Tödlicher Nachbarschaftsstreit am Starnberger See

Ein pensionierter Bundesbahn-Direktor (79) gerät mit einem ehemaligen Frauenarzt († 80) in Streit und wirft eine Tonne nach ihm. Der weicht aus, bricht aber wenig später zusammen und stirbt.
München - Witwe Maria W., 77 Jahre alt, leidet seit dem tragischen Tod ihres Mannes unter Herzrhythmusstörungen, muss täglich Tabletten nehmen, ist psychisch angeschlagen: „Als Ende Dezember die Zeugenladung kam, gehen mir die schrecklichen Bilder immer wieder durch den Kopf!“ Sie ist dabei, als Nachbar Walter H. (79) im Streit eine Mülltonne nach ihrem Mann Hans-Joachim W. († 80) wirft.
Darüber regt sich der ehemalige Frauenarzt so auf, dass er in der Hauseinfahrt in Berg am Starnberger See einen Herzinfarkt bekommt. Zwei Monate später verstirbt er in der Argirov Klinik. Der pensionierte Bundesbahn-Direktor Walter H. steht jetzt wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge vor der Schwurgerichtskammer München II. Graue Haare, Brille, grauer Anzug – mit vielen Aktenordnern kommt Walter H. mit Anwalt Alexander Eckstein in den Sitzungssaal 266.
Über den schlimmen Vorfall vom 28. Juli 2009 führt der Angeklagte genau Buch, legt Skizzen, Fotos und Schriftstücke vor, um seine Unschuld zu beweisen: „Ich wusste nicht, dass Herr W. ein Herzprobleme haben könnte. Er hat mal gesagt, dass er mich überleben werde.“ Maria W. glaubt, dass der Streit der Grund für den plötzlichen Herztod ihres Mannes gewesen sei:
Es geht um Kleinigkeiten: Parkplatz, Dachsanierung, Keller. Hauptstreitpunkt ist der Sonderweg von Walter H., der direkt über die Hauseinfahrt der Familie W. führt. Eigentlich ist der Wohnungseingang von Walter H., dessen Ehefrau mit 62 Jahren auch an Herzversagen verstorben ist, auf der gegenüberliegenden Hausseite. Praktisch kommt man sich nie in Quere. Walter versucht aber seit Jahren ein Sondernutzungsrecht auf der Hauseinfahrt seiner Nachbarn zu erstreiten.
Damit sein Sohn durch einen Sondereingang in sein Zimmer kommt, ohne durch die ganze Wohnung zu müssen. Am Tattag grenzt er den eineinhalb Meter breiten Weg mit am Boden verschraubten Plastikkübeln ab, weil die Nachbarn zu dicht an seinem „Sonderweg“ parken und so den Durchgang versperren. Laut Anklage streiten Maria W. und Walter H. über die Plastikkübel und die beiden Mülltonnen, die er in die Einfahrt gestellt hat. Wenig später kommt der Arzt. Erst schiebt jeder die Mülltonnen vor und zurück.
Dann soll Walter H. eine Tonne auf W. geworfen haben. Der rettet sich an die Seite. Sekunden später bricht er zusammen. Die Ermittler sehen einen Zusammenhang zwischen dem Tonnenwurf und dem Herztod. Walter H. drohen bis zu 15 Jahren Haft. Heute soll das Urteil fallen.