Ukrainische Flüchtlingsfamilie bangt in München um OP für Sohn

München - An diesem nasskalten Tag warten Alena Alimov und ihr Sohn Egor vor dem Gate 15 der Messehalle C6 darauf, auszuchecken. Die Auffangstation für ukrainische Flüchtlinge an der Messe Riem wird streng bewacht. Hinein dürfen nur Helfer und Geflüchtete. Jeder, der das Gelände verlässt, muss sich abmelden. Pressevertreter dürfen die Halle nicht betreten.
Egor, zehn Jahre alt, wird von seiner Mutter an der Hand geführt. Sein rechtes Auge zeigt leicht nach außen, der Blick ist diffus. Man erkennt deutlich, dass er sehr schlecht sehen kann. Er trägt Turnschuhe, einen grüngelben Anorak, darunter einen schwarzen Hoodie. Helle Haut und rotbraune Haare, so wie die seiner Mutter.
Aus der Ukraine drei Tage auf der Flucht nach Deutschland
Alena Alimov ist mit ihren beiden Söhnen alleine nach Deutschland geflüchtet, erst über die Grenze nach Polen, dann mit dem Zug bis nach Berlin, wie sie erzählt. Von dort aus wurde die Familie nach München in die Messehalle gebracht.

Gleb, Egors großer Bruder, ist nicht mit ans Gate gekommen, er ist 13 Jahre alt. Drei Tage lang habe die Flucht gedauert, sagt Alena Alimov auf Russisch. Zwei junge geflüchtete Männer helfen mit der Übersetzung ins Englische.
Alenas Mann Valeryi Alimov musste in der Heimat bleiben. Über E-Mails kann er mit der AZ phasenweise kommunizieren und Fragen beantworten, allerdings nur mit Hilfe von Google Translator. Das Internet sei nicht stabil, schreibt er vormittags. Er mache sich große Sorgen um den Zustand seines Sohnes. Egor brauche dringend eine Augen-OP und er hoffe auf die deutsche Medizin. Am Nachmittag antwortet er dann nicht mehr, auch nicht am nächsten Tag.
Stadt München für medizinische Leistungen der Flüchtlinge zuständig
In der Messehalle kümmert sich die Aicher Ambulanz um die medizinische Versorgung der untergebrachten Menschen. Außerdem hat die Stadt vor einigen Tagen einen mobilen ärztlichen Dienst eingerichtet, der regelmäßig Sprechstunden in der Messehalle und in anderen Unterkünften anbietet.
Laut Auskunft des bayerischen Innenministeriums haben geflüchtete Menschen aus der Ukraine Anspruch auf eine allgemeine medizinische Versorgung, sobald sie ein Schutzgesuch äußern. Quartalsweise werde ihnen ein Behandlungsschein ausgestellt, mit dem sie zu niedergelassenen Ärzten gehen können. Auch ein Zugang zu stationären Behandlungen sei möglich. Zuständig für die Gewährung dieser Leistungen ist in diesem Fall die Stadt München.
Der größte Wunsch der Familie Alimov ist die Rückkehr in die Heimat
Die Familie ist seit dem 16. März in der Auffangstation. Eine feste Aussicht auf eine Behandlung ihres Sohnes im Krankenhaus habe sie noch nicht, so Alena Alimov. Das sei ihr im Moment das wichtigste Anliegen, denn Egor müsse bis spätestens im Mai operiert werden. Ein Arzt in der Ukraine habe ihnen das vor dem Krieg gesagt. Welche Ursache die Sehschwierigkeiten von Egor haben, lässt sich wegen der sprachlichen Hindernisse nicht herausfinden. Nur, dass er schon seit 2017 an den Augenproblemen leidet.
Alimov hofft auf die OP. Sie suche auch dringend eine Unterkunft und sie wolle gerne sofort arbeiten. Am meisten aber wünsche sie sich, wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können. Egor Alimov blickt seine Mutter traurig an. Er vermisse seinen Vater unheimlich, auch die Schule und seine Freunde, übersetzt der freiwillige Dolmetscher.
Beim Abschied bedankt sich Alena Alimov. Für die Hilfsbereitschaft der Menschen in Deutschland, für die Aufnahme und Unterstützung. Dann nimmt sie ihren Sohn an der Hand und führt ihn wieder zurück zum Check-in. Zurück in die Halle, in der sie und ihr Sohn hoffentlich nicht mehr lange bleiben müssen.