Udes Angst vor den Ärzten

Die CSU lädt Chefärzte des Stadt-Klinikums zum Gespräch. Vor dem Treffen erhalten sie einen Brief vom OB – und kaum einer kommt. Das Schreiben von OB Christian Ude hatte offenbar einschüchternde Wirkung. Die Christsozialen sprechen von einem "Maulkorb".
von  Abendzeitung
Christian Ude (63), Münchner OB: Ich halte es spätestens seit Tschernobyl für das Gebot, auszusteigen. Der erste Schritt muss sein, alte Meiler stillzulegen, der nächste, dass man am Ausstieg festhält und den Druck erhöht, erneuerbare Energien auszubauen. München zeigt, dass es geht.
Christian Ude (63), Münchner OB: Ich halte es spätestens seit Tschernobyl für das Gebot, auszusteigen. Der erste Schritt muss sein, alte Meiler stillzulegen, der nächste, dass man am Ausstieg festhält und den Druck erhöht, erneuerbare Energien auszubauen. München zeigt, dass es geht. © dpa

Die CSU lädt Chefärzte des Stadt-Klinikums zum Gespräch. Vor dem Treffen erhalten sie einen Brief vom OB – und kaum einer kommt. Das Schreiben von OB Christian Ude hatte offenbar einschüchternde Wirkung. Die Christsozialen sprechen von einem "Maulkorb".

MÜNCHEN Die CSU rief – und kaum jemand kam. An 70 Chefärzte des Städtischen Klinikums hatte die Stadtratsfraktion eine Einladung zum Gespräch verschickt. Die Christsozialen wollten mit ihnen über den Klinik-Skandal sprechen. Es sollte um die Aufarbeitung gehen und Weichenstellungen für die Zukunft.

Doch nur vier Ärzte nahmen an dem Treffen vorige Woche teil. Dabei waren bei einer ähnlichen Veranstaltung vor ein paar Jahren zwischen 20 und 30 von ihnen gekommen. Nicht ganz unschuldig an der geringen Beteiligung könnte auch ein Brief gewesen sein, der die Chefärzte vor dem CSU-Termin erreichte. Ein Schreiben von OB Christian Ude, das offenbar einschüchternde Wirkung hatte.

„Einige sind wie die Schlange vorm Kaninchen gewesen nach dem OB-Brief und haben sich nicht getraut, hinzugehen“, sagt ein Chefarzt, der anonym bleiben möchte, zur AZ. Dabei fängt das Schreiben, das ihn per Mail erreichte, unverfänglich an: Es sei das selbstverständliche Recht einer Ratsfraktion, Teile der städtischen Belegschaft zum Gespräch einzuladen. Und umgekehrt sei es auch das Recht der Mitarbeiter, sich an Stadträte zu wenden.

Danach rückt der OB mit seinem Anliegen heraus: „Bereits gemachte Erfahrungen sollten aber schon berücksichtigt werden.“ Er beruft sich auf eine CSU-Pressekonferenz, bei der im August auch von einem verunreinigten Meißel im Schwabinger Krankenhaus berichtet wurde. Die AZ titelte: „Noch mehr Dreck in den Kliniken.“

Das war dem OB gar nicht recht: „Sie selbst können am besten beurteilen, ob derartige Schlagzeilen das Vertrauen von Patientinnen und Patienten festigen und den Erfolg der Klinikum GmbH sichern können“, impfte er den Chefärzten in seinem Brief ein. Eine Mitteilung an die zuständigen Stellen reiche nachweislich aus, „um Missstände unverzüglich zu beheben“.

Die Bereitsstellung betriebsinterner Informationen „für den politischen Meinungskampf“ ermögliche dagegen eine Öffentlichkeitsarbeit, die das Klinikum schädige. Je nach Lesart kann man das als Appell sehen. Andere sprechen von „Maulkorb“. Fakt ist: Kaum jemand nahm das Gesprächsangebot der CSU an. Einer der Chefärzte sagt: „Wer lange genug bei der Stadt arbeitet, weiß, was das heißt: Man soll nicht hingehen.“

Für CSU-Fraktionschef Josef Schmid ist klar, dass der Brief als „Einschüchterung“ verstanden wurde. „Es ist der Versuch, einen Maulkorb aufzuerlegen.“ Er ist verärgert: „Uns zu unterstellen, es ginge um Sensationsgier und darum, die Kliniken schlecht zu reden, ist infam.“ Dagegen sagt OB Ude zur AZ: „Wie man das als Maulkorb interpretieren kann, ist mir unbegreiflich.“ Er habe ausdrücklich betont, dass jeder das Recht habe, sich an Stadträte zu wenden. Dass die CSU nicht der richtige Ansprechpartner sei, habe sie aber mit ihrer Pressekonferenz bewiesen. „Wenn man Verantwortung für städtische Einrichtung trägt, schwärzt man diese nicht öffentlich an.“ Julia Lenders

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