Ude: Zoff mit dem Flughafen

 Münchens OB hält die dritte Startbahn nicht mehr für dringlich. Ärger mit dem Airport hat er aber wegen einer anderen Behauptung.
von  Julia Lenders
Die Amtszeit von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude nähert sich dem Ende zu.
Die Amtszeit von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude nähert sich dem Ende zu. © dpa

Münchens OB hält die dritte Startbahn nicht mehr für dringlich. Ärger mit dem Airport hat er aber wegen einer anderen Behauptung.

München - Wie geht’s weiter mit der dritten Startbahn am Flughafen? Rein rechtlich wäre die Bahn frei, seit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof kürzlich alle 17 Klagen gegen den Bau abgelehnt hat (AZ berichtete). Trotzdem geht Münchens Noch-OB Christian Ude nicht davon aus, dass die Piste bald kommt.

Er sagte gestern: „Meine Prognose ist: Die nächsten sechs Jahre ist Ruhe.“ Schließlich hätten alle OB-Kandidaten erklärt, dass sie das Ergebnis des Bürgerentscheids beachten würden – über die formal gültige Bindungsfrist von einem Jahr hinaus. 2012 war der Flughafenausbau von den Bürgern gestoppt worden. Seither liegt er auf Eis.

Ude sagte: „Ich glaube, dass es in der Legislaturperiode 2014 bis 2020 kein Votum für eine dritte Startbahn geben wird.“ Hält Ude, einst Befürworter des Projekts, die Flughafen-Erweiterung denn weiterhin für nötig? Seine Antwort fällt überraschend deutlich aus: „Von einer Dringlichkeit der dritten Startbahn kann auch aus sachlichen Gründen keine Rede sein.“ Die Zahl der Fluggäste nehme zwar zu, aber die Flugbewegungen seien rückläufig – wegen größerer Maschinen und der Zusammenlegung halb ausgebuchter Flüge.

Dann verrennt er sich ein bissl, der OB, der auch im Flughafen-Aufsichtsrat sitzt. Diese rückläufigen Zahlen seien „verschwiegen“ worden, meint er nämlich. Verschwiegen? Tatsächlich waren sie das Hauptargument der Startbahngegner – und aus den Flughafen-Statistiken zu erlesen. Ans Maximum von 2008 mit 432296 Flugbewegungen kam der Airport nicht mehr ran.

Prompt wies die Flughafen München GmbH Udes Äußerung gestern als „absurd“ zurück. Via Pressemitteilung wurde verbreitet: „Diese Behauptung ist unwahr.“ Der Aufsichtsrat sei über die aktuelle Verkehrsentwicklung jederzeit umfassend informiert.

Eigentlich war der OB gestern im Münchner Presseclub, um Bilanz zu ziehen – so kurz vor dem Ende seiner gut 20-jährigen Amtszeit. Aber nach vorne schaute er trotzdem auch, nicht nur bei der Startbahn. Wie geht’s bei ihm selbst weiter? Er wolle im Unruhestand zwei Bücher „auf den Markt werfen“, kündigte er an. Am Abend wurde außerdem bekannt: Der SPD-Mann wird Kolumnist der „Bild“-Zeitung. Was für ihn dagegen nicht (mehr) in Frage kommt: „Ich strebe keine politische Funktion an mit einer 60-Stunden-Woche – da können mir alle den Buckel runterrutschen.“

Zentrales Thema von Udes Rückschau: der Münchner Mietmarkt. Er ließ sich nicht nehmen, die Schwarzen noch einmal dafür zu geißeln, dass sie Instrumente wie zum Beispiel das Umwandlungsverbot erst jetzt umsetzten. Instrumente, die er selbst 20 Jahre gefordert habe. Zu den Opfern zählten seiner Angabe nach „über 50.000 Mietparteien, über die die Umwandlungsspekulation hinweg gegangen ist“. Niemand sei weniger berechtigt als die CSU, „den großen Ankläger“ zu geben.

Zugleich räumte der OB angesichts der Debatte um leer stehende städtische Wohnungen aber auch „ärgerliche Fälle von Verwaltungsversagen“ ein. Die Objekte in der Müller- und Pilotystraße hätten gereicht, „um sich schrecklich zu blamieren“. Wobei Ude relativierte: „Sie reichen aber nicht aus, um Münchens Wohnungsproblem zu lösen.“

Ausdrücklich verteidigte er, dass aktuell 653 städtische Wohnungen leer stehen. Abriss und Neubau gehörten dazu – und bis Wohnblöcke leer seien, dauere es eben manchmal Monate. Die Alternative sei die chinesische Antwort, bei der es plötzlich heiße: Dieser Block wird nächste Woche abgerissen. „Da gibt’s wirklich nur wenige Tage Leerstand.“

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.