Trickbetrüger-Opfer erzählt: "Es ging alles ganz schnell"

Die Schwabingerin Johanna W. (79) wurde Opfer von Trickbetrügern. Hier warnt sie vor dem üblen Vorgehen der Täter.
Nina Job |
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Johanna W. im Eingang des Polizeipräsidiums. Zuhause macht sie die Tür nicht mehr einfach so auf.
N. Job Johanna W. im Eingang des Polizeipräsidiums. Zuhause macht sie die Tür nicht mehr einfach so auf.

Die Umstände hätten kaum gemeiner sein können, als Johanna W. und ihr Mann Jürgen (80) von Trickbetrügern heimgesucht werden. Am 11. Januar dieses Jahres wird das Ehepaar aus Schwabing völlig überrumpelt. Die 79-Jährige hat ein großes Anliegen: Sie möchte möglichst viele Menschen vor den fiesen Tricks der skrupellosen Täter warnen. Deshalb erzählt sie in der AZ ihre Geschichte.

Jürgen W. hat bereits vier Schlaganfälle hinter sich. Seine Ehefrau erwischt es kurz vor Silvester vorigen Jahres. Am 9. Januar, einem Samstag, wird sie aus dem Krankenhaus entlassen. Bereits vier Tage später soll sie zur Kur nach Tölz fahren. Gleich am Montag nach ihrer Entlassung ruft sie bei ihrer Krankenkasse und im Reha-Zentrum an, um alles zu regeln. "Wir hatten gerade gefrühstückt, ich telefonierte, da läutete es draußen", berichtet die 79-Jährige.

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Ein Mann in blauer Montur steht vor der Wohnungstür im Erdgeschoss. "Er behauptete, im zweiten Stock hätte es einen Wasserschaden gegeben. Ich dachte, ich hätte den Handwerker schon einmal gesehen. Bei uns in der Nachbarschaft hat es schon öfter einen Wasserschaden gegeben", erinnert sich Johanna W.

Das Ehepaar lässt den Fremden in die Wohnung, sie geht wieder ans Telefon. "Dann hörte ich, wie es aus dem Bad pritschelte. Ich dachte mir noch, komisch ...", erzählt die Schwabingerin.

Die Masche der Trickbetrüger ist fast immer identisch

Der falsche Handwerker nutzte eine bei Trickbetrügern immer wieder erfolgreiche Masche: Beim Hineingehen in die Wohnung lässt er die Tür einen Spalt breit offen, schickt dann den Mieter – in diesem Fall Jürgen W. – ins Bad. Nun soll der Wasserhahn aufgedreht werden: Zunächst für ein paar Minuten soll heißes Wasser laufen, dann kaltes – oder umgekehrt. Er werde währenddessen den Rohrbruch begutachten, behauptet der Fremde.

Wie befohlen, hält Jürgen W. den Duschkopf in die Wanne und lässt das Wasser laufen. Währenddessen schleicht ein Komplize unbemerkt an der angelehnten Tür vorbei, gemeinsam durchsuchen die Trickbetrüger die Wohnung. Aus Erfahrung wissen sie, wo die meisten Menschen ihre Wertsachen aufbewahren.

"Ich wollte mir aufschreiben, was ich in die Klinik mitbringen muss und bin in die Küche gegangen, um nach einem Stift zu suchen. Da habe ich gesehen, wie einer der Männer aus unserem Schlafzimmer kommt und ins Wohnzimmer gehen will", erzählt Johanna W. "Ja, was tun Sie da?", ruft sie. Da verlassen beide Männer schleunigst die Wohnung.

"Ich war richtig fertig. Ich habe weinen müssen. Es war schlimm! "

Doch da war es schon geschehen: Aus der Brieftasche von Jürgen W. Fehlen 1.000 Euro. Die Schmuckschatulle steht offen. "Alle Bilder von den Kindern und Enkeln lagen am Boden", erinnert sich Johanna w. Und schlimmer noch: Sämtlicher Goldschmuck ist verschwunden. Darunter zwei Ringe mit Rubinen und Saphiren, die die Großeltern ihren Enkeln, Zwillings-Mädchen, zum fünften Geburtstag schenken wollten. Auch ein Brillantring, den Jürgen W. seiner Frau zur Geburt ihrer Tochter geschenkt hatte und die Erbstücke von der Schwiegermutter – alles weg!

"Ich war richtig fertig. Ich habe weinen müssen. Es war schlimm! Die Schatulle habe ich monatelang nicht mehr angeschaut."

Um Geld und Schmuck im Wert von 10.000 Euro haben die falschen Handwerker das Schwabinger Ehepaar bestohlen. Von den Tätern fehlt bis heute jede Spur. "Es ging alles so schnell, ich konnte nicht einmal beschreiben, wie die ausgesehen haben."

Johanna W. ist sich sicher: "Wenn die ganzen Umstände damals nicht gewesen wären, wäre uns das nicht passiert. Da hätte ich die gar nicht erst in die Wohnung gelassen und mich erst einmal vergewissert, dass es tatsächlich einen Wasserschaden gab. Aber durch die ganze Aufregung haben wir nicht richtig aufgepasst."

Das Ehepaar weiß, dass es andere Leidtragende wie sie gibt, die aus Scham nie zugeben würden, dass sie von Trickbetrügern hereingelegt wurden. Johanna W. geht anders damit: Sie will andere warnen. "Ich habe es überall in meinem Bekanntenkreis herumerzählt!"

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