Türkisch für Fortgeschrittene
Hier erzählt ein bekannter Münchner von seinem Wochenende. Heute: der Schauspieler Tim Seyfi, der genau weiß, wo in der Stadt man das beste türkische Frühstück bekommt.
Ich habe gerade viel im Ausland gedreht: sechs Wochen in Frankreich, davor einige Zeit in der Türkei. Aber wenn ich in München wieder ankomme, an diesem hellen, großen Flughafen, stellt sich bei mir gleich so ein Dahoam-Gefühl ein. Schon hängen die Schultern runter und ich fühle mich total entspannt.
Als Münchner muss man sich ja in Deutschland immer erst einmal rechtfertigen. Überall schimpfen die Leute auf das ganze Schickimicki. Mittlerweile verteidige ich meine Stadt gar nicht mehr, ich sage jetzt nur noch: Ja, ihr habt schon recht, ist alles scheiße, ich find's auch zum Kotzen. Bleibt mal lieber da, wo ihr seid, da habt ihr es besser.
Natürlich stimmt das überhaupt nicht. Ich lebe seit 40 Jahren in München, bin in Aubing groß geworden – und liebe diese Stadt. Man muss das Auswärtigen ja nicht auf die Nase binden, aber nirgendwo sonst kann man sich so schnell ein bisschen Urlaub schaffen wie hier. Im Sommer kann man an den Wörthsee fahren, rausrudern und auf dem Boot ein Picknick machen. Oder man schnappt sich einen Einweggrill, ein paar Würstchen – und ab geht es zum Flaucher. Ich wohne seit sechs Jahren in Untersendling, da sind es mit dem Rad nur fünf Minuten runter zur Isar. Und das Gute an München ist ja, dass sich selbst im Winter ab und zu mal ein Tag dazwischen schummelt, an dem es 20 Grad warm ist.
Dieses Wochenende werde ich aber nicht grillen müssen. Wir Türken feiern diese Woche das Opferfest, das höchste Fest der Muslime. Da kommen die ganzen Familien zusammen, es wird gegessen und getrunken. Zudem wird meine Tochter Ela-Luna am Samstag acht, da gibt es dann Kuchen. Ich werde also keinen Hunger leiden müssen. Aber wenn man mal richtig gut türkisch frühstücken gehen möchte, dann ist das Café Altschwabing in der Schellingstraße ein guter Tipp. Da gibt es Menemen: türkische Knoblauchwurst mit Ei drüber, dazu noch Paprika, Tomaten und Frühlingszwiebel – das ist ein traumhaftes Frühstück.
Ich gehe auch ab und zu ins Kösk in der Landwehrstraße. Ich bin absoluter Bayern-Fan (und Mitglied), da gucke ich die Spiele, wenn ich mal nicht im Stadion bin, im Substanz in der Ruppertstraße. Da herrscht immer Südkurven-Atmosphäre: Es ist richtig eng und alle sind am Jubeln. Aber ich schaue mir auch gerne türkischen Fußball an, die Nationalmannschaft oder meinen türkischen Lieblingsverein Fenerbahce.
Und da gehe ich gerne ins Kösk. Das ist eine Art Teestube. Auf fünf Bildschirmen laufen die Spiele und dazu gibt es wirklich fantastisches Essen. Man bekommt dort eine ausgezeichnete Dorade für zehn Euro. Das würde woanders das Doppelte kosten und wäre vermutlich nicht halb so lecker.
Ansonsten bin ich auch viel in der Drehleier, wo ich immer montags auch mit meinem Fastfood-Improtheater auftrete. Als ich ungefähr 15 Jahre alt war, habe ich da auf der Bühne schon türkische Folklore getanzt. Das machen jetzt meine Kinder, die Ela-Luna und mein Sohn Can-Luca (5). Letztens habe ich mir gedacht: Wie schräg, ich habe da vor 25 Jahren meine Sachen gemacht und jetzt sind meine Kids auch da.
Aber eigentlich muss ich mein Viertel rund um den Gotzinger Platz gar nicht verlassen. Ich habe da meinen türkischen Imbiss, das Vatan in der Thalkirchner Straße, die Großmarkthalle und natürlich meinen Lieblingsitaliener, die Trattoria Felice Bussone. Dort stimmt das Bild von München als der nördlichsten Stadt Italiens auch tatsächlich. Da kann man immer kleine Ferien machen. Ich sag’ ja: In keiner anderen Stadt fühlt man sich so schnell im Urlaub wie in München.
Protokoll: Florian Zick