Tragödie mit Ankündigung
MÜNCHEN - Der Lebensgefährte von Zenat B., Vater ihrer beiden Söhne, wurde in einem Asylbewerberheim in der Rosenheimer Straße erstochen. Jetzt erhebt die Witwe schwere Vorwürfe gegen die Behörden. Sie hätten Mondher H. (39) nicht ausreichend beschützt.
„Die Gleichgültigkeit der Behörden hat mir den Mann und meinen Kindern den Vater genommen“, sagt Zenat B. (28) und weint. Ihr Lebenspartner Mondher H., ein 39-jähriger Tunesier, wurde vergangene Woche in einem Asylbewerberheim in Ramersdorf von einem Landsmann erstochen (AZ berichtete). Der Täter, Mongi F. (41), war bereits zwei Mal zwangsweise in die Psychiatrie nach Haar eingewiesen worden. Zuletzt hatte er im Sommer damit gedroht, den Familienvater zu töten.
Kein Tag vergeht, an dem Jamil und Ali nicht nach ihrem Papa fragen. Doch Zenat B. hat es einfach noch nicht übers Herz gebracht, den zweieinhalbjährigen Zwillingen die ganze, schreckliche Wahrheit zu erzählen. „Wie soll ich ihnen erklären, dass ihr Vater heute noch leben könnte, wenn man seinen Mörder nur rechtzeitig weggesperrt hätte.“
Täter war psychisch schwer gestört
Mongi F. leidet an „chronifizierter paranoider, halluzinatorischer Schizophrenie“. Er ist „grenzdebil und minderbemittelt“. Das stellte ein Gerichtsgutachter 2006 fest. Damals musste der Tunesier sich wegen Hausfriedensbruch vor dem Münchner Landgericht verantworten. „Das Verfahren wurde eingestellt“, erklärt Oberstaatsanwalt Anton Winkler. Knapp drei Monate, von Februar bis April, saß Mongi F. damals in der Psychiatrie. „Wir wurden nicht darüber informiert, dass der Mann psychisch krank ist“, betont Heinrich Schuster, Sprecher der Regierung von Oberbayern, der das Asylantenheim in der Rosenheimer Straße untersteht.
„Mongi hat sich mit jedem angelegt, der Typ ist irre“, sagen Bekannte. Bevorzugtes Ziel seiner Wutausbrüche war Mondher H., ein Koch aus Tunis. „Mal ging es darum, dass die Küche nicht aufgeräumt war, mal war das Radio zu laut“, sagt Richard Thiess, stellvertretender Chef der Münchner Mordkommission.
Täter drohte, er werde Mondher H. töten
Manchmal, so erzählt Zenat B., habe Mongi F. mit einem Mann namens Hans telefoniert, doch den gab es nur in seiner Phantasie. An einem U-Bahnhof ging der 41-Jährige im Sommer mit einem Messer auf Mondher H. los. Ein Bekannter griff ein und verhinderte Schlimmeres. Zenat B.: „Er hat gedroht, meinen Freund umbringt.“
Mongi F. kam in die Psychiatrie nach Haar. Diesmal allerdings nur für knapp eine Woche. Die Heimleitung wurde auch von diesem Klinikaufenthalt nicht informiert. „Medizinische Daten werden nicht automatisch an uns weitergeleitet“, betont Heinrich Schuster.
In der Asylbewerberunterkunft schenkte man dem Ausraster des 41-Jährigen keine große Bedeutung. Der Streit zwischen den Männern habe sich, so Heinrich Schuster, „im normalen Bereich“ bewegt. Dabei hätte eine einzige Anfrage beim Kreisverwaltungsreferat oder auch der Staatsanwaltschaft genügt, um herauszufinden, dass Mongi F. psychisch krank und offenbar auch gefährlich ist.
Messer mitten ins Herz
So aber nahm das Unglück seinen Lauf. Am Dienstag vergangener Woche drehte Mongi F. völlig durch. Er schnappte sich in der Küche der Gemeinschaftsunterkunft ein Messer und stach zu. Die 20 Zentimeter lange Klinge traf Mondher H. mitten ins Herz. „Völlig teilnahmslos sah der Täter anschließend seinem Opfer beim Sterben zu“, berichtet Richard Thiess.
Mongi F. wurde auf Anweisung eines Richters erneut in die Psychiatrie eingewiesen. „Wir ermitteln wegen Totschlags“, erklärt Staatsanwalt Carsten Freiherr von Chiari.
Täter möglicherweise schuldunfähig
Dem Tunesier drohen rund zehn Jahre Gefängnis. Möglicherweise wird er aber auch nur in einer geschlossenen Anstalt untergebracht und später in seine Heimat abgeschoben. „Er läuft dann wieder frei herum“, sagt Zenat B. verbittert, „während meine Kinder ohne Vater aufwachsen müssen.“
Ralph Hub