Traumjob Vorfeld-Lotse: 6079 Euro im Monat

Und schon in der Lehre gibt’s über 2500 Euro. Mit vielen Vergünstigungen will der Flughafen einen Streik wie in Frankfurt vermeiden. „Das Erpressungs-Potenzial ist hoch.“
von  Anne Kathrin Koophamel
Ohne sie läuft nichts auf dem Rollfeld: Vorfeld-Lotsen müssen belastbar sein. Dafür verdienen sie in München über die Maße gut.
Ohne sie läuft nichts auf dem Rollfeld: Vorfeld-Lotsen müssen belastbar sein. Dafür verdienen sie in München über die Maße gut. © dpa

Und schon in der Lehre gibt’s über 2500 Euro. Mit vielen Vergünstigungen will der Flughafen einen Streik wie in Frankfurt vermeiden. „Das Erpressungs-Potenzial dieser Berufsgruppe ist hoch“

 

MÜNCHEN Sie weisen den Flugzeugen am Boden den Weg, sind Einpark- und Orientierungshilfe für Piloten – und manchmal sorgen sie auch für Ärger: Die Vorfeld-Mitarbeiter am Flughafen. Seit Ende Februar streiken sie in Frankfurt und fordern mehr Lohn.

Anders in München: Hier sind die Beschäftigten auf dem Rollfeld zufrieden. Kein Wunder, die Arbeitsbedingungen sind dank eines clever ausgehandelten Tarifvertrags ein Traum und gelten in Deutschland als einmalig.

Der Grund: Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) schließt die Verträge direkt mit den Arbeitgebern vor Ort – in diesem Fall der Flughafen München GmbH – ab. „Wir sind bis an die Schmerzgrenzen dessen gegangen, was gerade noch vertretbar ist“, sagt Ingo Anspach, Sprecher des Flughafens, über die Vertragsverhandlungen im November 2011. „Doch das Erpressungs-Potenzial dieser Berufsgruppe ist relativ hoch.“

Wie das Beispiel Frankfurt zeigt: Ohne die Vorfeld-Kontrolleure läuft wenig. Weder kann ein Flieger starten noch von der Landebahn zur Parkposition geleitet werden.

Der Vorteil des Standorts München: Hier arbeiten nur 36 Vorfeld-Lotsen, in Frankfurt an die 200. „Wir konnten diesen Vertrag auch deshalb abschließen, weil wir dadurch eine Laufzeit von fünf Jahren gewonnen haben“, sagt Anspach. Anfang November wurde der Vertrag ausgehandelt, der seit 1. Januar gilt.

Die AZ stellt den Job vor, der anspruchsvoll ist, aber sehr gut vergütet:

 

 


 

DER BERUF

Vorfeld-Lotsen sorgen dafür, dass es rollt: Sie regeln den Verkehr von Flugzeugen, Gepäckwagen und anderen Fahrzeugen auf dem Rollfeld. So leiten sie etwa einen Flieger von der Landebahn hin zu seiner Parkposition. Unterstützt werden sie vom elektronischen Rollleitsystem, den Lichtern im Boden.

Die Controller sitzen im Tower unter den Fluglotsen und beobachten den gesamten Verkehr. Sie halten direkt mit den Piloten Kontakt, mit dem Fernglas oder mit Außenkameras suchen sie auch Blickkontakt. Das Ganze muss zügig ablaufen, am Münchner Flughafen starten und landen täglich 1100 Flieger.

Auch Film- und Fernsehteams betreuen die Lotsen, sie bereiten Staatsempfänge oder die Begrüßung von Prominenten vor. So müssen sie das Flugzeug genau so dirigieren, dass die Treppe exakt am Roten Teppich ausgefahren werden kann. Ein großer Teil der Kommunikation wird in Englisch geführt. Der gebräuchliche Titel für den Job ist daher „Apron Controller“.

 

 



 

DIE AUSBILDUNG

Sie dauert zwei Jahre und wird von jedem Unternehmen selbst gesteuert. „Das Handwerk wird erlernt“, sagt Sprecher Anspach. Der Münchner Flughafen unterzieht die Bewerber einem dreitägigen Eignungstest, bei dem unter anderem Belastbarkeit, Englischkenntnisse und Koordinationsfähigkeit getestet werden.

 

 


 

VORAUSSETZUNGEN

Man sollte Stress aushalten können: Ein Lotse muss mehrere Dinge gleichzeitig regeln. Von Vorteil ist ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen, damit man weiß, wo man welches Flugzeug dirigiert. Flüssiges Englisch ist unerlässlich, Abitur aber keine Pflicht.

 

 


 

WOCHENSTUNDEN

Der Tarifvertrag schreibt 37,5 Stunden pro Woche vor. Dienst an Feiertagen und Wochenenden wird extra vergütet (siehe Feiertagszuschlag). Pro Woche müssen 2,5 Stunden „Regenerationspause“ eingehalten werden. Kommt der Lotse bis zu zehn Minuten früher zum Schichtbeginn, zählen diese Minuten bereits zur Arbeitszeit und werden auf dem Konto gutgeschrieben.

 

 


 

GEHALT

Aktuell verdient ein Arbeiter 4985 Euro brutto im Monat. Ein Schichtdienstleiter bekommt 5834 Euro. Bis 2015 steigert sich das Gehalt nochmal kräftig: Der Arbeiter bekommt mit 6079 Euro gut 1000 Euro mehr, der Schichtdiensleiter verdient mit 7114 Euro 1280 Euro mehr. Allein das Gehalt von Auszubildenden bleibt gleich: Sie verdienen 2552 Euro pro Monat.

 

 


 

WEIHNACHTSGELD

Es gibt 80 Prozent des Novemberlohns für jeden.

 

 


 

FEIERTAGSZUSCHLAG

Wer an einem Feiertag arbeitet, bekommt 100 Prozent auf den jeweiligen Stundenlohn gezahlt. Für einen Sonntagsdienst gibt es 50 Prozent auf den Stundenlohn, Nachtarbeit wird pro volle Stunde mit zusätzlich neun Euro vergütet.

 

 


 

URLAUB

30 Tagen steht den Lotsen zu. Wer Schichtdienst schiebt, bekommt zwei Tage extra. Auch für Nachtdienst gibt es Ausgleich: Nach 100 Stunden Nachtschicht – also nach zwölf Diensten – gibt es einen zusätzlichen Urlaubstag. Wer ein 25- oder 40-Jähriges Dienstjubiläum feiert, bekommt einen freien Tag. KUR Da der Job eine „erhöhte Belastung“ beinhaltet, müssen die Lotsen alle fünf Jahre eine dreiwöchige Kur antreten. Diese soll entweder Herz-und-Kreislauf stärken oder psychischen Erkrankungen vorbeugen. Für alle Vorfeld-Mitarbeiter, die mindestens 35 Jahre alt sind oder die länger als zehn Jahre am Flughafen arbeiten, ist die Kur verpflichtend. Wo es hingeht, entscheidet der Arbeitgeber, der auch zahlt.

 

 


 

ALTERSTEILZEIT

Ab dem 57. Lebensjahr haben Lotsen, die seit mindestens 20Jahren arbeiten, einen Anspruch auf Altersteilzeit.

 

 


 

STERBEFALL

Bei einem solchen zahlt der Flughafen München neben dem aktuellen Monatsgehalt zwei weitere – solange die Angehörigen die Kosten für die Beerdigung übernehmen.

 

 


 

KRANKHEIT

Sollte ein Lotse seine Aufgabe aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können, verpflichtet sich der Flughafen, einen gleichwertigen Arbeitsplatz anzubieten.

 

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.