Trotz Räumungsklage: Kann das Kult-Kino in München noch gerettet werden?

Das historische Filmtheater am Sendlinger Tor in München könnte verloren gehen. Gibt es noch Rettungsmöglichkeiten?
von  Adrian Prechtel
"Kane" statt "Rehragout-Rendezvous", Harry statt Eberhofer. Noch bis morgen soll der Willkommensbanner des FC Bayern vor der Fassade des Filmtheaters am Sendlinger Tor prangen. Hier wurde am Freitag das Präsentationsvideo von Harry Kane gedreht.
"Kane" statt "Rehragout-Rendezvous", Harry statt Eberhofer. Noch bis morgen soll der Willkommensbanner des FC Bayern vor der Fassade des Filmtheaters am Sendlinger Tor prangen. Hier wurde am Freitag das Präsentationsvideo von Harry Kane gedreht. © Victor Catalina

München - Der FC Bayern kann auch "sophisticated" sein, also auf hintergründig elegante Weise geistreich. Denn seinen neuen Superstar, den Briten Harry Kane, hat er in einem Videoclip vorgestellt: als Kinobesucher, der sich im Smoking an der Kinokasse den "Platz Neun" kauft – seine Rückennummer.

Gedreht wurde sichtbar im Filmtheater Sendlinger Tor. Damit hat der FC Bayern (Jahrgang 1900) das Münchner Traditionskino (Jahrgang 1913) global einem Millionenpublikum präsentiert. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem das wunderschöne Kino akut in seiner Existenz bedroht ist.

Kino am Sendlinger Tor in München: Landgericht stimmt Räumungsklage zu

In den letzten vier Jahren machte das Kino am Sendlinger Tor immer wieder Schlagzeilen wegen einer drohenden Schließung. Jetzt hat das Münchner Landgericht einer Räumungsklage zugestimmt.

Die Kinobetreiber Fritz und Christoph Preßmar im prächtigen Saal aus den 50er Jahren.
Die Kinobetreiber Fritz und Christoph Preßmar im prächtigen Saal aus den 50er Jahren. © Sigi Müller

Bereits vor knapp vier Jahren wollten die Verpächter den Kinobetreiber kündigen: Grund dafür war die Höhe der Pacht. Sie besteht aus einer Umsatzbeteiligung bei einer garantierten Grundsumme von 5000 Euro.

Die Familie Preßmar betreibt das Kino seit 70 Jahren: "Wir haben unser Kino in all diesen Jahrzehnten durch alle Höhen und Tiefen der Kinobranche gesteuert und auch selbst viel investiert, um es immer auf dem technisch neusten Stand zu halten", sagt Fritz Preßmar: "Wir haben auch weitergezahlt, als das Kino in Coronazeiten geschlossen sein musste."

Betreiberfamilie will den Pachtvertrag verlängern – vergeblich

Die gezahlte Pacht sei viel zu niedrig, eine marktgerechte Pacht läge um ein Drittel höher, hat jetzt das Landgericht geurteilt. Dabei wurde auch ein Sachverständiger zu Rate gezogen. "Der aber hat klar gesagt, dass eine Pacht von jährlich 240.000 Euro, wie vom Kläger gefordert völlig illusorisch sei", sagt Preßmar, der eine Räumung für einen großen Fehler hält.

Man müsse von höchstens bis zu 120.000 Euro ausgehen, dazu kämen ohnehin noch Betriebskosten von rund 2000 Euro monatlich für den Eigentümer. "Das alles hätten wir vielleicht sogar noch angeboten." Andererseits kam der Gutachter zum Ergebnis, dass es selbst bei vorübergehendem Leerstand sich lohne, den Pächter zu wechseln. Der Versuch der Preßmars, den laufenden Pachtvertrag bis 2025 zu verlängern, ist damit auch gescheitert. "Aber bei einer Räumung müssten wir auch das, was wir eingebaut haben und investiert haben wieder rausbekommen", sagt Preßmar.

Würde eine zweite Leinwand dem Kino am Sendlinger Tor helfen?

Der Münchner Kinobetreiber Christian Pfeil (Monopol, Arena, Rio) hält es durchaus für möglich, an diesem Standort einen höheren Umsatz zu erzielen: "Das Problem ist: Kino ist ein volatiles Geschäft – mal läuft es besser mal schlechter. Man könnte aber in dieser Premiumlage sanft die Preise erhöhen", meint Pfeil. "Wenn man aber überhaupt nur eine Leinwand hat und der Film schwächelt, den man gerade zeigt, ist man verratzt."

1913 eröffnet, nach 1945 wiederaufgebaut und 1997 generalsaniert: Der feierliche Saal des Filmtheaters am Sendlinger Tor.
1913 eröffnet, nach 1945 wiederaufgebaut und 1997 generalsaniert: Der feierliche Saal des Filmtheaters am Sendlinger Tor. © Preßmar

Hätte man noch andere Kinos oder Leinwände, könnte man einen schlechter laufenden Film in einen kleineren Saal schieben und es im großen mit einem anderen, neuen Film versuchen. "Retten könnte man das Kino also, wenn man es in einen Verbund mit anderen Kinos betreibt."

So hätte man mit dem Sendlinger Tor ein absolutes Prestigekino und – zum Beispiel im nahen Arena Kino zwei Nachspielleinwände. Auch hätte man mit mehr Leinwänden gegenüber den Filmverleihern eine bessere Position, indem man längere Auswertungen versprechen könne, ohne in einem großen Kino vor leerem Saal spielen zu müssen.

 

Trotz Denkmalschutz: Die Stadt München darf das Kino am Sendlinger Tor nicht subventionieren

Immer wieder wird seit Jahren auch die Stadt München ins Spiel gebracht, die so einen besonderen Kulturort wie das Filmtheater Sendlinger Tor erhalten müsse. Ein einzelnes Kino aus dem Kulturhaushalt zu subventionieren, ist aber rechtlich wegen Wettbewerbsverzerrung nicht möglich. Aber die Stadt hätte durchaus andere Werkzeuge. Immerhin steht das Kino unter Denkmalschutz, den man besonders scharf anwenden könnte, um eine andere Nutzung zu erschweren.

Und die Stadt könnte in Bebauungs- und Nutzungsplänen eine kulturelle Nutzung festschreiben. Das Räumungsurteil ist noch nicht rechtskräftig, die Betreiber des Kinos können noch Einspruch einlegen. "Wir besprechen das an diesem Mittwoch mit unserem Anwalt", sagt Fritz Preßmar.

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