen in Giesing

Gülseren Demirel, zuvor Grünen-Chefin im Rathaus, war es, der damals der Coup gelang. Sie tritt erneut an, ebenso wie Florian von Brunn, der bayerische Spitzenkandidat der SPD, Kultusminister Michael Piazolo von den Freien Wählern und Andreas Lorenz, der 2018 überraschend aus dem Landtag flog (2022 aber nachrückte).

Gülseren Demirel (Die Grünen) gewann 2018 im Stimmkreis Giesing.
Gülseren Demirel (Die Grünen) gewann 2018 im Stimmkreis Giesing. © Stephan Rumpf

Titelverteidigerin Demirel müsse die Konkurrenz "nicht schrecken", versicherte kürzlich die "Süddeutsche Zeitung". Abwarten. Denn wer sich in der örtlichen Politik umhört, bekommt den Eindruck, dass der erste Platz für Demirel keine gmahde Wiesn ist.

Sie selbst drückt es im Gespräch so aus, dass der Ton auf der Straße rau geworden sei, der Wahlkampf als Grüne der anstrengendste seit Jahrzehnten. Lorenz, der CSU-Mann, frohlockt: "Ich spüre, dass die Situation eine andere ist als vor fünf Jahren, wir haben deutlich mehr Zustimmung."

CSU-Mann Andreas Lorenz schlägt gegenüber seinen Konkurrenten einen rauen Ton an

Den rauesten Ton unter den Kandidaten setzt Lorenz. Das zeigt sich, wenn sich die Kontrahenten auf Podien treffen. Es zeigt sich aber auch beim Kandidaten-Rundruf der AZ. Lorenz verweist darauf, dass Demirel doch gar nicht im Stimmkreis wohne, er selbst aber seit 46 Jahren.

Und von Brunn? "Er hat nie kommunalpolitische Verantwortung getragen", ätzt Lorenz. "Man merkt total, dass ihm diese praktischen Erfahrungen fehlen. Er ist ein begnadeter linkspopulistischer Oppositionspolitiker ohne Erfahrungen in einem öffentlichen Amt."

Andreas Lorenz (CSU).
Andreas Lorenz (CSU). © CSU

Lorenz versucht in diesem Wahlkampf, den Bogen zu schlagen von Berlin bis in den Stimmkreis. "Die Leute sind langsam genervt von der Art, wie die Grünen Politik machen", sagt er dann zum Beispiel.

"Das fängt beim Heizungsgesetz an und hört in der St.-Magnusstraße in Harlaching auf, wo eine funktionierende zweispurige Straße zurückgebaut werden soll – einfach nur aus ideologischen Gründen!" Die Grünen vor Ort versuchen hingegen, die Verkehrswende als ein positives Projekt zu verkaufen, Demirel unterstützt etwa einen S-Bahn-Halt an der Großhesseloher Brücke.

Michael Piazolo ist gegen den Hochhausbau in Thalkirchen

Qua Amt wird Kultusminister Michael Piazolo im Stimmkreis viel auf die Schulpolitik angesprochen. Auch er versucht aber Themen zu setzen, mit denen er als Landtagsabgeordneter vor Ort verbunden werden will.

Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sieht in Giesing viel Zuspruch für seine Partei.
Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sieht in Giesing viel Zuspruch für seine Partei. © Peter Kneffel/dpa/Archivbild

Zum Beispiel dieses: "Ich stelle mich gegen den Hochhausbau direkt an der Isar in Thalkirchen!" Piazolo sagt, dieses Mal gebe es für die Freien Wähler auch in der Großstadt viel Zuspruch. So habe man zum Dieselfahrverbot (das man komplett ablehnt) und zur Erbschaftssteuer (die man auch komplett ablehnt) große Veranstaltungen gehabt.

Spitzenkandidat Florian von Brunn ist in seinem Stimmkreis auf sehr, sehr vielen Plakaten zu sehen. Von Brunn ist Untersendlinger und sieht in seinem direkten Umfeld, was ins Rutschen kommt, wenn die Mieten immer mehr steigen – und Spekulanten unbebaute Grundstücke einfach vor sich hinmodern lassen.

Der Sendlinger Florian von Brunn in seinem Viertel am Gotzinger Platz. Die Gegend gehört auch zum Stimmkreis Giesing, in dem er wieder antritt.
Der Sendlinger Florian von Brunn in seinem Viertel am Gotzinger Platz. Die Gegend gehört auch zum Stimmkreis Giesing, in dem er wieder antritt. © Sigi Müller

"Faire Mieten und bezahlbare Wohnungen", seien in München die zentralen Themen, sagt er. Allzu optimistisch, den Stimmkreis zu gewinnen, klingt von Brunn nicht. "Es wäre natürlich toll, die Nummer 1 zu werden", sagt er.

Florian von Brunn teilt gegen Andreas Lorenz aus: "Er schimpft einfach nur"

Deutlich klarer mit der Spitzenposition rechnet Andreas Lorenz, der angriffslustige CSU-Kandidat, der der Konkurrenz gehörig auf den Wecker geht. "Lösungsvorschläge habe ich von ihm bisher nicht gehört", sagt von Brunn. "Lorenz hat kein einziges landespolitisches Thema", sagt Demirel. "Er schimpft einfach nur." Wer die Giesinger dieses Mal am meisten überzeugt, zeigt sich dann am 8. Oktober.

Weitere Kandidaten sind Julika Sandt (FDP), Uli Henkel (AfD), Georg Weiß (Bayernpartei), Franz Halsbeck (Linke/Mut/Urbane), Verena Miriam Hamm (ÖDP).

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