Trotz Antisemitismus-Vorwurf: Warum Roger Waters doch in München spielt

München - Roger Waters, einer der Gründer von Pink Floyd, der immer wieder antisemitisch auffällt, darf in München auftreten. Der Stadtrat hatte das Konzert in der Olympiahalle eigentlich verbieten wollen – doch dazu gibt es rechtlich keine Möglichkeit. So stellt es ein Rechtsgutachten der Regierung von Oberbayern dar. Der Stadtrat beschloss deshalb am Mittwoch, als Zeichen ukrainische und israelische Flaggen im Olympiapark aufzustellen
Roger Waters in München: Stadt beschließt kein Konzertverbot
Dass gerade in München, ganz in der Nähe, wo 1972 ein Anschlag gegen die israelische Olympia-Mannschaft verübt wurde, in ein paar Wochen ein Künstler auftreten soll, der bei seinen Konzerten schon mal Schweine-Luftballons steigen lässt, die neben weltlichen und anderen religiösen Symbolen auch einen Davidstern zeigten – diese Vorstellung gefiel den meisten Stadträten und auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gar nicht. Waters selbst will nach eigenen Angaben mit den Schweine-Ballons unter Anspielung auf George Orwells „Farm der Tiere“ auf die Gefahr verschiedener Ideologien hinweisen.
Die vergangenen Wochen bemühte sich das Rathaus deshalb, das Konzert, das im Mai stattfinden soll und für das der Ticketverkauf schon länger läuft, doch noch zu stoppen. Die Einschätzung der Regierung von Oberbayern fällt jedoch eindeutig aus: Eine Konzertabsage würde das Grundrecht auf Meinungsfreiheit verletzen und wäre ein Verstoß gegen die im Grundgesetz verankerte Kunstfreiheit.
Die Frage ist nun allerdings: Wie geht die Stadt in Zukunft mit Konzert-Anfragen von Künstlern um, die antisemitische, rechts- oder linksextreme Meinungen vertreten? Darauf gibt es noch keine gute Antwort.
Denn ein juristisches Gutachten macht auch deutlich, dass die Stadt das Konzert nicht verhindern konnte – auch nicht bevor der Olympiapark und Roger Waters’ Agentur einen Vertrag schlossen.
In dem Gutachten heißt es: Von der öffentlichen Hand beherrschte Unternehmen (wie zum Beispiel der Olympiapark) unterliegen einer „Grundrechtsbindung“. Das heißt: Sie dürfen auch stark polarisierende Meinungen von Künstlern nicht zum alleinigen Anlass nehmen, sie von einer öffentlichen Einrichtung auszuschließen
Grünen-Chef Dominik Krause appelliert deshalb an den Freistaat: Dieser müsse nun die Gesetze dafür schaffen, dass Kommunen in solchen Fragen mehr Handlungsspielraum bekommen. Allerdings habe sich hier das Innenministerium bereits ablehnend gezeigt. Umso mehr hofft Krause, dass am Tag des Konzertes viele Münchnerinnen und Münchner "Flagge zeigen" und sich klar gegen Antisemitismus positionieren.
Konzertverbot für Waters: Einschränkung der Meinungsfreiheit?
Der Einzige, der neben der AfD in Frage stellte, dass ein Verbot des Konzerts das Richtige gewesen wäre, war Thomas Lechner. Er gehört zwar keiner Partei an, sitzt aber in der Fraktion der Linken. Eigentlich demonstriert er häufig gegen Rechts und engagiert sich für Geflüchtete.
Trotzdem forderte er: "Als lebendige Demokratie müssen wir so etwas aushalten." Verbote brauche es seiner Meinung nach nicht. "Die Kunstfreiheit ist ein grundlegender Pfeiler einer Demokratie", sagte Lechner, Und statt der ukrainischen und der israelischen Flagge solle man doch besser die Regenbogenfahne hissen – die sei neutraler.
Dominik Krause erinnerte daran: Es gehe nicht um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit – sondern darum, ob "wir städtische Räume für menschenverachtende Positionen hergeben". Anscheinend bleibt der Stadt nichts anderes übrig. Felix Sproll (Volt) fasste es so zusammen: "Lieber Roger Waters, Sie dürfen nach München kommen, aber willkommen sind Sie nicht."