"Bitte kein Bullshit-Bingo": Diese Regierung wünschen sich Münchner

München - Am Sonntag wird der neue Bundestag gewählt – und allem Anschein nach ein neuer Kanzler. Offen ist, mit wem er dann eine Regierung bildet. Kommt erneut eine GroKo, eine Deutschland- oder eine Kenia-Koalition? Während diese Frage noch auf ihre Beantwortung wartet, haben viele Menschen bereits Wünsche an das neue Bündnis. Die AZ hat sich bei Münchnerinnen und Münchnern umgehört.
Erwartungen von Münchnern zur Bundestagswahl: Philipp, Student (21): "Klimaschutz ist das Wichtigste"

"Von der neuen Regierung erhoffe ich mir vor allem, dass sie handlungsfähig ist – und Gesetze schnell durchbringt, die dringend anstehen. Dazu gehören etwa Bürokratieabbau und Klimaschutz. Egal, wer die Regierung am Ende stellt oder wer mit wem koaliert: Mir ist am wichtigsten, dass es schnell vorangeht – und dass es keine Parteien gibt, die bewusst versuchen, diesen Fortschritt auszubremsen. Ich wähle die Grünen, weil ich erstens ihren Kanzlerkandidaten Robert Habeck am besten von allen finde, und weil mir der Klimaschutz am wichtigsten ist. Die Grünen sind die einzige große Partei, die in dieser Hinsicht gute Vorschläge und weitreichende Lösungen hat."
Brigitte Meier, Unternehmerin: "Schluss mit Steuerverschwendung"

"Es wurde in meinen Augen in den vergangenen Zeiten zu sehr gewünscht. Ich sage nicht, ich wünsche, sondern ich fordere. Ich fordere, dass die neue Regierung alles dafür tun muss, dass die Wirtschaft in Schwung kommt. Denn nur mit einer florierenden Wirtschaft können wir soziale Verpflichtungen – wenn diese nicht überbordend sind – übernehmen. Ich fordere, dass die Regierung alles einleitet, damit nicht noch mehr Arbeitsplätze aus Deutschland verschwinden und dass nicht noch mehr Unternehmen abwandern oder gar pleite gehen. Und dann fordere ich, dass vor allem für die Arbeitnehmer Steuern und Abgaben gesenkt werden, und dass die Steuerverschwendung endlich aufhört. Die Koalitionen, die sich jetzt abzeichnen – da habe ich echt Angst, dass wir vom Regen in die Traufe kommen."
Verena Helbing (42), Coachin: "Bitte kein Bullshit-Bingo"

"Ich hoffe, dass die neue Regierung ihre Aufgabe ernst nimmt – und wirklich das macht, was zu tun ist. Und zwar nicht nur irgendwelches parteipolitisches Bullshit-Bingo spielt. Es ist zu hoffen, dass sie ihre Egos hinten anstellen – und sich den Sachen widmen, die einfach wichtig sind. Dabei denke ich an Bildungspolitik, an die Klimakrise und daran, dass vieles teurer wird. Ich denke auch an Altersarmut, Integration und Außenpolitik. In der Politik geht es nicht darum, anderen nach dem Mund zu reden, hat mal ein Politiker aus früheren Zeiten gesagt. Man sollte demnach nicht einfach das machen, was gerade populär ist. Vielmehr geht es darum, dass man das Richtige macht – und dann dafür sorgt, dass es populär wird."
Moritz Martin (37), Koch: "Redet mehr miteinander"

"Das Wichtigste ist mir, dass wir keine Rechten wählen. Ich habe zwei Kinder und wünsche mir, dass sie nicht in einem rechten oder gar faschistischen Staat aufwachsen. Freiheit wünsche ich mir für meine Kinder – und dass sie so lieben und leben können, wie sie das gerne möchten. Ich werde die Linke wählen. Das sind die Einzigen, die sich klar gegen den Rechtsruck aussprechen. Mein Wunsch ist an die Politik generell: Redet mehr miteinander."
Elisabeth Bruckböck (69), Rentnerin: "Man muss bald Angst haben"

