U-Bahn: Betrunkener Fahrer muss zahlen
Harald K. (46) muss für seine Promille-Tour blechen. Außerdem ist er jetzt arbeitslos. Die MVG hat ihn gefeuert.
MÜNCHEN Die Irrfahrt der U1 in München ist jetzt mit einem Strafbefehl endgültig beendet. Völlig betrunken rast U-Bahn-Fahrer Harald K. (46) am 7. Februar mitten im Berufsverkehr Richtung Endstation Mangfallplatz und missachtet das Rotlicht. Fahrgäste können nicht aussteigen, weil er sich verbremst. Die Strafe fällt glimpflich aus: 3200 Euro (80 Tagessätze) muss K. an die Staatskasse zahlen.
Der Münchner Verkehrsrechtsexperte Lutz Libbertz: „Das ist für mein Mandant ein sehr gutes Urteil.“ Aber dafür hat ihn die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) gefeuert. Exklusiv in der AZ legt der Münchner damals seine Promille-Beichte ab: „Ich kann über die Fahrt nichts mehr sagen. Ich hatte einen völligen Blackout.“
Der Tag der Unglücksfahrt ist für Harald K. der letzte Arbeitstag vor seinem zweiwöchigen Urlaub gewesen. Ein Umzug steht bevor. Beim Zerlegen eines Schranks prellt er sich die Rippen. Er nimmt Schmerztabletten, trinkt Alkohol. Hinzu kommt noch der Tod seiner Mutter. Mit 77 ist sie kurz zuvor verstorben.
„Multiples Organversagen, wie mir die Ärzte mitteilten. Ich bin ein Einzelkind und Familienmensch. Ich konnte mich von ihr nicht einmal verabschieden“, klagt Harald K. Sohn und Mutter haben ein inniges Verhältnis. Sie hält zu ihm. Auch, als er ihr vor sechs Jahren seine Homosexualität offenbart. Er ist viele Jahre verheiratet gewesen.
„Jetzt lebe ich mit einem Mann und meinen drei Jack-Russel-Terriern zusammen. Das sind praktisch meine Kinder.“ Seine Schicht beginnt am 7. Februar um 16.12 Uhr und soll um 0.12 Uhr enden. Am Hauptbahnhof übernimmt er die U1. Davor genehmigt er sich noch ein paar Cognac. Harald K.: „Mir ist es einfach nicht gut gegangen.“
Mit 1,68 Promille übernimmt er die sechs Waggons. Am Sendlinger Tor verbremst er sich. Die Bahn schießt durch die Station, kommt erst im Tunnel zum Stehen. Keiner kann raus. An der Fraunhoferstraße bremst er wieder zu spät. Aber die Fahrgäste können zumindest aussteigen. Und werden misstrauisch: „Der fährt wie ein Besoffener.“ Einige sprechen Harald K. an.
Sie berichten später von seinem Alkoholgeruch. Jemand alarmiert die U-Bahnleitstelle. Die nächsten drei Stationen fährt er fehlerfrei – bis er am St.-Quirin-Platz ein rotes Signal überfährt und automatisch abgebremst wird.
Am Wendepunkt Untergiesing-Harlaching ist Endstation für K. Am nächsten Tag muss er im Direktorium antreten, Fahrerlaubnis und Schlüssel abgeben. Es ist das Ende seines Traumjobs als U-Bahnfahrer. „Die Sache vor dem Arbeitsgericht war aussichtslos“, sagt sein Anwalt. Jetzt kümmert sich Harald K. um seine drei Hunde und hilft seinem Freund in dessen Lokal.