Tödlicher Rolltreppen-Unfall in München: Betrunkener Brite könnte mildere Strafe bekommen

Ein Betrunkener rempelt auf einer Rolltreppe versehentlich eine Seniorin an, die daraufhin stürzt und stirbt. Welche Strafe nun auf den Briten zukommen könnte und ob sich der Alkohol möglicherweise strafmildernd auswirkt, erklärt nun ein Rechtsanwalt in der AZ.
Michael Schleicher |
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Die Frau wollte vom Sperrengeschoss am Marienplatz zum Bahnsteig fahren, als sie auf der Rolltreppe angerempelt wurde und stürzte. (Archivbild)
Die Frau wollte vom Sperrengeschoss am Marienplatz zum Bahnsteig fahren, als sie auf der Rolltreppe angerempelt wurde und stürzte. (Archivbild) © Max Ott /d-design.de

München - Der tragische Unfall am Marienplatz hat am Wochenende für Aufsehen gesorgt: Ein betrunkener Mann stolperte auf einer Rolltreppe und stieß dabei gegen eine ältere Frau, die diese daraufhin hinabstürzte. Die 79-Jährige starb infolge des Unfalls, eine 17-Jährige, die von der Seniorin mitgerissen wurde, kam mit Verletzungen ins Krankenhaus.

Die Polizei ermittelt nun wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung gegen den 29-jährigen Touristen aus Großbritannien, der zum Tatzeitpunkt rund zwei Promille hatte. Welche Strafe könnte auf den Beschuldigten zukommen und wie wirkt sich die erhebliche Alkoholisierung des Mannes auf das Strafmaß aus? Die AZ hat mit einem Rechtsanwalt gesprochen, der seine Einschätzung zum Vorfall abgibt.

Fahrlässige Tötung: Höchststrafe sind fünf Jahre Gefängnis

Prinzipiell kann eine fahrlässige Tötung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden, erklärt der deutsch-britische Jurist Alexander Stevens im Gespräch mit der AZ. Bei fahrlässiger Körperverletzung beträgt die Höchststrafe drei Jahre.

Rechtsanwalt Alexander Stevens.
Rechtsanwalt Alexander Stevens. © dpa/Sven Hoppe

Doch beim 29-Jährigen könnte es aufgrund der Umstände durchaus zu einer Strafmilderung kommen – nämlich dann, wenn er durch die Alkoholisierung vermindert schuldfähig ist. "Die Grenze, die nicht starr ist, liegt bei 2,0 Promille, ab der grundsätzlich eine solche verminderte Schuldfähigkeit in Betracht kommt", sagt Stevens. Pauschal könne das jedoch nicht gesagt werden.

Vielmehr bedarf es dem Fachanwalt für Strafrecht zufolge einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände. Hier spielt beispielsweise die Frage eine Rolle, inwieweit sich die alkoholisierte Person (noch) unter Kontrolle hat. Denn: Für Personen, die regelmäßig Alkohol trinken, können sich zwei Promille anders zeigen als für Personen, die nur selten Alkohol konsumieren. So kann es also auch bei Personen, die weniger als 2,0 Promille haben, zu einer Strafmilderung kommen, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte vorliegen, sagt Stevens.

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Zu viel Alkohol könnte sich strafmildernd auswirken

Im Falle einer verminderten Schuldfähigkeit kann das Gericht die Strafe mildern, muss dies allerdings auch nicht tun. "Wenn das Gericht eine Strafmilderung vornimmt, kann nur noch drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes verhängt werden", erklärt der Anwalt – "also im Fall der fahrlässigen Tötung drei Jahre und neun Monate, im Fall der fahrlässigen Körperverletzung zwei Jahre und drei Monate".

Dass der Beschuldigte aus Großbritannien kommt und nur zu Besuch in München war, spiele laut Stevens keine besondere Rolle. "Briten haben sich genauso wie jeder Deutsche an das deutsche Strafgesetzbuch zu halten, wenn sie sich in Deutschland befinden oder Opfer deutsche Staatsangehörige sind."

Wie geht es im besagten Fall vom Marienplatz nun weiter? Der Brite ist wieder auf freiem Fuß, er konnte der Polizei einen Zustellungsbevollmächtigen nennen. An diesen werden laut Stevens dann die mögliche Anklage, Ladungen und weitere Dokumente zugestellt, um die Durchführung des Strafverfahrens sicherzustellen.

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6 Kommentare
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  • Lackl am 03.05.2023 11:00 Uhr / Bewertung:

    Keiner wird gezwungen sich mit Alkohol und anderen Drogen zuzudröhnen. Es sollte also eher Strafverschärfend sein, wenn man Straftaten und Einfluss dieser Drogen begeht.

  • Wendeltreppe am 03.05.2023 10:30 Uhr / Bewertung:

    Der Verursacher ist (meine Meinung) allein damit genug gestraft, mit seinen 29 Jahren ein Leben lang diese Schuld mit sich tragen zu müssen..

  • MonacoFranze am 02.05.2023 22:25 Uhr / Bewertung:

    2/2
    Und noch eine letzte Bemerkung:

    Was soll eigentl. diese ständige "beschützenswerte" Haltung nach dem Verzehr von Alkohol?
    Wenn es nämlich danach ginge, dann könnten wir uns hier ständig besaufen, und können stets auf ein mildes Urteil, im Gegensatz zum Nüchternen Zustand hoffen?
    Das ist einfach absurd.
    Gerade im Hinblick beim Konsum von Cannabis, was sich meiner Meinung nach NICHT strafmildernd auswirken würde.
    Im Gegenteil!
    Soll also die Droge Alkohol beschützt werden, damit hier schön weiter gesoffen wird?

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