U-Haft für René Benko beantragt: Es geht auch um eine Immobilie in München

München/Innsbruck – Das war’s erst mal mit dem verschwenderischen Luxus-Leben trotz Milliarden-Pleite: Signa-Gründer René Benko (47) ist am Donnerstag in seiner Villa in Österreich festgenommen und wenige Stunden später ins Gefängnis überstellt worden. Zu der Festnahme führten unter anderem Zeugenaussagen und abgehörte Telefonate sowie mitgelesene E-Mails und Kurznachrichten.
Das teilte die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien am Donnerstag mit. Im Fokus der Ermittlungen, die nun zur Festnahme führten, liegt auch ein prominentes Immobilienprojekt von Benkos Signa am Münchner Hauptbahnhof.

Seit mehr als einem Jahr ermitteln Staatsanwaltschaften in Österreich, Deutschland und Italien mit ihren Experten für Korruption und Wirtschaftskriminalität gegen den einstigen Immobilien-Tycoon. Es gab bereits einen Haftbefehl aus Italien, doch Österreich lieferte ihn nicht aus. Benko blieb auf freiem Fuß und ließ es sich weiterhin gutgehen. Trotz Privatinsolvenz blieb er mit seiner Familie in einer Protzvilla mit nachgebauter Blauer Grotte von Capri wohnen. Offiziell zahlt seine Mutter die Miete: 235.000 Euro im Monat.
Benko ging es auch sonst nicht schlecht: Er ließ sich von einem Chauffeur kutschieren, jagte mit einem Motorboot – das längst zur Insolvenzmasse gehörte – über den Gardasee oder ging mit einem SPÖ-Politiker zur Jagd.

Ein Lebensstil fast wie früher, als zu Benkos Reich wertvolle Immobilien wie das Chrysler Building in New York gehörten und er in deutschen und österreichischen Städten die prestigeträchtigsten Immobilienprojekte entwickelte: darunter den Elbtower in Hamburg oder die Alte Akademie in München.

Zu Benkos Signa-Reich gehörten einst auch Galeria Karstadt Kaufhof und die Nobel-Kaufhauskette KaDeWe. Ende 2023 stürzte das Immobilien- und Handelsimperium bekanntlich in sich zusammen, die Signa Holding und unzählige Gesellschaften schlitterten in die Insolvenz. Zurück bleiben: Milliardenschulden, unzählige Gläubiger, Investoren, die sich betrogen fühlen und tote Großbaustellen.
Kriminelle Vereinigung, Manipulation von Ausschreibungen: Gab bereits Haftbefehl aus Italien
Nun ist es für Benko erst einmal vorbei mit dem gewohnten Luxus. Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat zum großen Schlag ausgeholt. Am Donnerstag, 23. Januar um 8.30 Uhr klingelten Beamte des Bundeskriminalamtes an seiner Villa. Nach Informationen der "Kronen Zeitung" wurde Benko in Handschellen abgeführt.
Die WKStA teilte mit, dass der Beschuldigte zunächst einvernommen wurde. Danach wurde seine Einlieferung in die Justizanstalt angeordnet. Die WKStA stellte "einen Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft". Als Haftgründe gab sie Tatbegehungsgefahr und Verdunkelungsgefahr an.
Außerdem wurden nach Angaben der WKStA am Donnerstag noch Hausdurchsuchungen in Wien, Tirol und Vorarlberg durchgeführt. Dabei seien Vermögenswerte, Datenträger und Unterlagen sichergestellt worden.
Das werfen die Ermittler René Benko im Einzelnen vor:
Die Verdachtsliste der österreichischen Ermittler gegen den Signa-Gründer ist lang. Das werfen die Ermittler René Benko im Einzelnen vor:
Tatbegehungsgefahr: René Benko soll "faktischer Machthaber" und wirtschaftlich Berechtigter der Laura Privatstiftung sein und dies im Rahmen seiner persönlichen Insolvenz verheimlicht haben. Laut WKStA habe er damit Vermögenswerte verschleiert und das in der Stiftung vorhandene Vermögen dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen.
Verdunkelungsgefahr: "Weiters soll der Beschuldigte nachträglich eine Rechnung hergestellt und damit Beweismittel gefälscht haben, um drei hochpreisige Schusswaffen dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern zu entziehen", so die Korruptionsstaatsanwaltschaft weiter.
Kapitalerhöhung durch "Geldkarussell": Die Ermittler beschuldigen Benko zudem, Gesellschafter der Signa Holding GmbH zu weiteren Investments im Rahmen einer Kapitalerhöhung in die Gesellschaft verleitet zu haben, dies unter dem Vorwand selbst durch die Familie Benko Privatstiftung ebenfalls Geld zuzuschießen.
Dabei soll er die Investments der getäuschten Gesellschafter zum Teil durch Überweisungen über mehrere Unternehmen hinweg schlussendlich als seinen eigenen Beitrag zur Kapitalerhöhung ausgegeben haben.
Verdacht der Untreue: Im Zusammenhang mit dem Eigentümerwechsel der Villa Eden Gardone am Gardasee beschuldigen die Ermittler Benko und weitere Personen der Untreue. Die Signa Holding GmbH soll eine luxemburgische Beteiligungsgesellschaft samt der dazugehörigen Gardasee-Villa Eden Gardone an die liechtensteinische INGBE Stiftung verkauft haben – ohne ausreichenden Gegenwert.
Geld für Münchner Projekt "zweckwidrig verwendet"
Laura Privatstiftung: Die Ermittler werfen Benko außerdem vor, im Rahmen seiner Insolvenz als Einzelunternehmer verheimlicht zu haben, "faktischer Machthaber" und wirtschaftlich Berechtigter der Laura Privatstiftung zu sein. Damit habe er "Vermögenswerte verschleiert" und das in der Stiftung vorhandene Vermögen dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen.
Investmentbetrug in München: Ein weiterer, neuer Verfahrenskomplex betrifft ein Immobilienprojekt in München auf dem früheren Karstadt-Areal am Hauptbahnhof. Laut WKStA sollen Benko und ein weiterer Beschuldigter Verantwortliche eines ausländischen Staatsfonds veranlasst haben, mittels Anleihen in das Signa-Projekt am Bahnhofplatz zu investieren. Den Anleiheerlös sollen sie dann aber nicht zur Gänze in das vereinbarte Projekt investiert haben, sondern einen Großteil des Geldes zweckwidrig verwendet haben.


Am Bahnhofplatz wollte die Signa das denkmalgeschützte frühere Hermann-Tietz-Kaufhaus (erst Hertie, dann Karstadt) sanieren sowie angrenzend an der Schützenstraße einen riesigen Büro-Neubau unter dem Projektnamen „Corbinian“ entwickeln. Die Pläne für den Neubau stammten von dem Büro des Star-Architekten David Chipperfield.
An den Ermittlungen zu dem mutmaßlichen Investmentbetrug war die Staatsanwaltschaft München I maßgeblich beteiligt. Die WKStA hat ein Joint-Investigation-Team (JIT) mit München und Berlin gebildet, um 'unbürokratischer und effizienter grenzüberschreitend' ermitteln zu können", heißt es von der WKStA.
René Benko wird die Nacht auf Freitag in einer Gefängniszelle in Wien verbringen. Ob er nur ein oder zwei Nächte hinter Gittern bleibt oder deutlich länger, wird sich bald zeigen. Nach der Einlieferung ins Gefängnis muss das Landesgericht in Wien innerhalb von 48 Stunden entscheiden, ob es für Benko heißt: Er kommt (vorerst) wieder frei – oder die Untersuchungshaft beginnt.