Trotz Corona-Krise: Münchenstift erwirtschaftet 700.000 Euro Überschuss

München - Das schwerste und herausforderndste Jahr für die Altenpflege bisher insgesamt, und für viele Mitarbeiter auch ein traumatisches Jahr", so fasst Siegfried Benker, Geschäftsführer der Münchenstift, das Corona-Jahr 2020 zusammen. Umso stolzer ist man zu präsentieren, wie die städtische Gesellschaft dieses schwierige Jahr gemeistert hat.

Digitalisierung durch Corona im Münchenstift
"Vieles musste man plötzlich neu denken", sagt die Aufsichtsratsvorsitzende (und Bürgermeisterin) Verena Dietl (SPD). "Wie kann man die Bewohner schützen, wie geht man mit den Hygieneregeln um, ohne die Menschen in den Häusern abzuschotten?" Dafür gab's kreative Lösungen wie Konzerte in Gärten und Höfen, aber auch einen Schubs für die Digitalisierung.
Innerhalb von 14 Tagen wurden 55 Tablets angeschafft und jeder Wohnbereich ausgestattet, so dass Bewohner und Familien digital Kontakt halten konnten. Die Ausstattung mit Glasfaser wurde abgeschlossen, Internettelefonie eingeführt, in jedem Haus sind nun über 120 internationale Fernsehprogramme verfügbar, die Versorgung mit WLAN soll bis Jahresende zu zwei Dritteln geschafft sein. Eine Entwicklung, von der die Bewohner auch nach der Pandemie profitieren.
Von Shanghai nach Moskau und München: Der skurrile Weg von FFP2-Masken
Für die Beschaffung der notwendigen Schutzausrüstung war eine eigene Einkaufsstelle ununterbrochen beschäftigt. Was stets gelang, wie Benker betont, "auch weil wir dafür sehr viel Geld in die Hand genommen haben." Die "Goldgräberstimmung" im Frühjahr ließ die Preise teils innerhalb eines Tages sprunghaft ansteigen.
Die Beschaffung nahm groteske Züge an: So flog eine Ladung von 80.000 Masken mehrmals zwischen Shanghai, Moskau und Frankfurt hin- und her, bevor sie doch noch in München ankam. Mehr als 400.000 Mund-Nasen-Schutz- und 150.000 FFP2-Masken wurden verbraucht. Über 15.500 PCR- und Schnelltests bei Mitarbeitern und 12.196 bei Bewohnern gemacht. Rund 400 der gut 2.000 Mitarbeiter und 600 der etwa 2.800 Bewohner waren Corona-positiv.
Münchenstift erwirtschaftet 700.000 Euro Überschuss
Dieses Jahr zu meistern sei vor allem wegen der großen Solidarität unter den Mitarbeitern möglich gewesen, betont Benker. Viele kamen am Wochenende oder aus dem Urlaub zurück, falls nötig. Trotz der enormen Mehrkosten und trotz doppelter München-Zulage ist es dem Unternehmen gelungen, im Jahr 2020 insgesamt 700.000 Euro Überschuss zu erwirtschaften, sagt Benker stolz. Geholfen hat freilich der Rettungsschirm. "Wir haben aber eine Rückstellung von über 1,5 Millionen Euro gebildet, weil wir davon ausgehen, dass wir unter Umständen Teile zurückzahlen müssen."
Benker: "Die Häuser sind im Augenblick die sichersten Orte der Stadt"
Nicht nur der Jahresabschluss ist insgesamt positiv, auch das Leben in den Einrichtungen blüht wieder auf. "So ganz allmählich lockert es sich", sagt Benker. Natürlich müsse man sich an die Regeln des Infektionsschutzgesetzes halten. Im Moment muss jeder, der in ein Pflegeheim kommt, einen Test haben, nicht älter als 48 Stunden. An allen Häusern werden Tests angeboten, dafür wurden eigens Mitarbeiter eingestellt.
Mittlerweile dürfen auch wieder mehrere Personen zu einem Pflegeheimbewohner, wenn sie zusammengehören. Sogar Veranstaltungen in den Wohnbereichen sind wieder möglich. Derzeit habe man nur eine einzige positiv getestete Bewohnerin, sagt Benker. Sowie einige Mitarbeiter, die sich außerhalb angesteckt haben und durch die Tests vor den Häusern abgefangen wurden.
Nur eines sorgt Benker: Man stelle fest, "dass Menschen die dringend auf die Versorgung eines Pflegeheims angewiesen sind, zögern, in ein Heim zu gehen". Die Menschen blieben zu lange zu Hause, versuchten, irgendwie durchzuhalten und kämen dann in sehr schlechtem Zustand, teils schon in palliativen Situationen in die Heime, so Benker. "Die Menschen haben Angst, ins Heim zu gehen. Aber die Häuser sind im Augenblick die sichersten Orte der Stadt, der Immunisierungsgrad ist sehr hoch", appelliert er.
70 Prozent der Bewohner seien geimpft und 50 bis 55 Prozent der Mitarbeiter. Inklusive der ehemals Infizierten entspräche das einem Immunisierungsgrad von 92 bzw. 70 Prozent. Für Letztere laufe gerade eine weitere Impfaktion. "Das Bewusstsein muss sich wieder ändern, dass Altenpflege, dank der Impfungen jetzt sicher geworden ist", sagt Benker.