Trotz Mietpreisbremse: Münchner Wahnsinnspreise – ohne Tricks

Das neue Gesetz lässt weiter satte Mietpreise für Wohnungen zu. Doch das Problem sind vor allem die zahlreichen Umwege.
Christian Pfaffinger |
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Wohnungen in begehrten Lagen, wie hier in der Maxvorstadt, sind trotz Preisbremse teuer.
imago Wohnungen in begehrten Lagen, wie hier in der Maxvorstadt, sind trotz Preisbremse teuer.

München - Ab Montag samma dabei: im auserwählten Kreis derer, die beschützt werden sollen. Die nicht noch mehr zahlen sollen. Die zu einem fairen Preis wohnen sollen.

Denn ab Montag können die Bundesländer Regionen bestimmen, in denen die Mietpreisbremse gelten soll. München wird sicher dazugehören. Fortan sollen hier die Preise bei einer Neuvermietung nicht mehr als zehn Prozent über dem Mietspiegel liegen.

Doch ein Immobilienportal warnt: In München sind trotzdem Preise bis zu 19,77 Euro pro Quadratmeter möglich. Und das ganz ohne Trickserei, im Rahmen des Mietspiegels. Das haben Mitarbeiter des Portals „Immowelt“ ausgerechnet. Demnach seien die Mieten in der Landeshauptstadt in fünf Jahren um 28 Prozent gestiegen. Im Mittel würden derzeit 15 Euro pro Quadratmeter verlangt. Und für „Top-Wohnung in bester Lage“ seien immer noch extreme Preise möglich. „Vorerst bleiben die Mieten in München hoch“, schreiben die Macher der Studie.

Das ist erst mal nicht ungewöhnlich, schließlich sollte die Mietpreisbremse die Mieten ja nicht senken, sondern verhindern, dass diese noch weiter in die Höhe rasen. Aber der Preis ist natürlich eindrucksvoll: 19,77 Euro, fast ein Zwanziger, für einen Quadratmeter. Sehr aussagekräftig ist er aber nicht, wenn man genauer hinschaut, wie er zustande kommt.

So wurde der Preis berechnet: Ausgangspunkt ist eine 65-Quadratmeter-Wohnung in bester Wohnlage, etwa im Lehel, der Isar- oder Maxvorstadt mit Baujahr 2012 oder 2013.

Ausnahmen treffen die Mieter noch viel schlimmer

Der Grundpreis hierfür sind laut Mietspiegel 11,45 Euro pro Quadratmeter. Dazu wurden maximale wertsteigernde Zuschläge in Höhe von 4,85 Euro pro Quadratmeter sowie der maximal zulässige Zuschlag für die Marktstreuung von 1,67 Euro pro Quadratmeter addiert. Macht 17,97 Euro pro Quadratmeter. Und dann darf die Miete dem neuen Gesetz zufolge ja noch 10 Prozent über diesem Wert liegen. Das ergibt: 19,77 Euro pro Quadratmeter. Ohne Tricks, ohne Betrug, ganz brav an der Mietpreisbremse orientiert. Ein stolzer Preis.

Allerdings ist die Rechnung auch arg theoretisch. Das merkt man schnell, wenn man sich etwa verdeutlicht, was es heißt, einfach mal alle Zuschläge draufzuhauen. Die Beispielwohnung sähe damit so aus: Eine Dachgeschosswohnung mit neuem, beheizbaren Boden, großer Süd- oder West-Terrasse, elektrischen Rollläden, einer modernen Küche und einem zweiten Badezimmer mit besonderer Zusatzausstattung – auf 65 Quadratmetern und als Neubau in bester, zentraler Lage in einem relativ frei stehenden Stadthaus, nicht in einem Wohnblock. Und einige tolle Extras muss sie auch noch haben, um die Preisschwankung nach oben zu begründen.

Da hat man es also schon gut gemeint. Ob es so eine Wohnung gibt, und ob sie dann nicht eher als Eigentum in der Investmentspirale mit hochfährt, sei einmal dahingestellt. Es gilt: Rechnung ist das eine, Realität halt doch das andere.

Die Realität ist viel drastischer. Denn das eigentliche Problem ist nicht, dass das Maß der Mietpreisbremse zu großzügig wäre, sondern dass die neue Regelung in München für kaum eine Wohnung gelten wird (AZ berichtete).

Denn die Mietpreisbremse ist voller Ausnahmen. Um Investitionen in den Neubau von Wohnungen nicht zu hemmen, gibt es keine Mietdeckelung beim Erstbezug von Wohnungen. Eine weitere Ausnahme gilt für Wohnungen nach umfassenden Modernisierungen. Außerdem herrscht Bestandsschutz, das heißt: Liegt die Miete einer Wohnung bereits über dem Mietspiegel, kann der Vermieter auch vom nächsten Mieter wieder diesen Preis verlangen.

Zu hohe Mieten dürfen also zu hoch bleiben. Dann gibt es noch Wege, das Gesetz zu umgehen, etwa Indexmietverträge. Und schließlich muss ein Mieter sich auch erst mal juristisch gegen eine zu hohe Miete wehren, wovor viele zurückschrecken werden.

Wie die AZ exklusiv berichtete, lässt sich sogar wissenschaftlich fundiert abschätzen, wie viele Wohnungen von der Mietpreisbremse betroffen sein werden: nicht einmal jede vierte Wohnung in München.

Und dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass Eigentümer in solchen Fällen Auswege wie zum Beispiel eine Modernisierung wählen können – oder eben einen solventen Mieter suchen, der es dann doch zahlt. Und auch das ist alles im Rahmen des Gesetzes.

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