Über 27 Stufen in die Zukunft: Airbus stellt neues Flugzeug vor

Darf man noch ohne Flugscham in einen Flieger steigen? In München präsentiert der Hersteller Airbus ein Flugzeug, das das Gewissen beruhigen soll – zumindest ein wenig.
von  Hüseyin Ince
Das Test- und Präsentationsflugzeug A350X.
Das Test- und Präsentationsflugzeug A350X. © Daniel von Loeper

München - Mitten auf so einem Rollfeld für Flugzeuge ist man nicht alle Tage. Airbus hat am Donnerstag hierher eingeladen, am Münchner General Aviation Terminal, um das Fluggefühl der Zukunft zu präsentieren. Es fühlt sich wirklich so an, als ob man gleich wegfliegen wird. Auch die Sicherheitskontrollen sind so, als ob man gleich einen Kurzurlaub in der Karibik antritt.

Als dann der Bus vor dem Test- und Präsentationsflugzeug anrollt, ist das schon ziemlich imposant, vor diesen etwa vier Meter hohen Turbinen des A350X zu stehen. Dieses Modell wurde geboren als Testflugzeug. Der zweite A350, der je gebaut wurde. Nun fliegt er durch die Welt, um den Kaufinteressenten zu zeigen, wie so eine First-Class-Passagierkabine der Zukunft aussehen könnte. 27 Stufen führen dort hinauf. Und Ingo Wuggetzer, Vize-Marketingchef bei Airbus schießt gleich los.

Sitzeinheiten der First Class: wie eine offene Muschel, in die man sich hineindreht.
Sitzeinheiten der First Class: wie eine offene Muschel, in die man sich hineindreht. © Daniel von Loeper

CO2-Ausstoß im Flugverkehr weltweit bei 3%

Das mit dem CO2-Ausstoß ordnet er ein: Was denn die Journalisten schätzen, möchte er wissen, wie viel CO2-Ausstoß der Flugverkehr weltweit anteilig hat. Etwa zwei bis drei Prozent, sagt Wuggetzer. Das relativiert sich natürlich ein wenig, wenn man bedenkt, dass in dieser Rechnung der gesamte CO2-Ausstoß von Industrie, Landwirtschaft, und Mobilität mit einberechnet ist - weltweit.

Außerdem tue Airbus sehr viel dafür, dass sich diese Bilanz verbessere, sagt Wuggetzer, wie mit grünem Wasserstoff, der irgendwann getankt werden könnte. Vor allem das Gewicht der Flieger sei im Fokus, um den Treibstoffverbrauch zu senken. Er zeigt auf die Bildschirme. Geplant sei, dass der größte Teil aus OLED bestehe. "Die wiegen nur einen Bruchteil", sagt Wuggetzer.

Auch das Gewicht der Sitze spiele eine Rolle. "Früher, vor 20 Jahren, hat so ein Flugzeugsitz 17, 18 oder 19 Kilo gewogen. Heute sind das etwa sieben oder acht Kilogramm pro Sitz", sagt Wuggetzer, "und jetzt rechnen Sie das mal 100, 200, oder 300 Plätze", sagt der Pressesprecher.

Marketing-Vizechef bei Airbus: Ingo Wuggetzer.
Marketing-Vizechef bei Airbus: Ingo Wuggetzer. © Daniel von Loeper

Komfortable Sitze und personalisiertes Entertainment

In so einem Präsentationsobjekt wirkt natürlich alles sehr edel in der First Class. Muss es ja. Die Sitzeinheiten sehen aus wie offene Muscheln, in die man sich halb hineindreht. Und sitzt man einmal drin, fühlt es sich an wie ein Wohnzimmerchen. Ein seitlich ausklappbarer Tisch, gar nicht mal so klein, ein Bildschirm, und natürlich ein Entertainment-Programm, das die Stunden auf eine Langstrecke nur so davon fliegen lässt.

Das alles werde man in Zukunft auch personalisieren können. Das System könne sich dem Passagier anpassen. Das beginnt bei der Sitzeinstellung, die man per eigenem Smartphone einstellen kann und endet bei der Entertainment-Auswahl, die sich anschmiegt.

Sensoren in der Flugkabine: alles per Smartphone steuerbar

Sensoren spielen eine wichtige Rolle in einer Science-Fiction-Kabine, die es ab 2024 schon geben soll. Diese Sensoren seien überall angebracht, so der Pressesprecher sogar eben an den Sitzen. Das habe bei Start und Landung den Vorteil, dass die Crew-Mitglieder auf ihrem Tablet sehen können, ob auch wirklich alle Tische eingeklappt sind, alle Rückenlehnen senkrecht und alle Passagiere angeschnallt. Wäre das nicht so, würde natürlich wie üblich eine freundliche Aufforderung folgen. Nur die Crew müsste eben nicht jeden einzelnen Sitz kontrollieren, sondern sieht's auf dem Tablet, in roter Farbe.

Auch bei den Sonnenblenden tut sich einiges. Sie werden bei Airbus ab 2024 fein dosierbar dunkler oder heller gestellt werden können vom Passagier selbst, auf Knopfdruck, um nicht nur zwei Varianten zu haben: nämlich offen oder geschlossen. "Aber das letzte Wort hat die Crew", sagt Wuggetzer. Es werde zentral steuerbar sein, damit sie eben bei Start und Landung offen sind.

Die Crew sieht auf dem Tablet, wo die Sitze noch nicht aufrecht sind, um zu landen.
Die Crew sieht auf dem Tablet, wo die Sitze noch nicht aufrecht sind, um zu landen. © Daniel von Loeper

Stimmungsvolles Ambiente und Wifi im Flieger

Es wird viel experimentiert bei Airbus. Auch mit Beamern. Sie können verschiedenste Ambiente an die Seitenwände projizieren. Sternenhimmel, Sonnenaufgang, Sonnenuntergang, oder auch: Namen und Bilder der Crew-Mitglieder von Pilot, über Copilot, bis hin zur Crew in den Gängen.

Airbus habe auch begonnen, seine Flieger mit Internet-Antennen auszustatten. Ob das heiße, dass Flugzeuge der Zukunft standardmäßig Internet haben werden? Selbstverständlich, antwortet der Marketing-Vize. Er erzählt von seinen Kindern. "Die halten es kaum eine Minute ohne Internet aus, natürlich auch nicht in der Luft", sagt er.

Beamer können Willkommensgrüße, Sternenhimmel, Sonnenaufgang oder auch -untergang projizieren. Das LED-Licht sorgt laut Airbus für deutlich weniger Jetlag.
Beamer können Willkommensgrüße, Sternenhimmel, Sonnenaufgang oder auch -untergang projizieren. Das LED-Licht sorgt laut Airbus für deutlich weniger Jetlag. © Daniel von Loeper

Recycling alter Flugzeuge

Nachhaltigkeit sei ein großes Thema bei Airbus. Schon heute, so der Marketing-Vize, könne man 90 Prozent der Flugzeuge nach etwa 20 bis 30 Jahren Lebensdauer recyceln. Da seien sehr viele nachhaltige Materialien im Spiel.

Man wolle den Passagieren künftig auch viel erklären. Zum Beispiel anhand von kleinen Waschzetteln an den Sitzen, die darauf hinweisen, dass die Oberflächen antibakteriell sind. Das gebe den Leuten ein gutes Gefühl, gerade in Zeiten von Pandemien.

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