Tödlicher Rolltreppen-Unfall in München: Betrunkener Brite könnte mildere Strafe bekommen
München - Der tragische Unfall am Marienplatz hat am Wochenende für Aufsehen gesorgt: Ein betrunkener Mann stolperte auf einer Rolltreppe und stieß dabei gegen eine ältere Frau, die diese daraufhin hinabstürzte. Die 79-Jährige starb infolge des Unfalls, eine 17-Jährige, die von der Seniorin mitgerissen wurde, kam mit Verletzungen ins Krankenhaus.
Die Polizei ermittelt nun wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung gegen den 29-jährigen Touristen aus Großbritannien, der zum Tatzeitpunkt rund zwei Promille hatte. Welche Strafe könnte auf den Beschuldigten zukommen und wie wirkt sich die erhebliche Alkoholisierung des Mannes auf das Strafmaß aus? Die AZ hat mit einem Rechtsanwalt gesprochen, der seine Einschätzung zum Vorfall abgibt.
Fahrlässige Tötung: Höchststrafe sind fünf Jahre Gefängnis
Prinzipiell kann eine fahrlässige Tötung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden, erklärt der deutsch-britische Jurist Alexander Stevens im Gespräch mit der AZ. Bei fahrlässiger Körperverletzung beträgt die Höchststrafe drei Jahre.

Doch beim 29-Jährigen könnte es aufgrund der Umstände durchaus zu einer Strafmilderung kommen – nämlich dann, wenn er durch die Alkoholisierung vermindert schuldfähig ist. "Die Grenze, die nicht starr ist, liegt bei 2,0 Promille, ab der grundsätzlich eine solche verminderte Schuldfähigkeit in Betracht kommt", sagt Stevens. Pauschal könne das jedoch nicht gesagt werden.
Vielmehr bedarf es dem Fachanwalt für Strafrecht zufolge einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände. Hier spielt beispielsweise die Frage eine Rolle, inwieweit sich die alkoholisierte Person (noch) unter Kontrolle hat. Denn: Für Personen, die regelmäßig Alkohol trinken, können sich zwei Promille anders zeigen als für Personen, die nur selten Alkohol konsumieren. So kann es also auch bei Personen, die weniger als 2,0 Promille haben, zu einer Strafmilderung kommen, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte vorliegen, sagt Stevens.
Zu viel Alkohol könnte sich strafmildernd auswirken
Im Falle einer verminderten Schuldfähigkeit kann das Gericht die Strafe mildern, muss dies allerdings auch nicht tun. "Wenn das Gericht eine Strafmilderung vornimmt, kann nur noch drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes verhängt werden", erklärt der Anwalt – "also im Fall der fahrlässigen Tötung drei Jahre und neun Monate, im Fall der fahrlässigen Körperverletzung zwei Jahre und drei Monate".
Dass der Beschuldigte aus Großbritannien kommt und nur zu Besuch in München war, spiele laut Stevens keine besondere Rolle. "Briten haben sich genauso wie jeder Deutsche an das deutsche Strafgesetzbuch zu halten, wenn sie sich in Deutschland befinden oder Opfer deutsche Staatsangehörige sind."
Wie geht es im besagten Fall vom Marienplatz nun weiter? Der Brite ist wieder auf freiem Fuß, er konnte der Polizei einen Zustellungsbevollmächtigen nennen. An diesen werden laut Stevens dann die mögliche Anklage, Ladungen und weitere Dokumente zugestellt, um die Durchführung des Strafverfahrens sicherzustellen.