Tödliches S-Bahn-Unglück bei Schäftlarn: Anklage in München gegen Triebwagenführer

Es hat gedauert, aber jetzt ist es soweit. Im Fall der S-Bahn-Kollision in Schäftlarn vom Februar 2022, bei dem ein 24-jähriger Afghane getötet wurde, ist jetzt die Anklage in München fertig geworden.
von  John Schneider
Die zwei aufeinander geprallten S-Bahnen an der Unfallstelle in der Nähe des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn. Bei dem Unfall im Februar 2022 starb ein Fahrgast, mehrere Personen wurden verletzt.
Die zwei aufeinander geprallten S-Bahnen an der Unfallstelle in der Nähe des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn. Bei dem Unfall im Februar 2022 starb ein Fahrgast, mehrere Personen wurden verletzt. © picture alliance/dpa

München - Die Staatsanwaltschaft München I hat gegen den zur Tatzeit 54-jährigen Triebfahrzeugführer, der eine der beiden beteiligten S-Bahnen führte, Anklage zum Schöffengericht des Amtsgerichts erhoben. Dem Mann werden vorsätzliche Gefährdung des Bahnverkehrs, fahrlässige Tötung und 51 Fälle der fahrlässigen Körperverletzung zur Last gelegt.

Umfangreiche und zeitintensive Ermittlungen mussten durchgeführt werden, so die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung. Insbesondere wurde noch in der Nacht nach dem Vorfall ein auf Bahnunfälle spezialisierter deutschlandweit gefragter Sachverständiger mit der Erstellung eines unfallanalytischen Sachverständigengutachtens beauftragt: "Aufgrund der Komplexität des Vorfalls nahm die Fertigstellung über ein Jahr in Anspruch."

Drama bei Schäftlarn: So kam es zum tödlichen S-Bahn-Unfall

So soll sich das dramatische Geschehen am 14. Februar des vergangenen Jahres laut Staatsanwaltschaft abgespielt haben: Gegen 16.24 Uhr fuhr der Angeschuldigte als Triebfahrzeugführer mit einer S-Bahn der Linie 7 von Wolfratshausen in Richtung München. Eine weitere S-Bahn befuhr dieselbe Strecke in entgegenkommender Richtung. In beiden S-Bahnen befanden sich viele Fahrgäste.

Bei der Anfahrt auf den Bahnhof Ebenhausen-Schäftlarn wurde die von dem Angeschuldigten geführte S-Bahn aufgrund der Überschreitung der Überwachungsgeschwindigkeit zwangsweise abgebremst. Über diese Zwangsbremsung setzte sich der Angeschuldigte pflichtwidrig hinweg und fuhr in den Bahnhof ein.

Anklage in München gegen Triebwagenführer: Warum landet der Fall vor dem Amtsgericht?

In der Folge soll der Zugführer Haltesignale ignoriert haben. Außerdem holte er nicht, wie vorgeschrieben, nach einer zweiten Zwangsbremsung einen Befehl des Fahrdienstleisters zur Weiterfahrt ein, sondern fuhr einfach los. So fuhr er aus dem S-Bahnhof Ebenhausen-Schäftlarn aus und beschleunigte auf eine Geschwindigkeit von etwa 67 km/h. Die auf der eingleisigen Strecke entgegenkommende S-Bahn wurde ihrerseits zwangsweise abgebremst und blieb auf der Strecke stehen.

Als der Angeschuldigte die stehende S-Bahn erblickte, leitete er eine Schnellbremsung ein, es kam jedoch dennoch zur Kollision. Ein Mensch starb, 51 wurden verletzt, einige davon schwer. Es entstand ein Schaden von sieben Millionen Euro.

Warum ist die Anklage aber nicht beim Landgericht gelandet, das härtere Strafen als das Amtsgericht verhängen kann? Der Grund: Trotz der schweren Vorwürfe erwarten die Ankläger keine Strafe, die höher als vier Jahre Haft ausfällt. "Hierbei wurde insbesondere berücksichtigt, dass dem Beschuldigten hinsichtlich des Todes des Fahrgastes und der Verletzung der weiteren Personen nur ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen ist und er bislang keine Vorahndungen hat", erklärt Pressesprecherin Juliane Grotz.

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