Tödliche Tauben-Falle: Immer wieder Probleme am Münchner Hauptbahnhof

Bayerische Tierschützer appellieren an die Bahn, dass sie die Tauben am Münchner Hauptbahnhof besser schützen soll. Die Netze dort sind oft rissig und fangen die Tiere ungewollt ein – ein Todesurteil.
von  Hüseyin Ince
Tauben gelten als herrenlos und können deswegen nur schwer gerettet werden. (Symbolbild)
Tauben gelten als herrenlos und können deswegen nur schwer gerettet werden. (Symbolbild) © Paul Lakatos/Imago

München - Der bayerische Ableger des Tierschutzbundes Deutschland ist alarmiert. Die Aktivisten haben die Bahn zum Welttierschutztag am 4. Oktober aufgefordert, endlich die Tatenlosigkeit zu beenden, die dazu führt, dass regelmäßig Tauben am Hauptbahnhof elendig verhungern und verdursten. Die Sache hat rechtliche sowie praktische Gründe.

Der praktische Teil: Die Netze am Hauptbahnhof haben oft Risse. Und die sollten so schnell wie möglich repariert und geschlossen werden, fordern die Tierschützer. Netze und Stacheln ("Spikes") seien außerdem keine optimale Lösung gegen Tauben. Schrägbleche etwa seien die bessere Alternative. "Sie sind viel ungefährlicher", sagt Robert Derbeck vom Tierschutzbund.

Dramen in der Bahnhofshalle

Mehrmals mussten Tierschützer und Bahnhofspassagiere heuer ein Drama ertragen, das wohl vermeidbar gewesen wäre, unter anderem im Mai. Eine Taube hatte sich da in den Abwehrnetzen der Hauptbahnhofshalle verfangen – und verendete nach mehreren Tagen.

Gefangen im Abwehrnetz der Bahn: Im roten Kreis hängt eine der Tauben, die dort verendete.
Gefangen im Abwehrnetz der Bahn: Im roten Kreis hängt eine der Tauben, die dort verendete. © privat

Die Tiere klettern an Öffnungen instinktiv durch, auf der Suche nach Schutz und Nahrung – und finden nicht mehr heraus. Die Folge: Die Tauben zappelten und flatterten so lange, bis sie langsam verhungerten oder verdursteten.

Die rechtliche Lage sorgt dafür, dass die Tiere quasi nicht gerettet werden müssen, was für großes Unverständnis bei den Tierschützern sorgt. So werde "die staatliche Schutzpflicht laut Grundgesetz zu Schall und Rauch", sagt Eisenhart von Loeper, ein bundesweit anerkannter Tierschützer und Jurist.

2002 ist er im Auftrag der damaligen Umweltministerin Renate Künast (Grüne) die treibende Kraft gewesen, um den Artikel 20a im Grundgesetz abzuändern. Seither ist Tierschutz ein Staatsziel. Für sein umfassendes Engagement erhielt Loeper auch schon das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Tauben gelten als herrenlos

Die Schieflage sieht so aus: Alarmiert jemand wegen einer Taube die Feuerwehr, sind die Retter zur Tatenlosigkeit verdammt. Denn: Im Gegensatz zu Haustieren wie Katzen gelten Tauben als herrenlos. Es greift keine sogenannte Garantenpflicht. Zudem hätten Tauben keinen "zumutbaren finanziellen Marktwert", wie es in einer Reaktion der Staatsanwaltschaft hieß. Sie stellte mit dem Argument Strafanzeigen ein, die Tierschützer gestellt hatten, nachdem sich die Vorfälle am Hauptbahnhof heuer häuften.

Aber, hat nicht "jedes Tier ein Recht auf Schutz, Unversehrtheit und Leben?", fragt sich Loeper. "Zumindest war dieses der Grundgedanke des Gesetzgebers, als unser Tierschutzgesetz geschaffen wurde", kommentiert Derbeck.

Eisenhart von Loeper hat daher im Namen des Tierschutzbundes ein schriftliches Ersuchen beim bayerischen Justizminister Georg Eisenreich gestellt, um das Statement der Staatsanwaltschaft bezüglich der Strafanzeigen korrigieren zu lassen. "Ich denke, wir haben da gute Chancen", sagt er.

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