"Von der neuen Regierung erhoffe ich mir, dass die Vertrauensbasis besser wird, die Migration beschränkt wird und das Bürgergeld sich ändert. Wir brauchen mehr Recht und Ordnung. Bürgergeld sollten nur noch diejenigen bekommen, die eine Behinderung haben und wirklich an der Armutsgrenze sind. Und dass denen, die arbeiten können und es nicht machen – dass bei denen das Geld gestrichen wird. Straffällig gewordene Migranten sollten zurückgeführt werden in ihr Heimatland. Man traut sich kaum noch auf die Straße raus, man muss schon bald Angst haben um sein eigenes Leben. Da bleibt einem meiner Meinung nach nichts anderes übrig, als CDU/CSU zu wählen."
Nicolas Inzelmann (31), Unternehmer: "Die Verantwortung liegt bei uns"
"Ich erhoffe mir mehr EU, Kooperationsbereitschaft, Kommunikationsstärke und den Mut, nachhaltige Initiativen auf den Weg zu bringen, die Wirtschaft und Umwelt priorisieren. Dabei sehe ich als Start-up-Gründer dringenden Handlungsbedarf, um zukunftsfähige Geschäftsmodelle zu stärken. Während ich die aktuelle Migrationsdebatte zwar für wichtig halte, wünsche ich mir insbesondere bei diesem Thema mehr Verhältnismäßigkeit. Per Briefwahl habe ich bereits eine Stimme für die Grünen und eine für die FDP gegeben, bin aber jedem Politiker dankbar, der sich für unsere Demokratie einsetzt. Wünsche zu äußern, ist leicht. Doch die Verantwortung liegt bei uns allen."

Martin Wiedmann (69), Rentner: "Das muss man ernst nehmen"
"Ich bin weiterhin für Migration – nur sehe ich, dass es ein quantitatives Problem gibt. Man sollte ein positives Menschenbild haben, aber wir müssen auch schauen, wie viele wir integrieren können. Wenn es nicht funktioniert, bringt das rechtsgerichtete Parteien nach vorne. Es gibt schon Landkreise und Kommunen, die am Rande sind. Das muss man ernst nehmen. Ich werde wahrscheinlich die SPD wählen, wobei ich der Meinung bin, dass die Grünen vom Prinzip her die wichtigen Fragen stellen. Umweltschutz ist langfristig gesehen das größere Problem als Migration."

Inga Tränker (74), Künstlerin: "Power wie Donald Trump"
"Ich wünsche mir von Herzen Frieden und Liebe. Und das heißt, andere so zu akzeptieren, wie sie sind – auch wenn es eine andere Meinung ist, die man selbst hat. Seit Corona ist meiner Meinung nach alles ganz furchtbar. Sahra Wagenknecht mit ihrem Bündnis finde ich ganz gut. Aber die Alice Weidel von der AfD hat mehr Power genau wie der Donald Trump. Wir rutschen so weit runter. Das macht große Angst. Trump finde ich sehr gut, weil er setzt um."

Patrick Broome, Psychologe und Yogalehrer: "Grundlegende Werte sollten der Kompass sein"
"Ich wünsche mir, dass jene Parteien, welche am Sonntag gewählt werden, sich rückbesinnen auf die grundlegenden Werte des menschlichen Zusammenlebens. Diese Werte sollten Kompass sein, an dem sich politisches Handeln ausrichtet. Gerade in einer vielfältigen Gesellschaft, wie wir sie nun mal haben, brauchen wir ein friedliches Miteinander, ein stabiles Fundament geteilter Grundwerte. Dazu gehören für mich Freiheit und Gerechtigkeit, Respekt und Anerkennung, Toleranz, Offenheit, Friedfertigkeit und Menschlichkeit, Eine Demokratie ist für mich nicht nur eine Art von Regierung, es ist vielmehr eine Art des Umgangs miteinander. und ich wünsche es mir so sehr, dass wir alle wieder zu einem Miteinander zurückfinden, um die wichtigen Themen der Zukunft gemeinsam anzugehen."

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