Tränen im Gerichtssaal: "Ich liebe meine Tochter"

Er hat seine kleine Tochter (sechs Monate) so heftig geschüttelt, dass sie für immer behindert bleibt. Dafür geht Thomas B. (49) drei Jahre und sechs Monate in Haft.
John Schneider |
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Drei Jahre und sechs Monate Haft: Das Urteil gegen Thomas B. (dahinter Verteidiger Michael Adams).
jot Drei Jahre und sechs Monate Haft: Das Urteil gegen Thomas B. (dahinter Verteidiger Michael Adams).

München  - „Darf ich ihn umarmen?“ Sie darf. Nach der Urteilsverkündung des Landgerichts nimmt Monika B. ihren Mann in den Arm. Sie hat ihm verziehen. Verziehen, dass er die gemeinsame kleine Tochter in einem Moment der Überforderung so heftig schüttelte, dass das Mädchen einen Großteil seines Gehirns eingebüßt hat und zeit seines Lebens körperlich und geistig behindert bleibt.

Das kurz davor verkündete Urteil: Drei Jahre und sechs Monate Haft wegen gefährlicher und schwerer Körperverletzung. „Ein einziger Schüttelvorgang ist geeignet, das Kind zu töten“, hatte Richter Stephan Kirchinger in seiner Urteilsbegründung ausgeführt. Thomas B. (49) hat zugegeben, sogar bis zu fünf Mal geschüttelt zu haben. Der Grund: Das Mädchen hatte sich an diesem 12. Dezember 2013 nicht beruhigen lassen und wie eine Sirene geschrieen, Thomas B. war der Situation nicht gewachsen.

Er war damals alleine mit den Zwillingen, mit Clara (Name geändert) und ihrem Bruder. Clara wollte ihre Flasche nicht und schrie. Aus Verärgerung nahm er das Kind, presste es fest an sich und schüttelte es dann. Eine „Spontantat“, ein „Augenblicksversagen“ nennt es der Richter. Es war wohl nicht die Absicht des Vaters, seine Tochter zu verletzen oder gar zu töten. Aber er habe gewusst, so der Richter, was er tat, wie gefährlich Schütteln ist. Darüber hatte er mit seiner Frau gesprochen, darüber hatte er gelesen.

Thomas B. schämt sich. Als ihm der Richter das Letzte Wort erteilt, entsteht eine lange Pause. Dann hört man die Mutter auf der Zuschauerbank schluchzen und auch aus Thomas B. bricht es heraus. Er weint. Es dauert, bis er sich endlich fasst. Dann stammelt er mit brüchiger, kaum hörbarer Stimme: „Ich liebe meine Tochter! Ich liebe meinen Sohn! Ich liebe meine Frau!“

Staatsanwalt Markus Koppenleitner forderte angesichts der schweren Gesundheitsschäden fünf Jahre Haft. Verteidiger Michael Adams verwies auf das „familiäre Drama“, die Familie sei gestraft genug, eine Bewährungsstrafe tue es auch.

Doch da spielt das Gericht nicht mit. Haft muss es sein. Schon allein deswegen, um andere von ähnlichen Taten abzuschrecken.

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