Übertritt wird bald gelenkig

In der Debatte um den Übertritt gibt es ein neues Konzept. Das neue Zauberwort: Gelenkklassen. Im fünften Schuljahr soll geprüft werden, ob die Kinder in ihrer Schulform richtig sind.
von  Abendzeitung
Viertklässler im Unterricht: In Zukunft soll in der  fünften Klasse  nochmal geprüft werden, ob die Kinder in der richtigen Schulform sind.
Viertklässler im Unterricht: In Zukunft soll in der fünften Klasse nochmal geprüft werden, ob die Kinder in der richtigen Schulform sind. © dpa

MÜNCHEN - In der Debatte um den Übertritt gibt es ein neues Konzept. Das neue Zauberwort: Gelenkklassen. Im fünften Schuljahr soll geprüft werden, ob die Kinder in ihrer Schulform richtig sind.

2,33 – Schüler, Eltern und Lehrer stöhnen über diese magische Zahl: Die Mindestnote für den Übertritt auf eine Realschule oder ein Gymnasium nach der 4. Klasse. Jetzt sind „Gelenkklassen“ im 5. Schuljahr das Zauberwort, mit dem das starre System reformiert werden soll. „Wir wollen, dass der Schulartwechsel auch an anderen Stellen möglich ist“, so Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU). Bisher gibt es in Bayern nur die starre Form: Schüler wechseln nach der 4. Klasse auf eine Realschule oder ein Gymnasium. Dafür brauchen sie einen Notenschnitt von mindestens 2,33. Wenn ein Kind dennoch wechseln will, muss es in eine mehrtägige Prüfung.

Mit den neuen „Gelenkklassen“ soll die umstrittene Regelung aufgeweicht werden. Der Übertritt müsse „kind- und begabungsgerecht“ verändert werden, meint Spaenle: „Als Vater einer jetzt zwölfjährigen Gymnasiastin weiß ich selbst, wie man sich da fühlt.“

Das Konzept wird noch bis Jahresende entworfen, fest steht der Rahmen: In allen Schularten wird die 5. Stufe zur Gelenkklasse. Hier wird geprüft, ob das Kind in der Schulform richtig ist oder ob es besser wechselt. Dabei soll der Wille der Eltern deutlich stärker berücksichtigt werden. Mit dem Dogma „2,33“ war dieser verdrängt worden.

Vollkommen offen ist, ob die Lehrpläne geändert werden müssen, damit die Schüler der drei Schularten auf dem gleichen Niveau unterrichtet werden. Offen ist auch, ob bereits nach der 4. Klasse mehr der Elternwille als die Übertrittsnote von 2,33 zählt.

Von der SPD gibt es scharfe Kritik für die Gelenkklassen

„Hier wird auf dem Rücken der Kinder experimentiert“, meint der SPD-Bildungsexperte Ulrich Pfaffmann, „da gibt es noch viele Fragen.“ Dann könne man gleich die Grundschulzeit auf fünf Jahre verlängern und sie als Orientierungsstufe organisieren.

Künftig sollen Schüler und Eltern eine Schullaufbahnberatung bekommen. Die hätte einst auch Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) gebraucht. Sie war nach der Vierten Klassenbeste, doch die Eltern aus kleinen Verhältnissen hatten nicht daran gedacht, sie aufs Gymnasium zu schicken. Der Lehrer hat dann nachgeholfen.

Willi Bock

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