Touristen verstehen 1974 in München nur Bahnhof: Skurrile Debatte um Tram-Ansagen

Im Juni 1974 wurden die Ansagen in Bahnen und Bussen automatisiert. Warum die AZ entsetzt war.
von  Felix Müller
Eine Trambahn in den 70ern.
Eine Trambahn in den 70ern. © Stadtarchiv

München - Für die Münchner heißt es mal wieder Abschied nehmen von einem Stück Trambahn-Romantik", bedauert die AZ am 8. Juni 1974, vor genau 50 Jahren. Das Ausrufen der Haltestellen in Trambahn und Bus werde "bald von einem Tonband übernommen, das der Fahrer durch Knopfdruck in Gang setzt". Statt des "von einem meist mürrischen Fahrer genuschelten Miliansplatz" werde in Zukunft ein deutliches "Nächster Halt Maximiliansplatz" aus den Lautsprechern dröhnen.

AZ-Reporter ist nicht überzeugt

"Wenn das der Weiß Ferdl g'wußt hätt!", ist die Überschrift für den AZ-Artikel, in dem betont wird, dass der Volkssänger doch in der "Linie 8" schon die typischen Durchsagen besungen habe. Von den Verkehrsbetrieben heißt es, "Versuche" mit den automatisierten Ansagen seien "sehr willig" aufgenommen worden. Der AZ-Reporter scheint da nicht ganz so überzeugt. "Schaffner haben bei der Tram bald nichts mehr zu sagen", bedauert er.

Der Anlass zu der "weiteren Automatisierung eines Alt-Münchner Brauchtums sind die seit Jahren geführten Beschwerden von Touristen und von Gastarbeitern", so steht es im Artikel. "Sie verstehen in Münchner Trambahnen statt Sendlinger Tor-Platz oder Stachus meist Bahnhof, weil die Tramfahrer die Haltestelle in ihrem Slang aus Giesing oder Haidhausen aussprechen."

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