Ulrich Pfaffmann: Arbeitersohn neuer Chef der Münchner SPD

Er ist Münchens neuer SPD-Chef: Landtagsabgeordneter Ulrich Pfaffmann (53) bekam auf dem Parteitag fast 70 Prozent der Stimmen. Was Münchens oberster Roter denkt, was er plant - das AZ-Interview.
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Ulrich Pfaffmann: Ein Münchner SPD-Gewächs, das die Ochsentour nie gescheut hat.
Petra Schramek Ulrich Pfaffmann: Ein Münchner SPD-Gewächs, das die Ochsentour nie gescheut hat.

MÜNCHEN - Er ist Münchens neuer SPD-Chef: Landtagsabgeordneter Ulrich Pfaffmann (53) bekam auf dem Parteitag fast 70 Prozent der Stimmen. Was Münchens oberster Roter denkt, was er plant - das AZ-Interview.

„Ich habe ein besseres Ergebnis gehabt, als Ude bei der Wiederwahl zum OB“, frotzelte Uli Pfaffmann und atmete erleichtert auf: Mit 69,83 Prozent hatte ihn am Samstag der Parteitag zum neuen Vorsitzenden der Münchner SPD gewählt. Für SPD-Verhältnisse in München ein guter Start. „Die anderen werde ich in den nächsten Jahren auch überzeugen.“

Davor hatten die Delegierten mit drei Minuten stehenden Ovationen Franz Maget als Chef verabschiedet: Zwölf Jahre hatte er den Unterbezirk geführt. Ein Rekord. „Die Latte liegt hoch“, hatte Pfaffmann deshalb gemeint: „Aber ich habe das nicht eine Minute überlegt, als mich Franz gefragt hat.“

„Ich gehe nicht in den Ruhestand. Niemand muss das befürchten und niemand darf das hoffen!“ sagte Maget. Dennoch musste er zum Abschied Kritik einstecken. Sympathieträger hin oder her. Er habe zu eng mit Christian Ude zusammengearbeitet, und die Basis habe zu wenig erfahren.

Die SPD-Mitglieder wollen wieder mitdiskutieren

Maget verteidigte sich: Die enge Zusammenarbeit mit OB Ude sei „ein Teil der Erfolgsgeschichte der SPD“. „Ich habe Zeiten erlebt, wo die Streitkultur zwischen Rathaus und Partei gepflegt wurde, was darin mündete, dass die SPD ihren OB nicht wählte und die CSU ihren einzigen OB bekam.“

Dennoch traten Kritiker auf. „Es war mir der Friedhofsruhe zuviel“, sagte Hans Bojer. „Wir haben ein Defizit an Themen, die sozialdemokratisch besetzt sind“, meinte Stadträtin Ingrid Anker. Schatzmeister Volker Rastätter erklärte mit Blick auf Pfaffmann: „Es wird ein wesentlich kollegialeres Verhältnis geben, weil er teilen und delegieren kann.“

Dann hörten selbst die Pfaffmann-Gegner still zu, wie sich der Neue empfahl. Als einer, der die sozialdemokratischen Nöte kennt, den roten Ärger über die Grünen, und den Frust der Basis über „die da oben“ – im Rathaus und in der Zentrale am Oberanger.

Mit Fleiß von ganz unten nach ganz oben

Er ist einer, der die Ochsentour hinter sich hat. „Mein Vater war Eisenbahner und meine Mutter Näherin.“ So eine Arbeiterherkunft haben nicht viele – „da oben“. Und der Krankenpfleger „Uli“ hat sich hochgearbeitet: vom Schriftführer zum Gesundheits-Stadtrat, dann zum Landtagsabgeordneten und cleveren Wahlkampfmanager. Da macht man sich nicht nur Freunde. Doch auch mit Anzug und Krawatte spricht er ihre Sprache.

Beim Hohen Lied auf die Rathauspolitik zeigte Pfaffmann, dass er sich auskennt. Dabei stellte er mit seinen Seitenhieben auf die Grünen sozialdemokratisches Selbstbewusstsein wieder her: „Ich sage den Grünen – wir haben eine eigene Meinung. Wir lassen uns unsere sozialdemokratischen Überzeugungen nicht abkaufen.“ Er attackierte sie wegen ihrer Opposition zur 2. Stammstrecke und der Olympiabewerbung. „Wer so in der Öffentlichkeit agiert, der gefährdet die Projekte.“ Auch zu Maget ging er auf Distanz: „Ich wünsche mir eine größere Transparenz der Entscheidungen und mehr Diskussionen.“

Seine Stellvertreter sind Claudia Tausend (90 Prozent), Roland Fischer (80 Prozent) und Brigitte Meier (magere 63Prozent).

Willi Bock

Das Interview: Raus aus den Hinterzimmern

AZ: Herr Pfaffmann, mit ihrer Antrittsrede haben Sie sich auch als OB-Kandidat empfohlen. Machen Sie es?

ULRICH PFAFFMANN: „Das weiß ich nicht, Ich habe mit Christian Ude noch nicht darüber gesprochen.“

Glauben Sie das selber?

Personalentscheidungen treffen wir erst nach der Bundestagswahl. Diese Frage ist noch nicht diskutiert worden. Aber es wird eine meiner ersten Aufgaben sein, das zu regeln. Da werden wir uns weder drängeln noch beeinflussen lassen.

Wie werden Sie denn die Münchner SPD beeinflussen?

Bei wichtigen Entscheidungen müssen die Ortsverbände stärker als bisher beteiligt werden. Ich wünsche mir eine größere Transparenz [/INTERV-TEXT]der Ent[INTERV-TEXT]scheidungen und viel mehr Diskussionen. Die Münchner SPD hat das gute Recht, mitzudiskutieren und zu erfahren, wie Entscheidungen zustande kommen.

Doch im Parteirat versucht man, über Satzungsfragen Änderungen zu finden.

Ich mache lieber nach außen Politik, als mich nach innen über Satzungsfeinheiten zu unterhalten.

Das heißt?

Wir müssen den Wählern vernünftig erklären, wofür wir stehen, wir müssen dazu aus den Hinterzimmern heraus zu den Menschen gehen. Dafür bekommt man Kritik, aber so wird wieder diskutiert. Das müssen wir verbessern, denn nur so wird die SPD ihr Profil schärfen können.

Was ist ihre zentraler Wunsch?

Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass es Armut bei Kindern gibt, und es kann nicht sein, dass Münchner die Miete nicht bezahlen können. wbo

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